welches nicht zu überleben auch eine Wohlthat des Schick- sals war.
Der Vater des Präfecten Symmachus nennt unter den Ersten des Senats auf deren Freundschaft er stolz war, den Valerius Proculus, würdig der alten Publi- cola, also daß die Größe seiner Ahnen ihn nicht drücke, und preiset seine Wahrheitsliebe und Rechtschaffenheit 62). Ein lobenswerther Mann aus dem Schutt der letzten Zeit 63) war freylich aufs beste ein dunkles Bild seiner Vorfahren, doch eigenthümliche, von den äußern Um- ständen die eine ganze Nation heben oder niederdrücken unabhängige, Entartung hatte dies Geschlecht nicht ge- troffen. Vergeltungen des Stolzes, eben wie verübtes Unrechts, treffen sicher wenigstens die späten Nachkom- men, obwohl fast immer mit einem neuen Unrecht, dem einst auch seine Ahndung folgt. So ward, um dies bey- läufig zu sagen, der Adelstolz der alten Patricier dadurch vergolten, daß, wie jene versificirte Schilderung geprie- sener Zeitgenossen zeigt aus der wir diesen Valerius ken- nen, die plebejische Nobilität der pränestinischen Anicier von den Magnaten des theodosischen Zeitalters für einen vornehmeren Adel gerechnet ward als das mehr denn tau- sendjährige Patriciat der Valerier und Cornelier. Doch konnten jene auch nicht einen unter den ihrigen nennen der dem geringsten unter den großen Männern dieser Ge- schlechter zu vergleichen gewesen wäre: es war ihr uner-
meßlicher
62) Symmachus Epist. I. 2.
63) Derselbe I. 4.
welches nicht zu uͤberleben auch eine Wohlthat des Schick- ſals war.
Der Vater des Praͤfecten Symmachus nennt unter den Erſten des Senats auf deren Freundſchaft er ſtolz war, den Valerius Proculus, wuͤrdig der alten Publi- cola, alſo daß die Groͤße ſeiner Ahnen ihn nicht druͤcke, und preiſet ſeine Wahrheitsliebe und Rechtſchaffenheit 62). Ein lobenswerther Mann aus dem Schutt der letzten Zeit 63) war freylich aufs beſte ein dunkles Bild ſeiner Vorfahren, doch eigenthuͤmliche, von den aͤußern Um- ſtaͤnden die eine ganze Nation heben oder niederdruͤcken unabhaͤngige, Entartung hatte dies Geſchlecht nicht ge- troffen. Vergeltungen des Stolzes, eben wie veruͤbtes Unrechts, treffen ſicher wenigſtens die ſpaͤten Nachkom- men, obwohl faſt immer mit einem neuen Unrecht, dem einſt auch ſeine Ahndung folgt. So ward, um dies bey- laͤufig zu ſagen, der Adelſtolz der alten Patricier dadurch vergolten, daß, wie jene verſificirte Schilderung geprie- ſener Zeitgenoſſen zeigt aus der wir dieſen Valerius ken- nen, die plebejiſche Nobilitaͤt der praͤneſtiniſchen Anicier von den Magnaten des theodoſiſchen Zeitalters fuͤr einen vornehmeren Adel gerechnet ward als das mehr denn tau- ſendjaͤhrige Patriciat der Valerier und Cornelier. Doch konnten jene auch nicht einen unter den ihrigen nennen der dem geringſten unter den großen Maͤnnern dieſer Ge- ſchlechter zu vergleichen geweſen waͤre: es war ihr uner-
meßlicher
62) Symmachus Epist. I. 2.
63) Derſelbe I. 4.
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welches nicht zu uͤberleben auch eine Wohlthat des Schick-
ſals war.
Der Vater des Praͤfecten Symmachus nennt unter
den Erſten des Senats auf deren Freundſchaft er ſtolz
war, den Valerius Proculus, wuͤrdig der alten Publi-
cola, alſo daß die Groͤße ſeiner Ahnen ihn nicht druͤcke,
und preiſet ſeine Wahrheitsliebe und Rechtſchaffenheit 62).
Ein lobenswerther Mann aus dem Schutt der letzten
Zeit 63) war freylich aufs beſte ein dunkles Bild ſeiner
Vorfahren, doch eigenthuͤmliche, von den aͤußern Um-
ſtaͤnden die eine ganze Nation heben oder niederdruͤcken
unabhaͤngige, Entartung hatte dies Geſchlecht nicht ge-
troffen. Vergeltungen des Stolzes, eben wie veruͤbtes
Unrechts, treffen ſicher wenigſtens die ſpaͤten Nachkom-
men, obwohl faſt immer mit einem neuen Unrecht, dem
einſt auch ſeine Ahndung folgt. So ward, um dies bey-
laͤufig zu ſagen, der Adelſtolz der alten Patricier dadurch
vergolten, daß, wie jene verſificirte Schilderung geprie-
ſener Zeitgenoſſen zeigt aus der wir dieſen Valerius ken-
nen, die plebejiſche Nobilitaͤt der praͤneſtiniſchen Anicier
von den Magnaten des theodoſiſchen Zeitalters fuͤr einen
vornehmeren Adel gerechnet ward als das mehr denn tau-
ſendjaͤhrige Patriciat der Valerier und Cornelier. Doch
konnten jene auch nicht einen unter den ihrigen nennen
der dem geringſten unter den großen Maͤnnern dieſer Ge-
ſchlechter zu vergleichen geweſen waͤre: es war ihr uner-
meßlicher
62) Symmachus Epist. I. 2.
63) Derſelbe I. 4.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/176>, abgerufen am 23.11.2024.
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