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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Stadt damals dem Markt Campaniens Korn hatte an-
kaufen lassen. Die römischen Ausgewanderten erloschen
zerstreut und hülflos.

Von der Schlacht am Regillus beginnt Anfangs
schwach und dunkel, aber allmählich immer mehr zusam-
menhängend und reicher an historischen Begebenheiten eine
wirkliche Geschichte Roms. Um diese Zeit scheinen die
Annalen der Pontifices, und Triumphalfasten begonnen
zu haben; und viele innre Vorfälle wurden durch unaus-
löschliche Spuren den folgenden Geschlechtern erhalten.
Dichterische Ausbildung wird jetzt selten; sie erscheint in
einiger Fülle nur noch in Coriolans Geschichte wieder:
aber die historische Wahrheit ist durch absichtliche Verfäl-
schung entstellt, wie sie bis dahin idealischen Bildungen
wich. Diese Verfälschung war, vorzüglich in der Erzäh-
lung der Kriegsthaten, Werk der Familieneitelkeit: in der
ganzen Darstellung von Roms äußeren Verhältnissen, des
Nationalstolzes: in den Nachrichten und der Schilderung
der innerlichen Verhältnisse und der bürgerlichen Unruhen,
des ständischen Partheygeistes. Die falsch aufgetragne
Oberfläche verräth sich fast allenthalben; oft, wo sie auch
nicht für unser Auge unerkennbar die zerstörte Wahrheit
ersetzt, läßt sich wenigstens nicht mit einer mittheilbaren
Ueberzeugung entdecken was sie verbirgt oder ersetzt: auch
da wo ein reicherer Stoff häufigere erkennbare Punkte der
Wahrheit gewährt, läßt sie sich doch nur einzeln, und zu
allgemeinen Ansichten herstellen. Bis zu diesem Zeitpunkt
war die alte Dichtung reich, die Annalen welche nach ihr
anheben, waren ursprünglich äußerst ärmlich und dürr.

Stadt damals dem Markt Campaniens Korn hatte an-
kaufen laſſen. Die roͤmiſchen Ausgewanderten erloſchen
zerſtreut und huͤlflos.

Von der Schlacht am Regillus beginnt Anfangs
ſchwach und dunkel, aber allmaͤhlich immer mehr zuſam-
menhaͤngend und reicher an hiſtoriſchen Begebenheiten eine
wirkliche Geſchichte Roms. Um dieſe Zeit ſcheinen die
Annalen der Pontifices, und Triumphalfaſten begonnen
zu haben; und viele innre Vorfaͤlle wurden durch unaus-
loͤſchliche Spuren den folgenden Geſchlechtern erhalten.
Dichteriſche Ausbildung wird jetzt ſelten; ſie erſcheint in
einiger Fuͤlle nur noch in Coriolans Geſchichte wieder:
aber die hiſtoriſche Wahrheit iſt durch abſichtliche Verfaͤl-
ſchung entſtellt, wie ſie bis dahin idealiſchen Bildungen
wich. Dieſe Verfaͤlſchung war, vorzuͤglich in der Erzaͤh-
lung der Kriegsthaten, Werk der Familieneitelkeit: in der
ganzen Darſtellung von Roms aͤußeren Verhaͤltniſſen, des
Nationalſtolzes: in den Nachrichten und der Schilderung
der innerlichen Verhaͤltniſſe und der buͤrgerlichen Unruhen,
des ſtaͤndiſchen Partheygeiſtes. Die falſch aufgetragne
Oberflaͤche verraͤth ſich faſt allenthalben; oft, wo ſie auch
nicht fuͤr unſer Auge unerkennbar die zerſtoͤrte Wahrheit
erſetzt, laͤßt ſich wenigſtens nicht mit einer mittheilbaren
Ueberzeugung entdecken was ſie verbirgt oder erſetzt: auch
da wo ein reicherer Stoff haͤufigere erkennbare Punkte der
Wahrheit gewaͤhrt, laͤßt ſie ſich doch nur einzeln, und zu
allgemeinen Anſichten herſtellen. Bis zu dieſem Zeitpunkt
war die alte Dichtung reich, die Annalen welche nach ihr
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[367/0389] Stadt damals dem Markt Campaniens Korn hatte an- kaufen laſſen. Die roͤmiſchen Ausgewanderten erloſchen zerſtreut und huͤlflos. Von der Schlacht am Regillus beginnt Anfangs ſchwach und dunkel, aber allmaͤhlich immer mehr zuſam- menhaͤngend und reicher an hiſtoriſchen Begebenheiten eine wirkliche Geſchichte Roms. Um dieſe Zeit ſcheinen die Annalen der Pontifices, und Triumphalfaſten begonnen zu haben; und viele innre Vorfaͤlle wurden durch unaus- loͤſchliche Spuren den folgenden Geſchlechtern erhalten. Dichteriſche Ausbildung wird jetzt ſelten; ſie erſcheint in einiger Fuͤlle nur noch in Coriolans Geſchichte wieder: aber die hiſtoriſche Wahrheit iſt durch abſichtliche Verfaͤl- ſchung entſtellt, wie ſie bis dahin idealiſchen Bildungen wich. Dieſe Verfaͤlſchung war, vorzuͤglich in der Erzaͤh- lung der Kriegsthaten, Werk der Familieneitelkeit: in der ganzen Darſtellung von Roms aͤußeren Verhaͤltniſſen, des Nationalſtolzes: in den Nachrichten und der Schilderung der innerlichen Verhaͤltniſſe und der buͤrgerlichen Unruhen, des ſtaͤndiſchen Partheygeiſtes. Die falſch aufgetragne Oberflaͤche verraͤth ſich faſt allenthalben; oft, wo ſie auch nicht fuͤr unſer Auge unerkennbar die zerſtoͤrte Wahrheit erſetzt, laͤßt ſich wenigſtens nicht mit einer mittheilbaren Ueberzeugung entdecken was ſie verbirgt oder erſetzt: auch da wo ein reicherer Stoff haͤufigere erkennbare Punkte der Wahrheit gewaͤhrt, laͤßt ſie ſich doch nur einzeln, und zu allgemeinen Anſichten herſtellen. Bis zu dieſem Zeitpunkt war die alte Dichtung reich, die Annalen welche nach ihr anheben, waren urſpruͤnglich aͤußerſt aͤrmlich und duͤrr.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/389>, abgerufen am 21.11.2024.