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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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die alte Tugend bewahrten, als sie schon bey den Römern
erstorben war -- daß sie die Sabiner von den Samnitern
trennen. Catos Meinung, alle Sabeller stammten aus
dem Bezirk von Amiternum, ist aus der schon gerügten
genealogischen Ansicht entstanden, die alle Völker auf den
möglich kleinsten und einen einzigen Stamm zurückführt.
Wir können eine so riesenmäßige Vermehrung einer kleinen
Schaar nicht annehmen: der Anwachs des Römischen
Volks erklärt sie nicht: denn die Sabellischen Colonieen
waren Völker, die aus der Nation ausgingen. Zur
Zeit ihrer höchsten Größe muß sie mehrere Millionen an
Freyen gezählt haben. Dreyhundert sechzigtausend Picen-
ter unterwarfen sich Roms Oberherrschaft im fünften Jahr-
hundert 15). Sind hier auch, wie in Cäsars Zählung der
Helvetier, nicht die waffenfähigen Bürger allein, son-
dern alle freye Individuen gemeint, so waren doch
auch die Picenter eine der geringsten sabellischen Nationen.
Ist es als eine gute Sage, welche durch die Nachrichten
der uralten Umbrer bestätigt seyn konnte, anzunehmen,
daß die Sabiner von Amiternum her gegen den Tiber und
Anio vordrangen, so glauben wir auch, daß eben das
Land der vier Nationen, Italiens Scheitel, ihre Heimath
war, wo sie als ein großes Volk wohnten, wahrscheinlich
auch den nördlichsten Theil Samniums besaßen, die Au-
soner nur aus dem südlichen zu vertreiben hatten.

In Latium und gegen Rom wohnten die Sabiner vor
Alters tiefer hinein, südlich vom Anio, und untermischt
mit den Latinern, da Collatia und Regillum Sabinische

15) Plinius III. c. 18.

die alte Tugend bewahrten, als ſie ſchon bey den Roͤmern
erſtorben war — daß ſie die Sabiner von den Samnitern
trennen. Catos Meinung, alle Sabeller ſtammten aus
dem Bezirk von Amiternum, iſt aus der ſchon geruͤgten
genealogiſchen Anſicht entſtanden, die alle Voͤlker auf den
moͤglich kleinſten und einen einzigen Stamm zuruͤckfuͤhrt.
Wir koͤnnen eine ſo rieſenmaͤßige Vermehrung einer kleinen
Schaar nicht annehmen: der Anwachs des Roͤmiſchen
Volks erklaͤrt ſie nicht: denn die Sabelliſchen Colonieen
waren Voͤlker, die aus der Nation ausgingen. Zur
Zeit ihrer hoͤchſten Groͤße muß ſie mehrere Millionen an
Freyen gezaͤhlt haben. Dreyhundert ſechzigtauſend Picen-
ter unterwarfen ſich Roms Oberherrſchaft im fuͤnften Jahr-
hundert 15). Sind hier auch, wie in Caͤſars Zaͤhlung der
Helvetier, nicht die waffenfaͤhigen Buͤrger allein, ſon-
dern alle freye Individuen gemeint, ſo waren doch
auch die Picenter eine der geringſten ſabelliſchen Nationen.
Iſt es als eine gute Sage, welche durch die Nachrichten
der uralten Umbrer beſtaͤtigt ſeyn konnte, anzunehmen,
daß die Sabiner von Amiternum her gegen den Tiber und
Anio vordrangen, ſo glauben wir auch, daß eben das
Land der vier Nationen, Italiens Scheitel, ihre Heimath
war, wo ſie als ein großes Volk wohnten, wahrſcheinlich
auch den noͤrdlichſten Theil Samniums beſaßen, die Au-
ſoner nur aus dem ſuͤdlichen zu vertreiben hatten.

In Latium und gegen Rom wohnten die Sabiner vor
Alters tiefer hinein, ſuͤdlich vom Anio, und untermiſcht
mit den Latinern, da Collatia und Regillum Sabiniſche

15) Plinius III. c. 18.
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[61/0083] die alte Tugend bewahrten, als ſie ſchon bey den Roͤmern erſtorben war — daß ſie die Sabiner von den Samnitern trennen. Catos Meinung, alle Sabeller ſtammten aus dem Bezirk von Amiternum, iſt aus der ſchon geruͤgten genealogiſchen Anſicht entſtanden, die alle Voͤlker auf den moͤglich kleinſten und einen einzigen Stamm zuruͤckfuͤhrt. Wir koͤnnen eine ſo rieſenmaͤßige Vermehrung einer kleinen Schaar nicht annehmen: der Anwachs des Roͤmiſchen Volks erklaͤrt ſie nicht: denn die Sabelliſchen Colonieen waren Voͤlker, die aus der Nation ausgingen. Zur Zeit ihrer hoͤchſten Groͤße muß ſie mehrere Millionen an Freyen gezaͤhlt haben. Dreyhundert ſechzigtauſend Picen- ter unterwarfen ſich Roms Oberherrſchaft im fuͤnften Jahr- hundert 15). Sind hier auch, wie in Caͤſars Zaͤhlung der Helvetier, nicht die waffenfaͤhigen Buͤrger allein, ſon- dern alle freye Individuen gemeint, ſo waren doch auch die Picenter eine der geringſten ſabelliſchen Nationen. Iſt es als eine gute Sage, welche durch die Nachrichten der uralten Umbrer beſtaͤtigt ſeyn konnte, anzunehmen, daß die Sabiner von Amiternum her gegen den Tiber und Anio vordrangen, ſo glauben wir auch, daß eben das Land der vier Nationen, Italiens Scheitel, ihre Heimath war, wo ſie als ein großes Volk wohnten, wahrſcheinlich auch den noͤrdlichſten Theil Samniums beſaßen, die Au- ſoner nur aus dem ſuͤdlichen zu vertreiben hatten. In Latium und gegen Rom wohnten die Sabiner vor Alters tiefer hinein, ſuͤdlich vom Anio, und untermiſcht mit den Latinern, da Collatia und Regillum Sabiniſche 15) Plinius III. c. 18.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/83>, abgerufen am 22.11.2024.