kannt war. Doch aber, wie vieles auch die Römische Herrschaft zertreten hat, müssen wir dankbar erkennen was sie stiftete und erhielt. Sie hat fast alle Städte ge- gründet oder belebt, welche innerhalb ihres alten Umfangs noch jetzt bestehen; die Sprachen des westlichen Europa, aus der lateinischen erzeugt, erhielten ihre Litteratur zu- gänglich, und machten ihre Wiederbelebung möglich. Ja die Römische Herrschaft hat ohne Zweifel Griechen- land und die griechischen Schriften erhalten; denn wäre der Osten nicht durch die Kräfte eines großen Reichs ge- schützt worden, so hätten die Barbaren diese entvölkerten und geschwächten Gegenden wahrscheinlich schon sehr früh, unfehlbar aber in den Zeiten der großen Völkerbewegun- gen, überwältigt, und mit den entarteten Griechen auch die Schätze vertilgt, welche sie für auflebende Jahrhun- derte bewahrten. Roms Gesetzgebung war wenigstens für die römisch gewordenen Völker ein großer Vortheil, so wie sie auch uns unentbehrlich bleiben wird, da wir die unsrer Vorfahren nicht ausgebildet, und ihren Geist verlohren haben: und wie die Vereinigung der römi- schen Welt der Ausbreitung der Religion nothwendig war, wie Rom als ihr Mittelpunkt das gesammte Abendland bildete und erleuchtete, wird von Unpar- theyischen jetzt wohl nicht leicht verkannt und geläug- net. So können wir auf diese große Periode der Ge- schichte mit der Beruhigung zurücksehen, daß den fol- genden Geschlechtern, nach der Noth und dem Unter- gang ihrer Vorfahren, durch das, was sich festsetzte, wohl geworden ist. Von möglichen Ereignissen zu reden,
die
kannt war. Doch aber, wie vieles auch die Roͤmiſche Herrſchaft zertreten hat, muͤſſen wir dankbar erkennen was ſie ſtiftete und erhielt. Sie hat faſt alle Staͤdte ge- gruͤndet oder belebt, welche innerhalb ihres alten Umfangs noch jetzt beſtehen; die Sprachen des weſtlichen Europa, aus der lateiniſchen erzeugt, erhielten ihre Litteratur zu- gaͤnglich, und machten ihre Wiederbelebung moͤglich. Ja die Roͤmiſche Herrſchaft hat ohne Zweifel Griechen- land und die griechiſchen Schriften erhalten; denn waͤre der Oſten nicht durch die Kraͤfte eines großen Reichs ge- ſchuͤtzt worden, ſo haͤtten die Barbaren dieſe entvoͤlkerten und geſchwaͤchten Gegenden wahrſcheinlich ſchon ſehr fruͤh, unfehlbar aber in den Zeiten der großen Voͤlkerbewegun- gen, uͤberwaͤltigt, und mit den entarteten Griechen auch die Schaͤtze vertilgt, welche ſie fuͤr auflebende Jahrhun- derte bewahrten. Roms Geſetzgebung war wenigſtens fuͤr die roͤmiſch gewordenen Voͤlker ein großer Vortheil, ſo wie ſie auch uns unentbehrlich bleiben wird, da wir die unſrer Vorfahren nicht ausgebildet, und ihren Geiſt verlohren haben: und wie die Vereinigung der roͤmi- ſchen Welt der Ausbreitung der Religion nothwendig war, wie Rom als ihr Mittelpunkt das geſammte Abendland bildete und erleuchtete, wird von Unpar- theyiſchen jetzt wohl nicht leicht verkannt und gelaͤug- net. So koͤnnen wir auf dieſe große Periode der Ge- ſchichte mit der Beruhigung zuruͤckſehen, daß den fol- genden Geſchlechtern, nach der Noth und dem Unter- gang ihrer Vorfahren, durch das, was ſich feſtſetzte, wohl geworden iſt. Von moͤglichen Ereigniſſen zu reden,
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kannt war. Doch aber, wie vieles auch die Roͤmiſche
Herrſchaft zertreten hat, muͤſſen wir dankbar erkennen
was ſie ſtiftete und erhielt. Sie hat faſt alle Staͤdte ge-
gruͤndet oder belebt, welche innerhalb ihres alten Umfangs
noch jetzt beſtehen; die Sprachen des weſtlichen Europa,
aus der lateiniſchen erzeugt, erhielten ihre Litteratur zu-
gaͤnglich, und machten ihre Wiederbelebung moͤglich.
Ja die Roͤmiſche Herrſchaft hat ohne Zweifel Griechen-
land und die griechiſchen Schriften erhalten; denn waͤre
der Oſten nicht durch die Kraͤfte eines großen Reichs ge-
ſchuͤtzt worden, ſo haͤtten die Barbaren dieſe entvoͤlkerten
und geſchwaͤchten Gegenden wahrſcheinlich ſchon ſehr fruͤh,
unfehlbar aber in den Zeiten der großen Voͤlkerbewegun-
gen, uͤberwaͤltigt, und mit den entarteten Griechen auch
die Schaͤtze vertilgt, welche ſie fuͤr auflebende Jahrhun-
derte bewahrten. Roms Geſetzgebung war wenigſtens fuͤr
die roͤmiſch gewordenen Voͤlker ein großer Vortheil, ſo
wie ſie auch uns unentbehrlich bleiben wird, da wir die
unſrer Vorfahren nicht ausgebildet, und ihren Geiſt
verlohren haben: und wie die Vereinigung der roͤmi-
ſchen Welt der Ausbreitung der Religion nothwendig
war, wie Rom als ihr Mittelpunkt das geſammte
Abendland bildete und erleuchtete, wird von Unpar-
theyiſchen jetzt wohl nicht leicht verkannt und gelaͤug-
net. So koͤnnen wir auf dieſe große Periode der Ge-
ſchichte mit der Beruhigung zuruͤckſehen, daß den fol-
genden Geſchlechtern, nach der Noth und dem Unter-
gang ihrer Vorfahren, durch das, was ſich feſtſetzte,
wohl geworden iſt. Von moͤglichen Ereigniſſen zu reden,
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/38>, abgerufen am 22.11.2024.
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