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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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gen in diesem Sinn, die doch die Seele aller tribunici-
schen Thätigkeit waren, beschränken sich auf Hemmungen
der Verwaltung, wodurch die Volksparthey den Senat
zu zwingen suchte, ein in der alten verfassungsmäßigen
Form beschlossenes Ackergesetz auszuführen, dessen Vor-
theile dem Volk treulos entzogen wurden. Die erste Er-
wähnung eines tribunicischen Gesetzvorschlags geschieht im
Jahr 292, als der Tribun C. Terentillus den Antrag
machte die Gesetze durch beyde Stände gemeinschaftlich
untersuchen und nach den Umständen abändern zu lassen.
Auch dieses könnte eben so wohl eine durch Nothwen-
digkeit gebotne Forderung eines Standes an den an-
dern, als eine gesetzmäßige Initiative scheinen, wenn die
Patricier weniger heftig bemüht gewesen wären die Fas-
sung des Volksbeschlusses zu hindern; der also, einmal
festgestellt den Senat oder die Patricier in die Nothwen-
digkeit gesetzt haben muß sich durch ausdrückliche An-
nahme oder Verwerfung zu erklären, und, im letzten Fall,
einen Volksaufstand zu wagen. Noch aber, scheint es,
war, wenn auch der Senat in einen Volksbeschluß einge-
willigt hatte, förmliche Annahme des Gesetzes durch die
Centurien nothwendig; so daß ein Plebiscit an sich nur
als eine Vorstellung an die höchste Regierung galt. Die-
ses war der Gang bey der Annahme des Icilischen Gesetzes
wegen des Aventinus 74). Inzwischen muß das Publi-
lische Gesetz (I. 283) den Comitien der Tribus eine we-
sentliche Erweiterung ihrer Befugnisse gewährt haben,
weil der Anfang plebejischer Gesetzgebung, aus dessen un-

74) Dionysius X. c. 32.

gen in dieſem Sinn, die doch die Seele aller tribunici-
ſchen Thaͤtigkeit waren, beſchraͤnken ſich auf Hemmungen
der Verwaltung, wodurch die Volksparthey den Senat
zu zwingen ſuchte, ein in der alten verfaſſungsmaͤßigen
Form beſchloſſenes Ackergeſetz auszufuͤhren, deſſen Vor-
theile dem Volk treulos entzogen wurden. Die erſte Er-
waͤhnung eines tribuniciſchen Geſetzvorſchlags geſchieht im
Jahr 292, als der Tribun C. Terentillus den Antrag
machte die Geſetze durch beyde Staͤnde gemeinſchaftlich
unterſuchen und nach den Umſtaͤnden abaͤndern zu laſſen.
Auch dieſes koͤnnte eben ſo wohl eine durch Nothwen-
digkeit gebotne Forderung eines Standes an den an-
dern, als eine geſetzmaͤßige Initiative ſcheinen, wenn die
Patricier weniger heftig bemuͤht geweſen waͤren die Faſ-
ſung des Volksbeſchluſſes zu hindern; der alſo, einmal
feſtgeſtellt den Senat oder die Patricier in die Nothwen-
digkeit geſetzt haben muß ſich durch ausdruͤckliche An-
nahme oder Verwerfung zu erklaͤren, und, im letzten Fall,
einen Volksaufſtand zu wagen. Noch aber, ſcheint es,
war, wenn auch der Senat in einen Volksbeſchluß einge-
willigt hatte, foͤrmliche Annahme des Geſetzes durch die
Centurien nothwendig; ſo daß ein Plebiſcit an ſich nur
als eine Vorſtellung an die hoͤchſte Regierung galt. Die-
ſes war der Gang bey der Annahme des Iciliſchen Geſetzes
wegen des Aventinus 74). Inzwiſchen muß das Publi-
liſche Geſetz (I. 283) den Comitien der Tribus eine we-
ſentliche Erweiterung ihrer Befugniſſe gewaͤhrt haben,
weil der Anfang plebejiſcher Geſetzgebung, aus deſſen un-

74) Dionyſius X. c. 32.
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[423/0445] gen in dieſem Sinn, die doch die Seele aller tribunici- ſchen Thaͤtigkeit waren, beſchraͤnken ſich auf Hemmungen der Verwaltung, wodurch die Volksparthey den Senat zu zwingen ſuchte, ein in der alten verfaſſungsmaͤßigen Form beſchloſſenes Ackergeſetz auszufuͤhren, deſſen Vor- theile dem Volk treulos entzogen wurden. Die erſte Er- waͤhnung eines tribuniciſchen Geſetzvorſchlags geſchieht im Jahr 292, als der Tribun C. Terentillus den Antrag machte die Geſetze durch beyde Staͤnde gemeinſchaftlich unterſuchen und nach den Umſtaͤnden abaͤndern zu laſſen. Auch dieſes koͤnnte eben ſo wohl eine durch Nothwen- digkeit gebotne Forderung eines Standes an den an- dern, als eine geſetzmaͤßige Initiative ſcheinen, wenn die Patricier weniger heftig bemuͤht geweſen waͤren die Faſ- ſung des Volksbeſchluſſes zu hindern; der alſo, einmal feſtgeſtellt den Senat oder die Patricier in die Nothwen- digkeit geſetzt haben muß ſich durch ausdruͤckliche An- nahme oder Verwerfung zu erklaͤren, und, im letzten Fall, einen Volksaufſtand zu wagen. Noch aber, ſcheint es, war, wenn auch der Senat in einen Volksbeſchluß einge- willigt hatte, foͤrmliche Annahme des Geſetzes durch die Centurien nothwendig; ſo daß ein Plebiſcit an ſich nur als eine Vorſtellung an die hoͤchſte Regierung galt. Die- ſes war der Gang bey der Annahme des Iciliſchen Geſetzes wegen des Aventinus 74). Inzwiſchen muß das Publi- liſche Geſetz (I. 283) den Comitien der Tribus eine we- ſentliche Erweiterung ihrer Befugniſſe gewaͤhrt haben, weil der Anfang plebejiſcher Geſetzgebung, aus deſſen un- 74) Dionyſius X. c. 32.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/445>, abgerufen am 24.11.2024.