Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.Muthwillen, nicht bezweifeln: aber besiegt war die Nation Die Schlacht am Regillus steht in der Erzählung die- 24) Ohne Zweifel dem Gedicht gehört auch die Erzählung
bey Dionysius (VI. c. 1.) an: ehe die Feindseligkeiten be- gonnen, hätten Römer und Latiner den bey ihnen verhei- ratheten Frauen aus dem andern Volk gestattet zu ihren Vätern zurückzukehren und ihre Töchter mit sich zu neh- men. Die Römerinnen hätten fast ohne Ausnahme ihre latinischen Männer verlassen: alle Latinerinnen, außer zweyen, wären zu Rom geblieben. Die stolze Tugend der Matronen blühte noch in voller Reinheit als jene alten Lieder gesungen wurden, und der Dichter verweilte gern bey ihr. Muthwillen, nicht bezweifeln: aber beſiegt war die Nation Die Schlacht am Regillus ſteht in der Erzaͤhlung die- 24) Ohne Zweifel dem Gedicht gehoͤrt auch die Erzaͤhlung
bey Dionyſius (VI. c. 1.) an: ehe die Feindſeligkeiten be- gonnen, haͤtten Roͤmer und Latiner den bey ihnen verhei- ratheten Frauen aus dem andern Volk geſtattet zu ihren Vaͤtern zuruͤckzukehren und ihre Toͤchter mit ſich zu neh- men. Die Roͤmerinnen haͤtten faſt ohne Ausnahme ihre latiniſchen Maͤnner verlaſſen: alle Latinerinnen, außer zweyen, waͤren zu Rom geblieben. Die ſtolze Tugend der Matronen bluͤhte noch in voller Reinheit als jene alten Lieder geſungen wurden, und der Dichter verweilte gern bey ihr. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0386" n="364"/> Muthwillen, nicht bezweifeln: aber beſiegt war die Nation<lb/> nicht welche einen Frieden ſchloß wie ihn Latium erhielt,<lb/> obwohl ein gleiches Buͤndniß damals fuͤr Rom ein großer<lb/> Gewinn war, wenn es auch dadurch den Hoheitsrechten<lb/> foͤrmlich entſagte die es noch im Karthaginienſiſchen Ver-<lb/> trag geltend gemacht hatte.</p><lb/> <p>Die Schlacht am Regillus ſteht in der Erzaͤhlung die-<lb/> ſes Kriegs ganz einzeln da, faſt ohne fruͤhere Vorfaͤlle,<lb/> und ohne Folgen. Von fruͤheren Verfaͤllen wird allein er-<lb/> waͤhnt daß Praͤneſte <choice><sic>anf</sic><corr>auf</corr></choice> Roms Seite getreten ſey: und<lb/> dies erklaͤrt, wie der Krieg in dieſen Gegenden entſchieden<lb/> werden konnte. Die Roͤmer kamen wahrſcheinlich zum<lb/> Entſatz der von den Latinern eingeſchloſſenen Stadt.<lb/> Sonſt iſt jede hiſtoriſche Kunde von dieſem Kriege verloh-<lb/> ren, und die von der entſcheidenden Schlacht nicht weni-<lb/> ger als die von allen andern Vorfaͤllen. Denn die Anna-<lb/> len ſchildern kein Gefecht zweyer Heere, ſondern einen<lb/> Heroenkampf, wie die Schlachten der Iliade <note place="foot" n="24)">Ohne Zweifel dem Gedicht gehoͤrt auch die Erzaͤhlung<lb/> bey Dionyſius (<hi rendition="#aq">VI. c.</hi> 1.) an: ehe die Feindſeligkeiten be-<lb/> gonnen, haͤtten Roͤmer und Latiner den bey ihnen verhei-<lb/> ratheten Frauen aus dem andern Volk geſtattet zu ihren<lb/> Vaͤtern zuruͤckzukehren und ihre Toͤchter mit ſich zu neh-<lb/> men. Die Roͤmerinnen haͤtten faſt ohne Ausnahme ihre<lb/> latiniſchen Maͤnner verlaſſen: alle Latinerinnen, außer<lb/> zweyen, waͤren zu Rom geblieben. Die ſtolze Tugend der<lb/> Matronen bluͤhte noch in voller Reinheit als jene alten<lb/> Lieder geſungen wurden, und der Dichter verweilte gern<lb/> bey ihr.</note>. Alle<lb/> Feldherrn begegnen ſich in Zweykaͤmpfen, und dieſe wen-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [364/0386]
Muthwillen, nicht bezweifeln: aber beſiegt war die Nation
nicht welche einen Frieden ſchloß wie ihn Latium erhielt,
obwohl ein gleiches Buͤndniß damals fuͤr Rom ein großer
Gewinn war, wenn es auch dadurch den Hoheitsrechten
foͤrmlich entſagte die es noch im Karthaginienſiſchen Ver-
trag geltend gemacht hatte.
Die Schlacht am Regillus ſteht in der Erzaͤhlung die-
ſes Kriegs ganz einzeln da, faſt ohne fruͤhere Vorfaͤlle,
und ohne Folgen. Von fruͤheren Verfaͤllen wird allein er-
waͤhnt daß Praͤneſte auf Roms Seite getreten ſey: und
dies erklaͤrt, wie der Krieg in dieſen Gegenden entſchieden
werden konnte. Die Roͤmer kamen wahrſcheinlich zum
Entſatz der von den Latinern eingeſchloſſenen Stadt.
Sonſt iſt jede hiſtoriſche Kunde von dieſem Kriege verloh-
ren, und die von der entſcheidenden Schlacht nicht weni-
ger als die von allen andern Vorfaͤllen. Denn die Anna-
len ſchildern kein Gefecht zweyer Heere, ſondern einen
Heroenkampf, wie die Schlachten der Iliade 24). Alle
Feldherrn begegnen ſich in Zweykaͤmpfen, und dieſe wen-
24) Ohne Zweifel dem Gedicht gehoͤrt auch die Erzaͤhlung
bey Dionyſius (VI. c. 1.) an: ehe die Feindſeligkeiten be-
gonnen, haͤtten Roͤmer und Latiner den bey ihnen verhei-
ratheten Frauen aus dem andern Volk geſtattet zu ihren
Vaͤtern zuruͤckzukehren und ihre Toͤchter mit ſich zu neh-
men. Die Roͤmerinnen haͤtten faſt ohne Ausnahme ihre
latiniſchen Maͤnner verlaſſen: alle Latinerinnen, außer
zweyen, waͤren zu Rom geblieben. Die ſtolze Tugend der
Matronen bluͤhte noch in voller Reinheit als jene alten
Lieder geſungen wurden, und der Dichter verweilte gern
bey ihr.
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