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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Wenn aber Rhätien das ursprüngliche Vaterland
des etruskischen Volks war, von dem es sich, zuerst in
Oberitalien und dann auch über die Apenninen, aus-
breitete, so ist es sehr begreiflich, daß bey diesen Aus-
wanderungen ein großer Theil der Nation zurückblieb,
der, wie die Arragonier in der Einleitung zu ihren Ge-
setzen sagten 46), den felsigen Boden nicht gegen ein
fettes Land vertauschen wollte, um nicht auch die Frey-
heit und die Tugend daheim zu lassen: und zu diesen, in
das väterliche Haus, können sich viele der verlohrnen
Söhne wieder hingewandt haben als die Tage des
Glücks entflohen waren. Man könnte selbst die Rauh-
heit der etruskischen Sprache, die in der florentinischen
Aussprache fortzuleben scheint, als einen andern Beweis
für den Ursprung des Volks aus hohen Gebirgen anfüh-
ren: denn, unverständlich wie der Inhalt etruskischer
Inschriften ist, so zeigen sie doch diesen Charakter unver-
kennbar: auch würde eine Ration in deren Sprache die
Consonanten nicht die Haupttöne gewesen wären, die mor-
genländische Vernachläßigung der kurzen Vokale in der
Schrift schwerlich angenommen haben. Wir haben aber
auch historische Angaben, so zuverlässig wir sie aus jenen
Zeiten fordern können, daß die Etrusker sich gegen Sü-
den nur allmählig weiter ausgebreitet haben.

Die sehr alte 47) Geschichte der Umbrer meldete,
die Etrusker hätten dreyhundert Städte ihrer Nation ein-

46) Mirabeau, Essai sur le Despotisme, p. 238.
47) S. unten Note 200.

Wenn aber Rhaͤtien das urſpruͤngliche Vaterland
des etruskiſchen Volks war, von dem es ſich, zuerſt in
Oberitalien und dann auch uͤber die Apenninen, aus-
breitete, ſo iſt es ſehr begreiflich, daß bey dieſen Aus-
wanderungen ein großer Theil der Nation zuruͤckblieb,
der, wie die Arragonier in der Einleitung zu ihren Ge-
ſetzen ſagten 46), den felſigen Boden nicht gegen ein
fettes Land vertauſchen wollte, um nicht auch die Frey-
heit und die Tugend daheim zu laſſen: und zu dieſen, in
das vaͤterliche Haus, koͤnnen ſich viele der verlohrnen
Soͤhne wieder hingewandt haben als die Tage des
Gluͤcks entflohen waren. Man koͤnnte ſelbſt die Rauh-
heit der etruskiſchen Sprache, die in der florentiniſchen
Ausſprache fortzuleben ſcheint, als einen andern Beweis
fuͤr den Urſprung des Volks aus hohen Gebirgen anfuͤh-
ren: denn, unverſtaͤndlich wie der Inhalt etruskiſcher
Inſchriften iſt, ſo zeigen ſie doch dieſen Charakter unver-
kennbar: auch wuͤrde eine Ration in deren Sprache die
Conſonanten nicht die Haupttoͤne geweſen waͤren, die mor-
genlaͤndiſche Vernachlaͤßigung der kurzen Vokale in der
Schrift ſchwerlich angenommen haben. Wir haben aber
auch hiſtoriſche Angaben, ſo zuverlaͤſſig wir ſie aus jenen
Zeiten fordern koͤnnen, daß die Etrusker ſich gegen Suͤ-
den nur allmaͤhlig weiter ausgebreitet haben.

Die ſehr alte 47) Geſchichte der Umbrer meldete,
die Etrusker haͤtten dreyhundert Staͤdte ihrer Nation ein-

46) Mirabeau, Essai sur le Despotisme, p. 238.
47) S. unten Note 200.
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[73/0095] Wenn aber Rhaͤtien das urſpruͤngliche Vaterland des etruskiſchen Volks war, von dem es ſich, zuerſt in Oberitalien und dann auch uͤber die Apenninen, aus- breitete, ſo iſt es ſehr begreiflich, daß bey dieſen Aus- wanderungen ein großer Theil der Nation zuruͤckblieb, der, wie die Arragonier in der Einleitung zu ihren Ge- ſetzen ſagten 46), den felſigen Boden nicht gegen ein fettes Land vertauſchen wollte, um nicht auch die Frey- heit und die Tugend daheim zu laſſen: und zu dieſen, in das vaͤterliche Haus, koͤnnen ſich viele der verlohrnen Soͤhne wieder hingewandt haben als die Tage des Gluͤcks entflohen waren. Man koͤnnte ſelbſt die Rauh- heit der etruskiſchen Sprache, die in der florentiniſchen Ausſprache fortzuleben ſcheint, als einen andern Beweis fuͤr den Urſprung des Volks aus hohen Gebirgen anfuͤh- ren: denn, unverſtaͤndlich wie der Inhalt etruskiſcher Inſchriften iſt, ſo zeigen ſie doch dieſen Charakter unver- kennbar: auch wuͤrde eine Ration in deren Sprache die Conſonanten nicht die Haupttoͤne geweſen waͤren, die mor- genlaͤndiſche Vernachlaͤßigung der kurzen Vokale in der Schrift ſchwerlich angenommen haben. Wir haben aber auch hiſtoriſche Angaben, ſo zuverlaͤſſig wir ſie aus jenen Zeiten fordern koͤnnen, daß die Etrusker ſich gegen Suͤ- den nur allmaͤhlig weiter ausgebreitet haben. Die ſehr alte 47) Geſchichte der Umbrer meldete, die Etrusker haͤtten dreyhundert Staͤdte ihrer Nation ein- 46) Mirabeau, Essai sur le Despotisme, p. 238. 47) S. unten Note 200.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/95>, abgerufen am 25.11.2024.