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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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verkäufe den Staat, oder wirkliche den plebejischen
Stand arm gemacht haben. Das war aber sicher nicht
der Fall: der so ansässige Halbbürger war der Aerarius.
Es versteht sich daß mit ihm Commercium Statt finden
mußte, sonst konnte das Eigenthum im Landbuch nicht
überschrieben werden; es wäre dem vorigen Besitzer zur
Last geblieben. Auf beyde Fälle bezog sich wohl die Wich-
tigkeit der Mancipation: in jenem beurkundeten die
Zeugen an wen das Eigenthum mit seiner Last übertra-
gen war 14).

Daß hingegen, wie früher gesagt worden, der Be-
sitz auf der Domaine nicht im Census geschätzt ward,
ist an sich klar, weil er kein Eigenthum, und dem Staat
vom Ertrag Abgabe schuldig war. Die künstliche Be-
rechnung des Erbpachtgewinns zu Capital, mit Rück-
sicht auf die Gefahr der Einziehung durch den Staat,
ist einer Finanzbehörde des Alterthums ganz fremd. Also
zahlten die Patricier von diesem Theil ihres Vermögens
gar keine Steuer, und es ist nicht zu viel gesagt daß
der Schoß für sie etwas geringes war: wenn es auch,
weil sie doch von andern Gegenständen steuerten, ein
zu sehr geschärfter Ausdruck ist, daß der versprochene
Sold ein Geschenk aus fremdem Vermögen sey, denn
er könne nur aufgebracht werden indem man Schoß
vom Volk fordere 15). An einer anderen Stelle nennt

14) Auch römische Bürger mußten in Provinzialstädten, wo
sie doch nicht Bürger noch Beysassen waren, Vermögens-
steuer von Grundstücken zahlen. Cicero a. a. O.
15) Livius IV. c. 60. Unde eam pecuniam confici posse
nisi tributo populo indicto? ex alieno igitur largitos.

verkaͤufe den Staat, oder wirkliche den plebejiſchen
Stand arm gemacht haben. Das war aber ſicher nicht
der Fall: der ſo anſaͤſſige Halbbuͤrger war der Aerarius.
Es verſteht ſich daß mit ihm Commercium Statt finden
mußte, ſonſt konnte das Eigenthum im Landbuch nicht
uͤberſchrieben werden; es waͤre dem vorigen Beſitzer zur
Laſt geblieben. Auf beyde Faͤlle bezog ſich wohl die Wich-
tigkeit der Mancipation: in jenem beurkundeten die
Zeugen an wen das Eigenthum mit ſeiner Laſt uͤbertra-
gen war 14).

Daß hingegen, wie fruͤher geſagt worden, der Be-
ſitz auf der Domaine nicht im Cenſus geſchaͤtzt ward,
iſt an ſich klar, weil er kein Eigenthum, und dem Staat
vom Ertrag Abgabe ſchuldig war. Die kuͤnſtliche Be-
rechnung des Erbpachtgewinns zu Capital, mit Ruͤck-
ſicht auf die Gefahr der Einziehung durch den Staat,
iſt einer Finanzbehoͤrde des Alterthums ganz fremd. Alſo
zahlten die Patricier von dieſem Theil ihres Vermoͤgens
gar keine Steuer, und es iſt nicht zu viel geſagt daß
der Schoß fuͤr ſie etwas geringes war: wenn es auch,
weil ſie doch von andern Gegenſtaͤnden ſteuerten, ein
zu ſehr geſchaͤrfter Ausdruck iſt, daß der verſprochene
Sold ein Geſchenk aus fremdem Vermoͤgen ſey, denn
er koͤnne nur aufgebracht werden indem man Schoß
vom Volk fordere 15). An einer anderen Stelle nennt

14) Auch roͤmiſche Buͤrger mußten in Provinzialſtaͤdten, wo
ſie doch nicht Buͤrger noch Beyſaſſen waren, Vermoͤgens-
ſteuer von Grundſtuͤcken zahlen. Cicero a. a. O.
15) Livius IV. c. 60. Unde eam pecuniam confici posse
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[186/0202] verkaͤufe den Staat, oder wirkliche den plebejiſchen Stand arm gemacht haben. Das war aber ſicher nicht der Fall: der ſo anſaͤſſige Halbbuͤrger war der Aerarius. Es verſteht ſich daß mit ihm Commercium Statt finden mußte, ſonſt konnte das Eigenthum im Landbuch nicht uͤberſchrieben werden; es waͤre dem vorigen Beſitzer zur Laſt geblieben. Auf beyde Faͤlle bezog ſich wohl die Wich- tigkeit der Mancipation: in jenem beurkundeten die Zeugen an wen das Eigenthum mit ſeiner Laſt uͤbertra- gen war 14). Daß hingegen, wie fruͤher geſagt worden, der Be- ſitz auf der Domaine nicht im Cenſus geſchaͤtzt ward, iſt an ſich klar, weil er kein Eigenthum, und dem Staat vom Ertrag Abgabe ſchuldig war. Die kuͤnſtliche Be- rechnung des Erbpachtgewinns zu Capital, mit Ruͤck- ſicht auf die Gefahr der Einziehung durch den Staat, iſt einer Finanzbehoͤrde des Alterthums ganz fremd. Alſo zahlten die Patricier von dieſem Theil ihres Vermoͤgens gar keine Steuer, und es iſt nicht zu viel geſagt daß der Schoß fuͤr ſie etwas geringes war: wenn es auch, weil ſie doch von andern Gegenſtaͤnden ſteuerten, ein zu ſehr geſchaͤrfter Ausdruck iſt, daß der verſprochene Sold ein Geſchenk aus fremdem Vermoͤgen ſey, denn er koͤnne nur aufgebracht werden indem man Schoß vom Volk fordere 15). An einer anderen Stelle nennt 14) Auch roͤmiſche Buͤrger mußten in Provinzialſtaͤdten, wo ſie doch nicht Buͤrger noch Beyſaſſen waren, Vermoͤgens- ſteuer von Grundſtuͤcken zahlen. Cicero a. a. O. 15) Livius IV. c. 60. Unde eam pecuniam confici posse nisi tributo populo indicto? ex alieno igitur largitos.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/202>, abgerufen am 23.11.2024.