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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Sp. Cassius Viscellinus welcher diesen Bund schloß
(268) hatte in seinem zweyten Consulat Rom und La-
tium durch Bündniß vereinigt. Diese rettenden Ver-
träge scheinen sein Werk gewesen zu seyn, nicht zufällig
seinen Nahmen getragen zu haben: drey Consulate, und
daß er zuerst, funfzehn Jahre vor dem dritten, zum Ober-
sten der Ritter ernannt war, machen es begreiflich daß er
seine Blicke nach der königlichen Würde aufheben konnte,
und glaublich ist es nach den dunkeln Zügen der Geschichte
seines letzten Consulats daß er nicht unschuldig auf fal-
schen Verdacht als Opfer der Anklage fiel dahin getrachtet
zu haben. Ganz demagogisch war wenigstens sein Antrag,
das Volk mag ihn verschmäht, oder der Senat ihn ver-
eitelt haben, den Kaufpreis des während der Hungersnoth
aus Sicilien empfangnen Getreides den Käufern zurückzu-
zahlen; und nicht reiner mochten seine Absichten seyn als
er das erste Ackergesetz vorschlug. Er konnte glauben daß
er zu seinem Unternehmen auch die Hülfe der Latiner ge-
winnen müsse, und so ist an der Nachricht nichts unglaub-
liches er habe diesen einen gleichen Antheil wie den Rö-
mern von der Domaine assigniren wollen, obwohl es den
letzten mißfallen mußte: dies dehnt Dionysius auch auf
die Herniker aus, wo es wenigstens unbegreiflich ist un-
ter welchem Vorwande er sie mit dem Eigenthum eines
Bodens beschenkt hätte an dessen Eroberung sie keinen An-
theil gehabt hatten 16).


16) Freylich nennt Dionysius sie als Verbündete des letzten
Königs, und unter den theilnehmenden Völkern bey den
latinischen Ferien. Aber auch die Antiater und Ecetraner:
Erster Theil. F f

Sp. Caſſius Viſcellinus welcher dieſen Bund ſchloß
(268) hatte in ſeinem zweyten Conſulat Rom und La-
tium durch Buͤndniß vereinigt. Dieſe rettenden Ver-
traͤge ſcheinen ſein Werk geweſen zu ſeyn, nicht zufaͤllig
ſeinen Nahmen getragen zu haben: drey Conſulate, und
daß er zuerſt, funfzehn Jahre vor dem dritten, zum Ober-
ſten der Ritter ernannt war, machen es begreiflich daß er
ſeine Blicke nach der koͤniglichen Wuͤrde aufheben konnte,
und glaublich iſt es nach den dunkeln Zuͤgen der Geſchichte
ſeines letzten Conſulats daß er nicht unſchuldig auf fal-
ſchen Verdacht als Opfer der Anklage fiel dahin getrachtet
zu haben. Ganz demagogiſch war wenigſtens ſein Antrag,
das Volk mag ihn verſchmaͤht, oder der Senat ihn ver-
eitelt haben, den Kaufpreis des waͤhrend der Hungersnoth
aus Sicilien empfangnen Getreides den Kaͤufern zuruͤckzu-
zahlen; und nicht reiner mochten ſeine Abſichten ſeyn als
er das erſte Ackergeſetz vorſchlug. Er konnte glauben daß
er zu ſeinem Unternehmen auch die Huͤlfe der Latiner ge-
winnen muͤſſe, und ſo iſt an der Nachricht nichts unglaub-
liches er habe dieſen einen gleichen Antheil wie den Roͤ-
mern von der Domaine aſſigniren wollen, obwohl es den
letzten mißfallen mußte: dies dehnt Dionyſius auch auf
die Herniker aus, wo es wenigſtens unbegreiflich iſt un-
ter welchem Vorwande er ſie mit dem Eigenthum eines
Bodens beſchenkt haͤtte an deſſen Eroberung ſie keinen An-
theil gehabt hatten 16).


16) Freylich nennt Dionyſius ſie als Verbuͤndete des letzten
Koͤnigs, und unter den theilnehmenden Voͤlkern bey den
latiniſchen Ferien. Aber auch die Antiater und Ecetraner:
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[449/0471] Sp. Caſſius Viſcellinus welcher dieſen Bund ſchloß (268) hatte in ſeinem zweyten Conſulat Rom und La- tium durch Buͤndniß vereinigt. Dieſe rettenden Ver- traͤge ſcheinen ſein Werk geweſen zu ſeyn, nicht zufaͤllig ſeinen Nahmen getragen zu haben: drey Conſulate, und daß er zuerſt, funfzehn Jahre vor dem dritten, zum Ober- ſten der Ritter ernannt war, machen es begreiflich daß er ſeine Blicke nach der koͤniglichen Wuͤrde aufheben konnte, und glaublich iſt es nach den dunkeln Zuͤgen der Geſchichte ſeines letzten Conſulats daß er nicht unſchuldig auf fal- ſchen Verdacht als Opfer der Anklage fiel dahin getrachtet zu haben. Ganz demagogiſch war wenigſtens ſein Antrag, das Volk mag ihn verſchmaͤht, oder der Senat ihn ver- eitelt haben, den Kaufpreis des waͤhrend der Hungersnoth aus Sicilien empfangnen Getreides den Kaͤufern zuruͤckzu- zahlen; und nicht reiner mochten ſeine Abſichten ſeyn als er das erſte Ackergeſetz vorſchlug. Er konnte glauben daß er zu ſeinem Unternehmen auch die Huͤlfe der Latiner ge- winnen muͤſſe, und ſo iſt an der Nachricht nichts unglaub- liches er habe dieſen einen gleichen Antheil wie den Roͤ- mern von der Domaine aſſigniren wollen, obwohl es den letzten mißfallen mußte: dies dehnt Dionyſius auch auf die Herniker aus, wo es wenigſtens unbegreiflich iſt un- ter welchem Vorwande er ſie mit dem Eigenthum eines Bodens beſchenkt haͤtte an deſſen Eroberung ſie keinen An- theil gehabt hatten 16). 16) Freylich nennt Dionyſius ſie als Verbuͤndete des letzten Koͤnigs, und unter den theilnehmenden Voͤlkern bey den latiniſchen Ferien. Aber auch die Antiater und Ecetraner: Erſter Theil. F f

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/471>, abgerufen am 25.11.2024.