len Eintritts in das Haus des Attius Tullus 94) scheint, wie die jüngern Römer eine Vergleichung zwischen ihm und Themistokles zogen, nach der Zuflucht dieses großen Atheniensers in die Wohnung seines alten Feindes, des Molossers Admetus ersonnen zu seyn. Von hier an wird seine Geschichte ganz dichterisch, und das Unglaubliche häuft sich auf jedem Schritt; ich wiederhohle es daß mir in solchen Fällen eine sehr kurze Erinnerung an eine jedem Gebildeten bekannte Geschichte, und Verweisung auf Li- vius Erzählung das angemessenste scheint.
Es scheint höchst befremdlich, nach den Erzählungen von Volskerkriegen während der unmittelbar vorhergehen- den Jahre 95), ohne daß eines Friedens gedacht würde, wie die Volsker zu festlichen Spielen nach Rom ziehen konnten. Ob jene Erzählungen, wie es allerdings von dem Kriege vor Corioli wahrscheinlich ist, erdichtet sind, oder ob es die von der List ist wodurch der volskische Prä- tor seine Nation in einen römischen Krieg hineinstürzte, dies zu erörtern wäre fruchtlose Mühe, da es gänzlich an festen Punkten für die Kritik fehlt. Um aber der letzten
94) Wahrscheinlich, nach Sigonius Vermuthung, eigentlich Tullus Attius, so daß Tullus auch hier wie bey dem rö- mischen Könige der Vornahme war. Ohne Zweifel war er, wie es auch die Sage darstellt nur Prätor von An- tium: die Späteren machen ihn zu einem Könige der Vols- ker, und leiten Ciceros Geschlecht von ihm ab.
95) In der alten Sage folgte der große Volskerkrieg wahr- scheinlich unmittelbar auf Coriolanus Verurtheilung, und daher wohl verbindet Livius sie, zwey Consulpaare, der Jahre 264 und 265, auslassend.
E e 2
len Eintritts in das Haus des Attius Tullus 94) ſcheint, wie die juͤngern Roͤmer eine Vergleichung zwiſchen ihm und Themiſtokles zogen, nach der Zuflucht dieſes großen Athenienſers in die Wohnung ſeines alten Feindes, des Moloſſers Admetus erſonnen zu ſeyn. Von hier an wird ſeine Geſchichte ganz dichteriſch, und das Unglaubliche haͤuft ſich auf jedem Schritt; ich wiederhohle es daß mir in ſolchen Faͤllen eine ſehr kurze Erinnerung an eine jedem Gebildeten bekannte Geſchichte, und Verweiſung auf Li- vius Erzaͤhlung das angemeſſenſte ſcheint.
Es ſcheint hoͤchſt befremdlich, nach den Erzaͤhlungen von Volskerkriegen waͤhrend der unmittelbar vorhergehen- den Jahre 95), ohne daß eines Friedens gedacht wuͤrde, wie die Volsker zu feſtlichen Spielen nach Rom ziehen konnten. Ob jene Erzaͤhlungen, wie es allerdings von dem Kriege vor Corioli wahrſcheinlich iſt, erdichtet ſind, oder ob es die von der Liſt iſt wodurch der volskiſche Praͤ- tor ſeine Nation in einen roͤmiſchen Krieg hineinſtuͤrzte, dies zu eroͤrtern waͤre fruchtloſe Muͤhe, da es gaͤnzlich an feſten Punkten fuͤr die Kritik fehlt. Um aber der letzten
94) Wahrſcheinlich, nach Sigonius Vermuthung, eigentlich Tullus Attius, ſo daß Tullus auch hier wie bey dem roͤ- miſchen Koͤnige der Vornahme war. Ohne Zweifel war er, wie es auch die Sage darſtellt nur Praͤtor von An- tium: die Spaͤteren machen ihn zu einem Koͤnige der Vols- ker, und leiten Ciceros Geſchlecht von ihm ab.
95) In der alten Sage folgte der große Volskerkrieg wahr- ſcheinlich unmittelbar auf Coriolanus Verurtheilung, und daher wohl verbindet Livius ſie, zwey Conſulpaare, der Jahre 264 und 265, auslaſſend.
E e 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0457"n="435"/>
len Eintritts in das Haus des Attius Tullus <noteplace="foot"n="94)">Wahrſcheinlich, nach Sigonius Vermuthung, eigentlich<lb/>
Tullus Attius, ſo daß Tullus auch hier wie bey dem roͤ-<lb/>
miſchen Koͤnige der Vornahme war. Ohne Zweifel war<lb/>
er, wie es auch die Sage darſtellt nur Praͤtor von An-<lb/>
tium: die Spaͤteren machen ihn zu einem Koͤnige der Vols-<lb/>
ker, und leiten Ciceros Geſchlecht von ihm ab.</note>ſcheint,<lb/>
wie die juͤngern Roͤmer eine Vergleichung zwiſchen ihm<lb/>
und Themiſtokles zogen, nach der Zuflucht dieſes großen<lb/>
Athenienſers in die Wohnung ſeines alten Feindes, des<lb/>
Moloſſers Admetus erſonnen zu ſeyn. Von hier an wird<lb/>ſeine Geſchichte ganz dichteriſch, und das Unglaubliche<lb/>
haͤuft ſich auf jedem Schritt; ich wiederhohle es daß mir<lb/>
in ſolchen Faͤllen eine ſehr kurze Erinnerung an eine jedem<lb/>
Gebildeten bekannte Geſchichte, und Verweiſung auf Li-<lb/>
vius Erzaͤhlung das angemeſſenſte ſcheint.</p><lb/><p>Es ſcheint hoͤchſt befremdlich, nach den Erzaͤhlungen<lb/>
von Volskerkriegen waͤhrend der unmittelbar vorhergehen-<lb/>
den Jahre <noteplace="foot"n="95)">In der alten Sage folgte der große Volskerkrieg wahr-<lb/>ſcheinlich unmittelbar auf Coriolanus Verurtheilung, und<lb/>
daher wohl verbindet Livius ſie, zwey Conſulpaare, der<lb/>
Jahre 264 und 265, auslaſſend.</note>, ohne daß eines Friedens gedacht wuͤrde,<lb/>
wie die Volsker zu feſtlichen Spielen nach Rom ziehen<lb/>
konnten. Ob jene Erzaͤhlungen, wie es allerdings von<lb/>
dem Kriege vor Corioli wahrſcheinlich iſt, erdichtet ſind,<lb/>
oder ob es die von der Liſt iſt wodurch der volskiſche Praͤ-<lb/>
tor ſeine Nation in einen roͤmiſchen Krieg hineinſtuͤrzte,<lb/>
dies zu eroͤrtern waͤre fruchtloſe Muͤhe, da es gaͤnzlich an<lb/>
feſten Punkten fuͤr die Kritik fehlt. Um aber der letzten<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E e 2</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[435/0457]
len Eintritts in das Haus des Attius Tullus 94) ſcheint,
wie die juͤngern Roͤmer eine Vergleichung zwiſchen ihm
und Themiſtokles zogen, nach der Zuflucht dieſes großen
Athenienſers in die Wohnung ſeines alten Feindes, des
Moloſſers Admetus erſonnen zu ſeyn. Von hier an wird
ſeine Geſchichte ganz dichteriſch, und das Unglaubliche
haͤuft ſich auf jedem Schritt; ich wiederhohle es daß mir
in ſolchen Faͤllen eine ſehr kurze Erinnerung an eine jedem
Gebildeten bekannte Geſchichte, und Verweiſung auf Li-
vius Erzaͤhlung das angemeſſenſte ſcheint.
Es ſcheint hoͤchſt befremdlich, nach den Erzaͤhlungen
von Volskerkriegen waͤhrend der unmittelbar vorhergehen-
den Jahre 95), ohne daß eines Friedens gedacht wuͤrde,
wie die Volsker zu feſtlichen Spielen nach Rom ziehen
konnten. Ob jene Erzaͤhlungen, wie es allerdings von
dem Kriege vor Corioli wahrſcheinlich iſt, erdichtet ſind,
oder ob es die von der Liſt iſt wodurch der volskiſche Praͤ-
tor ſeine Nation in einen roͤmiſchen Krieg hineinſtuͤrzte,
dies zu eroͤrtern waͤre fruchtloſe Muͤhe, da es gaͤnzlich an
feſten Punkten fuͤr die Kritik fehlt. Um aber der letzten
94) Wahrſcheinlich, nach Sigonius Vermuthung, eigentlich
Tullus Attius, ſo daß Tullus auch hier wie bey dem roͤ-
miſchen Koͤnige der Vornahme war. Ohne Zweifel war
er, wie es auch die Sage darſtellt nur Praͤtor von An-
tium: die Spaͤteren machen ihn zu einem Koͤnige der Vols-
ker, und leiten Ciceros Geſchlecht von ihm ab.
95) In der alten Sage folgte der große Volskerkrieg wahr-
ſcheinlich unmittelbar auf Coriolanus Verurtheilung, und
daher wohl verbindet Livius ſie, zwey Conſulpaare, der
Jahre 264 und 265, auslaſſend.
E e 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/457>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.