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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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eines großen Verbrechens zu erheben, so müßte man
eine Verschwörung zwischen Coriolan und den Patri-
ciern in Roms Mauern annehmen welche Rom entwaff-
net, und die Siege der Volsker erleichtert habe.

Im Lager am Cluilischen Graben empfing Coriola-
nus eine Gesandtschaft der Republik, dann die Priester
im heiligen Ornat, die als Flehende, nicht als Frie-
densboten, zu ihm kamen. Allen war er unerbittlich:
hätte er aber nur die Abtretung der den Volskern ent-
rissenen Landschaften begehrt, welche alle, wenn man
auch annimmt die Volsker wären die alten Besitzer der
Küste und der Pomptinischen Landschaft gewesen, schon
erobert waren; ein Staat, der bis zu dieser Erniedri-
gung vor einem Verbannten gesunken war, hätte um
diesen Preis wie mit Porsena Friede geschlossen. Er
dürstete nach Bürgerblut: und sein Friedensgesetz konnte
nichts milderes seyn als unbedingte Unterwerfung. Seit
Marcius Verbannung weinte sein Weib Volumnia mit
zwey Knaben, und seiner alten Mutter Veturia in
dem verödeten Hause. Auch ihre Sicherheit ist sonder-
bar, denn obgleich sonst die Angehörigen verurtheilter
Staatsverbrecher, die in Griechenland selten der Ver-
bannung, oft dem Tode nicht entgingen, in Rom völli-
ger Sicherheit durch Unschuld gewiß wären; eben die
einzige Klage wodurch Coriolanus fallen konnte, die we-
gen eines Attentats an der beschwornen Capitulation
zwischen Senat und Volk, verdammte die seinigen zur
Sklaverey, sein Vermögen zur Einziehung. Eingedenk
der Rettung welche die ersten Römer den vermittelnden

eines großen Verbrechens zu erheben, ſo muͤßte man
eine Verſchwoͤrung zwiſchen Coriolan und den Patri-
ciern in Roms Mauern annehmen welche Rom entwaff-
net, und die Siege der Volsker erleichtert habe.

Im Lager am Cluiliſchen Graben empfing Coriola-
nus eine Geſandtſchaft der Republik, dann die Prieſter
im heiligen Ornat, die als Flehende, nicht als Frie-
densboten, zu ihm kamen. Allen war er unerbittlich:
haͤtte er aber nur die Abtretung der den Volskern ent-
riſſenen Landſchaften begehrt, welche alle, wenn man
auch annimmt die Volsker waͤren die alten Beſitzer der
Kuͤſte und der Pomptiniſchen Landſchaft geweſen, ſchon
erobert waren; ein Staat, der bis zu dieſer Erniedri-
gung vor einem Verbannten geſunken war, haͤtte um
dieſen Preis wie mit Porſena Friede geſchloſſen. Er
duͤrſtete nach Buͤrgerblut: und ſein Friedensgeſetz konnte
nichts milderes ſeyn als unbedingte Unterwerfung. Seit
Marcius Verbannung weinte ſein Weib Volumnia mit
zwey Knaben, und ſeiner alten Mutter Veturia in
dem veroͤdeten Hauſe. Auch ihre Sicherheit iſt ſonder-
bar, denn obgleich ſonſt die Angehoͤrigen verurtheilter
Staatsverbrecher, die in Griechenland ſelten der Ver-
bannung, oft dem Tode nicht entgingen, in Rom voͤlli-
ger Sicherheit durch Unſchuld gewiß waͤren; eben die
einzige Klage wodurch Coriolanus fallen konnte, die we-
gen eines Attentats an der beſchwornen Capitulation
zwiſchen Senat und Volk, verdammte die ſeinigen zur
Sklaverey, ſein Vermoͤgen zur Einziehung. Eingedenk
der Rettung welche die erſten Roͤmer den vermittelnden

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[439/0461] eines großen Verbrechens zu erheben, ſo muͤßte man eine Verſchwoͤrung zwiſchen Coriolan und den Patri- ciern in Roms Mauern annehmen welche Rom entwaff- net, und die Siege der Volsker erleichtert habe. Im Lager am Cluiliſchen Graben empfing Coriola- nus eine Geſandtſchaft der Republik, dann die Prieſter im heiligen Ornat, die als Flehende, nicht als Frie- densboten, zu ihm kamen. Allen war er unerbittlich: haͤtte er aber nur die Abtretung der den Volskern ent- riſſenen Landſchaften begehrt, welche alle, wenn man auch annimmt die Volsker waͤren die alten Beſitzer der Kuͤſte und der Pomptiniſchen Landſchaft geweſen, ſchon erobert waren; ein Staat, der bis zu dieſer Erniedri- gung vor einem Verbannten geſunken war, haͤtte um dieſen Preis wie mit Porſena Friede geſchloſſen. Er duͤrſtete nach Buͤrgerblut: und ſein Friedensgeſetz konnte nichts milderes ſeyn als unbedingte Unterwerfung. Seit Marcius Verbannung weinte ſein Weib Volumnia mit zwey Knaben, und ſeiner alten Mutter Veturia in dem veroͤdeten Hauſe. Auch ihre Sicherheit iſt ſonder- bar, denn obgleich ſonſt die Angehoͤrigen verurtheilter Staatsverbrecher, die in Griechenland ſelten der Ver- bannung, oft dem Tode nicht entgingen, in Rom voͤlli- ger Sicherheit durch Unſchuld gewiß waͤren; eben die einzige Klage wodurch Coriolanus fallen konnte, die we- gen eines Attentats an der beſchwornen Capitulation zwiſchen Senat und Volk, verdammte die ſeinigen zur Sklaverey, ſein Vermoͤgen zur Einziehung. Eingedenk der Rettung welche die erſten Roͤmer den vermittelnden

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/461>, abgerufen am 23.11.2024.