Ausbreitung besaßen diese mehrere Orte mitten unter den latinischen Städten: dagegen behaupteten sich auch einzelne latinische, wie Norba und Signia auf den Ber- gen, von einer volskischen Landschaft umringt. Unter der kleinen Zahl latinischer Städte die ihre Unabhän- gigkeit bewahrt hatten, während viele fremdes Joch tru- gen, andre zerstört waren, scheint Tusculum die ansehn- lichste gewesen zu seyn, sie wenigstens wird fast allein genannt: und so eng beschränkt war damals der Um- fang Latiums daß ihr Gebiet an die Aequer gränzte 86). Die Gränze bildete der Schwarzwald des Algidus, so daß dieser in der Aequer Gewalt war: Corbio und Ortona, mit so vielen andern latinischen Städten schon für die späte- ren Römer nur als leere Nahmen erhalten, und bis auf jede Spur ihrer Lage von dem Boden verschwun- den, müssen auf diesen Höhen gesucht werden. Zwischen den Volskern und Aequern darf man ein ähnliches Bündniß annehmen wie jenes welches Rom mit den La- tinern und Hernikern vereinigte. Dieses war völlig gleich, wenn auch der römische Geist Latiums damalige Schwäche benutzt hätte, zuweilen ein den Verträgen wi- dersprechendes Uebergewicht zu äußern. Wir können eine ganz verfälschte Geschichte nicht auf die ursprüng- liche Gestalt zurückführen, wir müssen, obwohl des Ge- gentheils gewiß, mit den Annalen reden, als ob Rom der unmittelbar kriegführende, von den Bundesgenossen nur unterstützte Staat gewesen wäre: wir müssen aber des wahren Verhältnisses eingedenk seyn, dem gemäß
86) Dionysius X. c. 20. XI. c. 3.
Ausbreitung beſaßen dieſe mehrere Orte mitten unter den latiniſchen Staͤdten: dagegen behaupteten ſich auch einzelne latiniſche, wie Norba und Signia auf den Ber- gen, von einer volskiſchen Landſchaft umringt. Unter der kleinen Zahl latiniſcher Staͤdte die ihre Unabhaͤn- gigkeit bewahrt hatten, waͤhrend viele fremdes Joch tru- gen, andre zerſtoͤrt waren, ſcheint Tusculum die anſehn- lichſte geweſen zu ſeyn, ſie wenigſtens wird faſt allein genannt: und ſo eng beſchraͤnkt war damals der Um- fang Latiums daß ihr Gebiet an die Aequer graͤnzte 86). Die Graͤnze bildete der Schwarzwald des Algidus, ſo daß dieſer in der Aequer Gewalt war: Corbio und Ortona, mit ſo vielen andern latiniſchen Staͤdten ſchon fuͤr die ſpaͤte- ren Roͤmer nur als leere Nahmen erhalten, und bis auf jede Spur ihrer Lage von dem Boden verſchwun- den, muͤſſen auf dieſen Hoͤhen geſucht werden. Zwiſchen den Volskern und Aequern darf man ein aͤhnliches Buͤndniß annehmen wie jenes welches Rom mit den La- tinern und Hernikern vereinigte. Dieſes war voͤllig gleich, wenn auch der roͤmiſche Geiſt Latiums damalige Schwaͤche benutzt haͤtte, zuweilen ein den Vertraͤgen wi- derſprechendes Uebergewicht zu aͤußern. Wir koͤnnen eine ganz verfaͤlſchte Geſchichte nicht auf die urſpruͤng- liche Geſtalt zuruͤckfuͤhren, wir muͤſſen, obwohl des Ge- gentheils gewiß, mit den Annalen reden, als ob Rom der unmittelbar kriegfuͤhrende, von den Bundesgenoſſen nur unterſtuͤtzte Staat geweſen waͤre: wir muͤſſen aber des wahren Verhaͤltniſſes eingedenk ſeyn, dem gemaͤß
86) Dionyſius X. c. 20. XI. c. 3.
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Ausbreitung beſaßen dieſe mehrere Orte mitten unter
den latiniſchen Staͤdten: dagegen behaupteten ſich auch
einzelne latiniſche, wie Norba und Signia auf den Ber-
gen, von einer volskiſchen Landſchaft umringt. Unter
der kleinen Zahl latiniſcher Staͤdte die ihre Unabhaͤn-
gigkeit bewahrt hatten, waͤhrend viele fremdes Joch tru-
gen, andre zerſtoͤrt waren, ſcheint Tusculum die anſehn-
lichſte geweſen zu ſeyn, ſie wenigſtens wird faſt allein
genannt: und ſo eng beſchraͤnkt war damals der Um-
fang Latiums daß ihr Gebiet an die Aequer graͤnzte 86).
Die Graͤnze bildete der Schwarzwald des Algidus, ſo daß
dieſer in der Aequer Gewalt war: Corbio und Ortona, mit
ſo vielen andern latiniſchen Staͤdten ſchon fuͤr die ſpaͤte-
ren Roͤmer nur als leere Nahmen erhalten, und bis
auf jede Spur ihrer Lage von dem Boden verſchwun-
den, muͤſſen auf dieſen Hoͤhen geſucht werden. Zwiſchen
den Volskern und Aequern darf man ein aͤhnliches
Buͤndniß annehmen wie jenes welches Rom mit den La-
tinern und Hernikern vereinigte. Dieſes war voͤllig
gleich, wenn auch der roͤmiſche Geiſt Latiums damalige
Schwaͤche benutzt haͤtte, zuweilen ein den Vertraͤgen wi-
derſprechendes Uebergewicht zu aͤußern. Wir koͤnnen
eine ganz verfaͤlſchte Geſchichte nicht auf die urſpruͤng-
liche Geſtalt zuruͤckfuͤhren, wir muͤſſen, obwohl des Ge-
gentheils gewiß, mit den Annalen reden, als ob Rom
der unmittelbar kriegfuͤhrende, von den Bundesgenoſſen
nur unterſtuͤtzte Staat geweſen waͤre: wir muͤſſen aber
des wahren Verhaͤltniſſes eingedenk ſeyn, dem gemaͤß
86) Dionyſius X. c. 20. XI. c. 3.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/104>, abgerufen am 24.11.2024.
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