ten, die er nicht las. Schon als die Römer diese Gegen- den mit ihren Waffen erreichten, fanden sie keine Oeno- trer mehr; nur Lucaner und Bruttier. Die Griechischen Niederlassungen aber, welche auf dieser Küste schon vor dem Anfang der Römischen Zeitrechnung begannen, hat- ten nur jene Völker, Sikeler oder Italer, und Choner an- getroffen: Lucaner waren damals noch gar nicht 49).
So sagt Strabo: aber mit Ausdrücken, welche die falsche Meinung veranlassen, die Lucaner wären doch sehr alte Bewohner dieser Gegenden gewesen; nur jünger als der Anfang der griechischen Städte. Daß sie eingewanderte Sabeller waren ist allgemein anerkannt, aber es däucht un- wahrscheinlich, daß ein so weitherrschendes Volk nur eine kurze Dauer selbstständigen Daseyns genossen habe: doch ist es so. Antiochus von Syracusä (329) redete als Zeitge- nosse von den Oenotrischen Völkern, und erwähnte weder der Lukaner noch der Bruttier 50) in der Geschichte des damaligen Italiens, welche bis auf seine Zeiten her- abging 51). Dies beweißt unwidersprechlich daß die Einwandrer damals noch nicht erschienen waren.
Metapontum war eine der jüngeren großgriechischen Städte: gestiftet, weil es den Achäern in Sybaris zu
49) Prin tous Ellenas elthein, oud esan po Leukanoi; Khones de kai Oinotroi tous topous enemonto. Strabo VI. c. 1. §. 2. Die ganze Stelle ist nachzulesen.
50) outos men oun (Antiokhos) aplouseros eireke kai arkhai- kos, ouden diorisas peri ton Leukanon kai ton Brettion. Strabo VI. c. 1. §. 4.
51) Denn er erwähnte der Gründung Herakleas. Strabo a. a. O. §. 14.
ten, die er nicht las. Schon als die Roͤmer dieſe Gegen- den mit ihren Waffen erreichten, fanden ſie keine Oeno- trer mehr; nur Lucaner und Bruttier. Die Griechiſchen Niederlaſſungen aber, welche auf dieſer Kuͤſte ſchon vor dem Anfang der Roͤmiſchen Zeitrechnung begannen, hat- ten nur jene Voͤlker, Sikeler oder Italer, und Choner an- getroffen: Lucaner waren damals noch gar nicht 49).
So ſagt Strabo: aber mit Ausdruͤcken, welche die falſche Meinung veranlaſſen, die Lucaner waͤren doch ſehr alte Bewohner dieſer Gegenden geweſen; nur juͤnger als der Anfang der griechiſchen Staͤdte. Daß ſie eingewanderte Sabeller waren iſt allgemein anerkannt, aber es daͤucht un- wahrſcheinlich, daß ein ſo weitherrſchendes Volk nur eine kurze Dauer ſelbſtſtaͤndigen Daſeyns genoſſen habe: doch iſt es ſo. Antiochus von Syracuſaͤ (329) redete als Zeitge- noſſe von den Oenotriſchen Voͤlkern, und erwaͤhnte weder der Lukaner noch der Bruttier 50) in der Geſchichte des damaligen Italiens, welche bis auf ſeine Zeiten her- abging 51). Dies beweißt unwiderſprechlich daß die Einwandrer damals noch nicht erſchienen waren.
Metapontum war eine der juͤngeren großgriechiſchen Staͤdte: geſtiftet, weil es den Achaͤern in Sybaris zu
49) Πϱὶν τȣ̀ς Ἕλληνας ἐλϑεῖν, οὐδ̕ ἦσάν πω Λευκανοί· Χῶνες δὲ καὶ Οἰνωτϱοὶ τȣ̀ς τόπȣς ἐνέμοντο. Strabo VI. c. 1. §. 2. Die ganze Stelle iſt nachzuleſen.
51) Denn er erwaͤhnte der Gruͤndung Herakleas. Strabo a. a. O. §. 14.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0065"n="43"/>
ten, die er nicht las. Schon als die Roͤmer dieſe Gegen-<lb/>
den mit ihren Waffen erreichten, fanden ſie keine Oeno-<lb/>
trer mehr; nur Lucaner und Bruttier. Die Griechiſchen<lb/>
Niederlaſſungen aber, welche auf dieſer Kuͤſte ſchon vor<lb/>
dem Anfang der Roͤmiſchen Zeitrechnung begannen, hat-<lb/>
ten nur jene Voͤlker, Sikeler oder Italer, und Choner an-<lb/>
getroffen: Lucaner waren damals noch gar nicht <noteplace="foot"n="49)">Πϱὶντȣ̀ςἝλληναςἐλϑεῖν, οὐδ̕ἦσάνπωΛευκανοί·Χῶνες<lb/>δὲκαὶΟἰνωτϱοὶτȣ̀ςτόπȣςἐνέμοντο. Strabo <hirendition="#aq">VI. c.</hi> 1.<lb/>
§. 2. Die ganze Stelle iſt nachzuleſen.</note>.</p><lb/><p>So ſagt Strabo: aber mit Ausdruͤcken, welche die<lb/>
falſche Meinung veranlaſſen, die Lucaner waͤren doch ſehr<lb/>
alte Bewohner dieſer Gegenden geweſen; nur juͤnger als<lb/>
der Anfang der griechiſchen Staͤdte. Daß ſie eingewanderte<lb/>
Sabeller waren iſt allgemein anerkannt, aber es daͤucht un-<lb/>
wahrſcheinlich, daß ein ſo weitherrſchendes Volk nur eine<lb/>
kurze Dauer ſelbſtſtaͤndigen Daſeyns genoſſen habe: doch iſt<lb/>
es ſo. Antiochus von Syracuſaͤ (329) redete als Zeitge-<lb/>
noſſe von den Oenotriſchen Voͤlkern, und erwaͤhnte weder<lb/>
der Lukaner noch der Bruttier <noteplace="foot"n="50)">οὗτοςμὲνοὖν (Ἀντίοχος) ἁπλȣςέϱωςεἴϱηκεκαὶἀϱχαϊ-<lb/>κῶς, <hirendition="#g">οὐδὲνδιοϱίσαςπεϱὶτῶνΛευκανῶνκαὶτῶν<lb/>Βϱεττίων</hi>. Strabo <hirendition="#aq">VI. c.</hi> 1. §. 4.</note> in der Geſchichte des<lb/>
damaligen Italiens, welche bis auf ſeine Zeiten her-<lb/>
abging <noteplace="foot"n="51)">Denn er erwaͤhnte der Gruͤndung Herakleas. Strabo<lb/>
a. a. O. §. 14.</note>. Dies beweißt unwiderſprechlich daß die<lb/>
Einwandrer damals noch nicht erſchienen waren.</p><lb/><p>Metapontum war eine der juͤngeren großgriechiſchen<lb/>
Staͤdte: geſtiftet, weil es den Achaͤern in Sybaris zu<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[43/0065]
ten, die er nicht las. Schon als die Roͤmer dieſe Gegen-
den mit ihren Waffen erreichten, fanden ſie keine Oeno-
trer mehr; nur Lucaner und Bruttier. Die Griechiſchen
Niederlaſſungen aber, welche auf dieſer Kuͤſte ſchon vor
dem Anfang der Roͤmiſchen Zeitrechnung begannen, hat-
ten nur jene Voͤlker, Sikeler oder Italer, und Choner an-
getroffen: Lucaner waren damals noch gar nicht 49).
So ſagt Strabo: aber mit Ausdruͤcken, welche die
falſche Meinung veranlaſſen, die Lucaner waͤren doch ſehr
alte Bewohner dieſer Gegenden geweſen; nur juͤnger als
der Anfang der griechiſchen Staͤdte. Daß ſie eingewanderte
Sabeller waren iſt allgemein anerkannt, aber es daͤucht un-
wahrſcheinlich, daß ein ſo weitherrſchendes Volk nur eine
kurze Dauer ſelbſtſtaͤndigen Daſeyns genoſſen habe: doch iſt
es ſo. Antiochus von Syracuſaͤ (329) redete als Zeitge-
noſſe von den Oenotriſchen Voͤlkern, und erwaͤhnte weder
der Lukaner noch der Bruttier 50) in der Geſchichte des
damaligen Italiens, welche bis auf ſeine Zeiten her-
abging 51). Dies beweißt unwiderſprechlich daß die
Einwandrer damals noch nicht erſchienen waren.
Metapontum war eine der juͤngeren großgriechiſchen
Staͤdte: geſtiftet, weil es den Achaͤern in Sybaris zu
49) Πϱὶν τȣ̀ς Ἕλληνας ἐλϑεῖν, οὐδ̕ ἦσάν πω Λευκανοί· Χῶνες
δὲ καὶ Οἰνωτϱοὶ τȣ̀ς τόπȣς ἐνέμοντο. Strabo VI. c. 1.
§. 2. Die ganze Stelle iſt nachzuleſen.
50) οὗτος μὲν οὖν (Ἀντίοχος) ἁπλȣςέϱως εἴϱηκε καὶ ἀϱχαϊ-
κῶς, οὐδὲν διοϱίσας πεϱὶ τῶν Λευκανῶν καὶ τῶν
Βϱεττίων. Strabo VI. c. 1. §. 4.
51) Denn er erwaͤhnte der Gruͤndung Herakleas. Strabo
a. a. O. §. 14.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/65>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.