Kunde gewährt haben würden, wenn das Schicksal uns ih- ren Besitz vergönnt hätte, vermissen wir vorzüglich schmerz- lich Aristoteles Politieen, und Catos Origines. Jene Sammlung, welche eine Darstellung der Verfassung und der Geschichte von hundert acht und funfzig Staaten ent- hielt, versäumte, wie aus angeführten Stellen klar her- vorgeht, auch die Italischen nicht, wenn es gleich zwei- felhaft ist daß Aristoteles ausführlich über Rom geredet hat. Wie hell und scharf dieser Meister der Gelehrten sah; wie sorgfältig er strebte die Vollständigkeit der Nachrichten zu erreichen ohne welche er, der Erfinder der Kategorieen und der Topik, sich unbefriedigt fühlte; und wie glücklich er Irrthümer aus seinen Berichten zu scheiden wußte; davon zeugen für alle Zeiten seine natur- historischen Schriften, deren reiche und tiefe Wahrheit jetzt wie in seinen Tagen geprüft werden kann. Alle An- gaben der alten Grammatiker, des Julius Pollux, Harpo- krations, und des Scholiasten des Aristophanes, über die Verfassung und Verwaltung der Atheniensischen Republik, sind aus seiner Politie Athens entnommen: ihre Richtig- keit bewährt sich ohne Ausnahme, und wir erkennen, daß jenes Ganze, aus dem sie entlehnt sind, ein ganz einziges Meisterwerk der Darstellung einer höchst verwickelten Or- ganisation bis in das kleinste Einzelne war.
Eben so vortrefflich ist in der Politik die Uebersicht der Verfassungen welche er einer Auszeichnung werth fand. Aber wie niemand je weniger einseitig war als er; wie für ihn alles was die Welt befaßt und in der Welt ge- schehen war, Interesse hatte; so erforschte er auch, nicht
Kunde gewaͤhrt haben wuͤrden, wenn das Schickſal uns ih- ren Beſitz vergoͤnnt haͤtte, vermiſſen wir vorzuͤglich ſchmerz- lich Ariſtoteles Politieen, und Catos Origines. Jene Sammlung, welche eine Darſtellung der Verfaſſung und der Geſchichte von hundert acht und funfzig Staaten ent- hielt, verſaͤumte, wie aus angefuͤhrten Stellen klar her- vorgeht, auch die Italiſchen nicht, wenn es gleich zwei- felhaft iſt daß Ariſtoteles ausfuͤhrlich uͤber Rom geredet hat. Wie hell und ſcharf dieſer Meiſter der Gelehrten ſah; wie ſorgfaͤltig er ſtrebte die Vollſtaͤndigkeit der Nachrichten zu erreichen ohne welche er, der Erfinder der Kategorieen und der Topik, ſich unbefriedigt fuͤhlte; und wie gluͤcklich er Irrthuͤmer aus ſeinen Berichten zu ſcheiden wußte; davon zeugen fuͤr alle Zeiten ſeine natur- hiſtoriſchen Schriften, deren reiche und tiefe Wahrheit jetzt wie in ſeinen Tagen gepruͤft werden kann. Alle An- gaben der alten Grammatiker, des Julius Pollux, Harpo- krations, und des Scholiaſten des Ariſtophanes, uͤber die Verfaſſung und Verwaltung der Athenienſiſchen Republik, ſind aus ſeiner Politie Athens entnommen: ihre Richtig- keit bewaͤhrt ſich ohne Ausnahme, und wir erkennen, daß jenes Ganze, aus dem ſie entlehnt ſind, ein ganz einziges Meiſterwerk der Darſtellung einer hoͤchſt verwickelten Or- ganiſation bis in das kleinſte Einzelne war.
Eben ſo vortrefflich iſt in der Politik die Ueberſicht der Verfaſſungen welche er einer Auszeichnung werth fand. Aber wie niemand je weniger einſeitig war als er; wie fuͤr ihn alles was die Welt befaßt und in der Welt ge- ſchehen war, Intereſſe hatte; ſo erforſchte er auch, nicht
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Kunde gewaͤhrt haben wuͤrden, wenn das Schickſal uns ih-
ren Beſitz vergoͤnnt haͤtte, vermiſſen wir vorzuͤglich ſchmerz-
lich Ariſtoteles Politieen, und Catos Origines. Jene
Sammlung, welche eine Darſtellung der Verfaſſung und
der Geſchichte von hundert acht und funfzig Staaten ent-
hielt, verſaͤumte, wie aus angefuͤhrten Stellen klar her-
vorgeht, auch die Italiſchen nicht, wenn es gleich zwei-
felhaft iſt daß Ariſtoteles ausfuͤhrlich uͤber Rom geredet
hat. Wie hell und ſcharf dieſer Meiſter der Gelehrten
ſah; wie ſorgfaͤltig er ſtrebte die Vollſtaͤndigkeit der
Nachrichten zu erreichen ohne welche er, der Erfinder
der Kategorieen und der Topik, ſich unbefriedigt fuͤhlte;
und wie gluͤcklich er Irrthuͤmer aus ſeinen Berichten zu
ſcheiden wußte; davon zeugen fuͤr alle Zeiten ſeine natur-
hiſtoriſchen Schriften, deren reiche und tiefe Wahrheit
jetzt wie in ſeinen Tagen gepruͤft werden kann. Alle An-
gaben der alten Grammatiker, des Julius Pollux, Harpo-
krations, und des Scholiaſten des Ariſtophanes, uͤber die
Verfaſſung und Verwaltung der Athenienſiſchen Republik,
ſind aus ſeiner Politie Athens entnommen: ihre Richtig-
keit bewaͤhrt ſich ohne Ausnahme, und wir erkennen, daß
jenes Ganze, aus dem ſie entlehnt ſind, ein ganz einziges
Meiſterwerk der Darſtellung einer hoͤchſt verwickelten Or-
ganiſation bis in das kleinſte Einzelne war.
Eben ſo vortrefflich iſt in der Politik die Ueberſicht
der Verfaſſungen welche er einer Auszeichnung werth
fand. Aber wie niemand je weniger einſeitig war als er;
wie fuͤr ihn alles was die Welt befaßt und in der Welt ge-
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/42>, abgerufen am 21.11.2024.
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