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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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da an das vollständige Recht der Quiriten: und das Ge-
setz Junia Norbana hätte in Hinsicht einer Klasse der
Freygelassenen, indem sie ihnen latinisches Recht anwies,
nur uraltes Recht hergestellt.

Von den Latinern welche nach der erwähnten Berech-
tigung das niedere Bürgerrecht annahmen ist es wahr-
scheinlich daß viele sich einen Patron erwählt haben mö-
gen, um dadurch als Vasallen Besitz auf den Gütern der
Patricier zu erlangen, und weil, als die Plebejer schon
durch ihre Tribunen geschützt wurden, der Aerarier diesen
Schutz nicht getheilt haben kann 51).

Als ursprünglich etruskisches Recht, gleich alt mit
dem Ursprung der Stadt, muß die Clientel allerdings be-
standen haben: in diese Unterthänigkeit muß das unterjochte
ältere Volk gerathen seyn welches die Etrusker an der Ti-
ber fanden. Ihre Ausbreitung und Vermehrung läßt sich
durch historische Zeugnisse angeben in Hinsicht der Freyge-
lassenen und Fremder; da Municipien sogar und Colonieen,
vorzüglich aber verbündete und Provinzialstädte unter dem
Pacronat mächtiger Römer standen. So ist ein zwiefacher
Stand von Clienten auch schon für die älteste Zeit an-
zunehmen: römischer Aerarier und Fremder: und aus
diesen letzten scheint damals die größte Zahl der Clien-
ten bestanden zu haben. Denn da den Plebejern Han-
del und Gewerbe untersagt, diese aber dem Staat doch
unentbehrlich waren, so läßt es sich nicht bezweifeln
daß sie, außer durch die Sklaven und Freygelassenen,

51) Ursprünglich nicht: in der Folge riefen ihn auch Patri-
cier an.

da an das vollſtaͤndige Recht der Quiriten: und das Ge-
ſetz Junia Norbana haͤtte in Hinſicht einer Klaſſe der
Freygelaſſenen, indem ſie ihnen latiniſches Recht anwies,
nur uraltes Recht hergeſtellt.

Von den Latinern welche nach der erwaͤhnten Berech-
tigung das niedere Buͤrgerrecht annahmen iſt es wahr-
ſcheinlich daß viele ſich einen Patron erwaͤhlt haben moͤ-
gen, um dadurch als Vaſallen Beſitz auf den Guͤtern der
Patricier zu erlangen, und weil, als die Plebejer ſchon
durch ihre Tribunen geſchuͤtzt wurden, der Aerarier dieſen
Schutz nicht getheilt haben kann 51).

Als urſpruͤnglich etruskiſches Recht, gleich alt mit
dem Urſprung der Stadt, muß die Clientel allerdings be-
ſtanden haben: in dieſe Unterthaͤnigkeit muß das unterjochte
aͤltere Volk gerathen ſeyn welches die Etrusker an der Ti-
ber fanden. Ihre Ausbreitung und Vermehrung laͤßt ſich
durch hiſtoriſche Zeugniſſe angeben in Hinſicht der Freyge-
laſſenen und Fremder; da Municipien ſogar und Colonieen,
vorzuͤglich aber verbuͤndete und Provinzialſtaͤdte unter dem
Pacronat maͤchtiger Roͤmer ſtanden. So iſt ein zwiefacher
Stand von Clienten auch ſchon fuͤr die aͤlteſte Zeit an-
zunehmen: roͤmiſcher Aerarier und Fremder: und aus
dieſen letzten ſcheint damals die groͤßte Zahl der Clien-
ten beſtanden zu haben. Denn da den Plebejern Han-
del und Gewerbe unterſagt, dieſe aber dem Staat doch
unentbehrlich waren, ſo laͤßt es ſich nicht bezweifeln
daß ſie, außer durch die Sklaven und Freygelaſſenen,

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cier an.
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[389/0411] da an das vollſtaͤndige Recht der Quiriten: und das Ge- ſetz Junia Norbana haͤtte in Hinſicht einer Klaſſe der Freygelaſſenen, indem ſie ihnen latiniſches Recht anwies, nur uraltes Recht hergeſtellt. Von den Latinern welche nach der erwaͤhnten Berech- tigung das niedere Buͤrgerrecht annahmen iſt es wahr- ſcheinlich daß viele ſich einen Patron erwaͤhlt haben moͤ- gen, um dadurch als Vaſallen Beſitz auf den Guͤtern der Patricier zu erlangen, und weil, als die Plebejer ſchon durch ihre Tribunen geſchuͤtzt wurden, der Aerarier dieſen Schutz nicht getheilt haben kann 51). Als urſpruͤnglich etruskiſches Recht, gleich alt mit dem Urſprung der Stadt, muß die Clientel allerdings be- ſtanden haben: in dieſe Unterthaͤnigkeit muß das unterjochte aͤltere Volk gerathen ſeyn welches die Etrusker an der Ti- ber fanden. Ihre Ausbreitung und Vermehrung laͤßt ſich durch hiſtoriſche Zeugniſſe angeben in Hinſicht der Freyge- laſſenen und Fremder; da Municipien ſogar und Colonieen, vorzuͤglich aber verbuͤndete und Provinzialſtaͤdte unter dem Pacronat maͤchtiger Roͤmer ſtanden. So iſt ein zwiefacher Stand von Clienten auch ſchon fuͤr die aͤlteſte Zeit an- zunehmen: roͤmiſcher Aerarier und Fremder: und aus dieſen letzten ſcheint damals die groͤßte Zahl der Clien- ten beſtanden zu haben. Denn da den Plebejern Han- del und Gewerbe unterſagt, dieſe aber dem Staat doch unentbehrlich waren, ſo laͤßt es ſich nicht bezweifeln daß ſie, außer durch die Sklaven und Freygelaſſenen, 51) Urſpruͤnglich nicht: in der Folge riefen ihn auch Patri- cier an.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/411>, abgerufen am 24.11.2024.