Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.die Aufopferung seiner neu gewonnenen Vorrechte anzu- Daß ein verhärtetes Factionshaupt, den ein verdien- 85) Man führe dieses nicht zur Bestätigung der griechischen
Ansicht allgemeiner Armuth der Plebejer an. Die Mehr- zahl war nothwendig arm bey der Kleinheit der plebejischen Hufen von sieben Jugern, welche überdies bey Erbschaften, die auf mehrere fielen, wenn sie auch nicht getheilt wur- den, doch mehreren Familien genügen mußten. Ueberdies hatte das Unglück der Zeiten die kleinen Landeigenthümer zu Grunde gerichtet. die Aufopferung ſeiner neu gewonnenen Vorrechte anzu- Daß ein verhaͤrtetes Factionshaupt, den ein verdien- 85) Man fuͤhre dieſes nicht zur Beſtaͤtigung der griechiſchen
Anſicht allgemeiner Armuth der Plebejer an. Die Mehr- zahl war nothwendig arm bey der Kleinheit der plebejiſchen Hufen von ſieben Jugern, welche uͤberdies bey Erbſchaften, die auf mehrere fielen, wenn ſie auch nicht getheilt wur- den, doch mehreren Familien genuͤgen mußten. Ueberdies hatte das Ungluͤck der Zeiten die kleinen Landeigenthuͤmer zu Grunde gerichtet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0451" n="429"/> die Aufopferung ſeiner neu gewonnenen Vorrechte anzu-<lb/> dieten <note place="foot" n="85)">Man fuͤhre dieſes nicht zur Beſtaͤtigung der griechiſchen<lb/> Anſicht allgemeiner Armuth der Plebejer an. Die Mehr-<lb/> zahl war nothwendig arm bey der Kleinheit der plebejiſchen<lb/> Hufen von ſieben Jugern, welche uͤberdies bey Erbſchaften,<lb/> die auf mehrere fielen, wenn ſie auch nicht getheilt wur-<lb/> den, doch mehreren Familien genuͤgen mußten. Ueberdies<lb/> hatte das Ungluͤck der Zeiten die kleinen Landeigenthuͤmer<lb/> zu Grunde gerichtet.</note>: ein Vorſchlag der nicht nur, wie es Livius<lb/> geſteht, ruchlos war, ſondern auch, gegen ſeine Meinung,<lb/> unausfuͤhrbar bleiben mußte, da er, nur ausgeſprochen,<lb/> ſeinem Urheber Verderben brachte.</p><lb/> <p>Daß ein verhaͤrtetes Factionshaupt, den ein verdien-<lb/> tes Urtheil zum Landesfeinde machte, und der als Feld-<lb/> herr der Erbfeinde ſich fuͤr die erlittene gerechte Strafe<lb/> fuͤrchterlich am Vaterland raͤchte, von der Geſchichte als<lb/> ein großer Mann genannt wird iſt Beyſpiel wie vorur-<lb/> theilsvoll auch die Nachwelt richtet. Coriolanus verdient<lb/> es nicht mit Alcibiades verglichen zu werden, dem, nach<lb/> der Sinnesart ſeines Volks, der leidenſchaftliche Ueber-<lb/> gang zu großen Vergehungen und die Ruͤckkehr leichter<lb/> war als dem Roͤmer; den ein wirklich ungerechtes Urtheil<lb/> getroffen hatte; der ſeine Nation nicht faßte, und der, als<lb/> ſein Zorn gekuͤhlt war, ſeine Verirrung wie kein andrer<lb/> gut machte. In ihm lebte die Liebe zu ſeinem Vaterlande<lb/> fort, wie in dem Eiferſuͤchtigen, wie ungluͤcklich er auch<lb/> ihren Gegenſtand macht: er wollte, nach einer kurzen un-<lb/> widerſtehlichen Aufwallung des Zorns, nur das Gefuͤhl<lb/> ſeines Verluſts bey den Athenienſern erzwingen; nicht das<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [429/0451]
die Aufopferung ſeiner neu gewonnenen Vorrechte anzu-
dieten 85): ein Vorſchlag der nicht nur, wie es Livius
geſteht, ruchlos war, ſondern auch, gegen ſeine Meinung,
unausfuͤhrbar bleiben mußte, da er, nur ausgeſprochen,
ſeinem Urheber Verderben brachte.
Daß ein verhaͤrtetes Factionshaupt, den ein verdien-
tes Urtheil zum Landesfeinde machte, und der als Feld-
herr der Erbfeinde ſich fuͤr die erlittene gerechte Strafe
fuͤrchterlich am Vaterland raͤchte, von der Geſchichte als
ein großer Mann genannt wird iſt Beyſpiel wie vorur-
theilsvoll auch die Nachwelt richtet. Coriolanus verdient
es nicht mit Alcibiades verglichen zu werden, dem, nach
der Sinnesart ſeines Volks, der leidenſchaftliche Ueber-
gang zu großen Vergehungen und die Ruͤckkehr leichter
war als dem Roͤmer; den ein wirklich ungerechtes Urtheil
getroffen hatte; der ſeine Nation nicht faßte, und der, als
ſein Zorn gekuͤhlt war, ſeine Verirrung wie kein andrer
gut machte. In ihm lebte die Liebe zu ſeinem Vaterlande
fort, wie in dem Eiferſuͤchtigen, wie ungluͤcklich er auch
ihren Gegenſtand macht: er wollte, nach einer kurzen un-
widerſtehlichen Aufwallung des Zorns, nur das Gefuͤhl
ſeines Verluſts bey den Athenienſern erzwingen; nicht das
85) Man fuͤhre dieſes nicht zur Beſtaͤtigung der griechiſchen
Anſicht allgemeiner Armuth der Plebejer an. Die Mehr-
zahl war nothwendig arm bey der Kleinheit der plebejiſchen
Hufen von ſieben Jugern, welche uͤberdies bey Erbſchaften,
die auf mehrere fielen, wenn ſie auch nicht getheilt wur-
den, doch mehreren Familien genuͤgen mußten. Ueberdies
hatte das Ungluͤck der Zeiten die kleinen Landeigenthuͤmer
zu Grunde gerichtet.
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