Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.die doch nun nicht mehr furchtbar waren; ein Sena- die doch nun nicht mehr furchtbar waren; ein Sena- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0154" n="138"/> die doch nun nicht mehr furchtbar waren; ein Sena-<lb/> tusconſult genuͤgte die Freyheit herzuſtellen. Aber die<lb/> Patricier empfanden nicht wie das Volk. Sehr viele<lb/> waren mitſchuldig: dieſe ſahen keine Strafloſigkeit fuͤr<lb/> ſich als in der Fortdauer der Decemviraltyranney. Haß<lb/> und Verachtung gegen die Plebejer mochte nur in ſehr<lb/> wenigen die Stimme menſchlicher Gefuͤhle uͤber die Trag-<lb/> oͤdie des Tags laut werden laſſen: wenigſtens ver-<lb/> ſtummte ſie vor der Furcht den Anſpruͤchen ihres Standes<lb/> zu vergeben. Moͤglichkeit des Mißbrauchs der hoͤchſten<lb/> Gewalt ſey von ihrem Beſitz unzertrennlich; und wenn<lb/> auch dieſer Mißbrauch noch ſo ſehr zu tadeln waͤre, ſo ſey<lb/> der gewaltſame Widerſtand doch weit ſtrafwuͤrdiger, weil<lb/> er graͤnzenlos gefaͤhrlich und bis in ſeine Quelle ganz wi-<lb/> derrechtlich ſey. Es wuͤrde eine unſinnige Gutmuͤthigkeit<lb/> ſeyn wegen eines ſolchen Vorfalls der Gegenparthey Waf-<lb/> fen zu ihrer Vertheidigung zu gewaͤhren, von denen ſie ja<lb/> auch, und gegen die deren Kraͤnkung ein weit groͤßeres<lb/> Unrecht ſey, Mißbrauch machen koͤnnten. Waͤre es bis<lb/> dahin wuͤnſchenswerth geweſen die Decemvirn zu bewegen<lb/> ihre Macht gewaͤhlten Conſuln zu uͤberlaſſen, ſofern die<lb/> tribuniciſche auf ewig vernichtet bliebe, ſo ſey es jetzt<lb/> nothwendig, unerſchrocken Meinung und Schein verach-<lb/> tend, ſich an ſie anzuſchließen und ihr Anſehen zu behaup-<lb/> ten. In dieſen Geſinnungen taͤuſchten ſie alle vertrau-<lb/> liche Hoffnungen des Volks. Zwar beſchloſſen ſie es fuͤr<lb/> jetzt nicht weiter zu reizen: aber die jungen Patricier wur-<lb/> den in die Laͤger geſandt, um durch alle Mittel die Ar-<lb/> meen im Gehorſam zu erhalten. Es war zu ſpaͤt. Vir-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [138/0154]
die doch nun nicht mehr furchtbar waren; ein Sena-
tusconſult genuͤgte die Freyheit herzuſtellen. Aber die
Patricier empfanden nicht wie das Volk. Sehr viele
waren mitſchuldig: dieſe ſahen keine Strafloſigkeit fuͤr
ſich als in der Fortdauer der Decemviraltyranney. Haß
und Verachtung gegen die Plebejer mochte nur in ſehr
wenigen die Stimme menſchlicher Gefuͤhle uͤber die Trag-
oͤdie des Tags laut werden laſſen: wenigſtens ver-
ſtummte ſie vor der Furcht den Anſpruͤchen ihres Standes
zu vergeben. Moͤglichkeit des Mißbrauchs der hoͤchſten
Gewalt ſey von ihrem Beſitz unzertrennlich; und wenn
auch dieſer Mißbrauch noch ſo ſehr zu tadeln waͤre, ſo ſey
der gewaltſame Widerſtand doch weit ſtrafwuͤrdiger, weil
er graͤnzenlos gefaͤhrlich und bis in ſeine Quelle ganz wi-
derrechtlich ſey. Es wuͤrde eine unſinnige Gutmuͤthigkeit
ſeyn wegen eines ſolchen Vorfalls der Gegenparthey Waf-
fen zu ihrer Vertheidigung zu gewaͤhren, von denen ſie ja
auch, und gegen die deren Kraͤnkung ein weit groͤßeres
Unrecht ſey, Mißbrauch machen koͤnnten. Waͤre es bis
dahin wuͤnſchenswerth geweſen die Decemvirn zu bewegen
ihre Macht gewaͤhlten Conſuln zu uͤberlaſſen, ſofern die
tribuniciſche auf ewig vernichtet bliebe, ſo ſey es jetzt
nothwendig, unerſchrocken Meinung und Schein verach-
tend, ſich an ſie anzuſchließen und ihr Anſehen zu behaup-
ten. In dieſen Geſinnungen taͤuſchten ſie alle vertrau-
liche Hoffnungen des Volks. Zwar beſchloſſen ſie es fuͤr
jetzt nicht weiter zu reizen: aber die jungen Patricier wur-
den in die Laͤger geſandt, um durch alle Mittel die Ar-
meen im Gehorſam zu erhalten. Es war zu ſpaͤt. Vir-
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