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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Patron Richter. Er führte ihre Rechtssachen und schützte
sie gegen Bedrückung: sie waren verbunden seinen Be-
dürfnissen abzuhelfen, seine Schulden zu bezahlen, seine
Töchter auszustatten, sein Begräbniß zu veranstalten,
Geldstrafen für ihn zusammenzuschießen, wenn sein eig-
nes Vermögen nicht hinreichte. Ein altes überliefertes
Gesetz ächtete den der dieses heilige Verhältniß treulos
verletzte: die Strafe mußte um so härter seyn da dem
Beeinträchtigten bis seine Noth unleidlich geworden war
keine Klage offen stand. Das Recht und das Verhält-
niß der Clientel veränderte sich mit den Sitten und der
Verfassung. Doch dauert es in Hauptzügen so lange
als die Republik, und hierin liegt die Ursache daß
Fremde, wenn sie das römische Bürgerrecht erhielten,
den Geschlechtsnahmen ihres Patrons annahmen. Auch
erstreckte sich das römische Patronat in Hinsicht gan-
zer Völker und Städte so weit daß es die griechische
Proxenie, aber in einem nicht gegenseitigen und glei-
chen Verhältniß, in sich begriff.

So standen zu Rom der Adel, gerüstet durch eine
sehr zahlreiche Menge Erbunterthäniger, und die freyen
Landeigenthümer mit vielleicht gleichen Kräften einan-
der gegenüber. Der Reichthum war bey den Patriciern,
und dies mag den Vortheil der Menge aufgewogen ha-
ben, welcher doch wohl für die Plebejer war: denn ohne
ein Gleichgewicht, wodurch der Ausgang des Kampfs
zweifelhaft ward, hätte sich das Volk, sobald es den
Gehorsam versagte, wohl schwerlich so streng innerhalb
der Gränzen einer versöhnlichen Fehde gehalten; wenn

Patron Richter. Er fuͤhrte ihre Rechtsſachen und ſchuͤtzte
ſie gegen Bedruͤckung: ſie waren verbunden ſeinen Be-
duͤrfniſſen abzuhelfen, ſeine Schulden zu bezahlen, ſeine
Toͤchter auszuſtatten, ſein Begraͤbniß zu veranſtalten,
Geldſtrafen fuͤr ihn zuſammenzuſchießen, wenn ſein eig-
nes Vermoͤgen nicht hinreichte. Ein altes uͤberliefertes
Geſetz aͤchtete den der dieſes heilige Verhaͤltniß treulos
verletzte: die Strafe mußte um ſo haͤrter ſeyn da dem
Beeintraͤchtigten bis ſeine Noth unleidlich geworden war
keine Klage offen ſtand. Das Recht und das Verhaͤlt-
niß der Clientel veraͤnderte ſich mit den Sitten und der
Verfaſſung. Doch dauert es in Hauptzuͤgen ſo lange
als die Republik, und hierin liegt die Urſache daß
Fremde, wenn ſie das roͤmiſche Buͤrgerrecht erhielten,
den Geſchlechtsnahmen ihres Patrons annahmen. Auch
erſtreckte ſich das roͤmiſche Patronat in Hinſicht gan-
zer Voͤlker und Staͤdte ſo weit daß es die griechiſche
Proxenie, aber in einem nicht gegenſeitigen und glei-
chen Verhaͤltniß, in ſich begriff.

So ſtanden zu Rom der Adel, geruͤſtet durch eine
ſehr zahlreiche Menge Erbunterthaͤniger, und die freyen
Landeigenthuͤmer mit vielleicht gleichen Kraͤften einan-
der gegenuͤber. Der Reichthum war bey den Patriciern,
und dies mag den Vortheil der Menge aufgewogen ha-
ben, welcher doch wohl fuͤr die Plebejer war: denn ohne
ein Gleichgewicht, wodurch der Ausgang des Kampfs
zweifelhaft ward, haͤtte ſich das Volk, ſobald es den
Gehorſam verſagte, wohl ſchwerlich ſo ſtreng innerhalb
der Graͤnzen einer verſoͤhnlichen Fehde gehalten; wenn

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[392/0414] Patron Richter. Er fuͤhrte ihre Rechtsſachen und ſchuͤtzte ſie gegen Bedruͤckung: ſie waren verbunden ſeinen Be- duͤrfniſſen abzuhelfen, ſeine Schulden zu bezahlen, ſeine Toͤchter auszuſtatten, ſein Begraͤbniß zu veranſtalten, Geldſtrafen fuͤr ihn zuſammenzuſchießen, wenn ſein eig- nes Vermoͤgen nicht hinreichte. Ein altes uͤberliefertes Geſetz aͤchtete den der dieſes heilige Verhaͤltniß treulos verletzte: die Strafe mußte um ſo haͤrter ſeyn da dem Beeintraͤchtigten bis ſeine Noth unleidlich geworden war keine Klage offen ſtand. Das Recht und das Verhaͤlt- niß der Clientel veraͤnderte ſich mit den Sitten und der Verfaſſung. Doch dauert es in Hauptzuͤgen ſo lange als die Republik, und hierin liegt die Urſache daß Fremde, wenn ſie das roͤmiſche Buͤrgerrecht erhielten, den Geſchlechtsnahmen ihres Patrons annahmen. Auch erſtreckte ſich das roͤmiſche Patronat in Hinſicht gan- zer Voͤlker und Staͤdte ſo weit daß es die griechiſche Proxenie, aber in einem nicht gegenſeitigen und glei- chen Verhaͤltniß, in ſich begriff. So ſtanden zu Rom der Adel, geruͤſtet durch eine ſehr zahlreiche Menge Erbunterthaͤniger, und die freyen Landeigenthuͤmer mit vielleicht gleichen Kraͤften einan- der gegenuͤber. Der Reichthum war bey den Patriciern, und dies mag den Vortheil der Menge aufgewogen ha- ben, welcher doch wohl fuͤr die Plebejer war: denn ohne ein Gleichgewicht, wodurch der Ausgang des Kampfs zweifelhaft ward, haͤtte ſich das Volk, ſobald es den Gehorſam verſagte, wohl ſchwerlich ſo ſtreng innerhalb der Graͤnzen einer verſoͤhnlichen Fehde gehalten; wenn

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/414>, abgerufen am 24.11.2024.