ser, dem seine Verbrechen nur die Wahl eines noch grö- ßeren ließen, ergriff den schwachen Greis, trug ihn fort, und schleuderte ihn die steinernen Stufen hinunter. Blu- tend und gelähmt ward Servius von seinen Treuen em- porgehoben und weggeführt, aber ehe er seine Wohnung erreichen konnte, erreichten und ermordeten ihn Diener des Tyrannen: die Leiche ließen sie in ihrem Blut liegen.
Inzwischen hatte Tullia die Botschaft vom Erfolg der Empörung nicht erwarten können. Sie fuhr mitten durch den Tumult zur Curie, und begrüßte ihren Gemahl als König. Ihm selbst war ihr Frohlocken gräßlich; er hieß sie zurückkehren. In einer Gasse, die von der Zeit an im- mer den Nahmen der Verruchten trug, lag die Leiche ih- res Vaters vor ihr. Die Maulthiere wichen zurück: der Knecht hielt die Zügel an, da gebot ihm die Rasende sie über den Leichnam hinzutreiben: Blut besprützte den Wagen und ihr Gewand.
Nach einer andern Sage, die Ovid ausbildet 62), erregte Tarquinius Vermessenheit ein Gefecht zwischen sei- nen Anhängern und denen die dem Könige treu waren; worin dieser, am Fuß der Esquilien, nach seiner Woh- nung flüchtend erschlagen ward: und die blutige Leiche lag dem Wagen der Tullia im Wege, als sie hinfuhr Be- sitz vom Königshause zu nehmen.
Servius soll vier und vierzig Jahre über Rom ge- herrscht haben. Er war vom Volk angebetet: denn er vereinigte alle Tugenden. Wie er weise und freundlich regierte, war er in seiner Jugend der bravste Soldat ge-
62)Fast. VI. v. 598 ff.
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ſer, dem ſeine Verbrechen nur die Wahl eines noch groͤ- ßeren ließen, ergriff den ſchwachen Greis, trug ihn fort, und ſchleuderte ihn die ſteinernen Stufen hinunter. Blu- tend und gelaͤhmt ward Servius von ſeinen Treuen em- porgehoben und weggefuͤhrt, aber ehe er ſeine Wohnung erreichen konnte, erreichten und ermordeten ihn Diener des Tyrannen: die Leiche ließen ſie in ihrem Blut liegen.
Inzwiſchen hatte Tullia die Botſchaft vom Erfolg der Empoͤrung nicht erwarten koͤnnen. Sie fuhr mitten durch den Tumult zur Curie, und begruͤßte ihren Gemahl als Koͤnig. Ihm ſelbſt war ihr Frohlocken graͤßlich; er hieß ſie zuruͤckkehren. In einer Gaſſe, die von der Zeit an im- mer den Nahmen der Verruchten trug, lag die Leiche ih- res Vaters vor ihr. Die Maulthiere wichen zuruͤck: der Knecht hielt die Zuͤgel an, da gebot ihm die Raſende ſie uͤber den Leichnam hinzutreiben: Blut beſpruͤtzte den Wagen und ihr Gewand.
Nach einer andern Sage, die Ovid ausbildet 62), erregte Tarquinius Vermeſſenheit ein Gefecht zwiſchen ſei- nen Anhaͤngern und denen die dem Koͤnige treu waren; worin dieſer, am Fuß der Eſquilien, nach ſeiner Woh- nung fluͤchtend erſchlagen ward: und die blutige Leiche lag dem Wagen der Tullia im Wege, als ſie hinfuhr Be- ſitz vom Koͤnigshauſe zu nehmen.
Servius ſoll vier und vierzig Jahre uͤber Rom ge- herrſcht haben. Er war vom Volk angebetet: denn er vereinigte alle Tugenden. Wie er weiſe und freundlich regierte, war er in ſeiner Jugend der bravſte Soldat ge-
62)Fast. VI. v. 598 ff.
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ſer, dem ſeine Verbrechen nur die Wahl eines noch groͤ-
ßeren ließen, ergriff den ſchwachen Greis, trug ihn fort,
und ſchleuderte ihn die ſteinernen Stufen hinunter. Blu-
tend und gelaͤhmt ward Servius von ſeinen Treuen em-
porgehoben und weggefuͤhrt, aber ehe er ſeine Wohnung
erreichen konnte, erreichten und ermordeten ihn Diener
des Tyrannen: die Leiche ließen ſie in ihrem Blut liegen.
Inzwiſchen hatte Tullia die Botſchaft vom Erfolg der
Empoͤrung nicht erwarten koͤnnen. Sie fuhr mitten durch
den Tumult zur Curie, und begruͤßte ihren Gemahl als
Koͤnig. Ihm ſelbſt war ihr Frohlocken graͤßlich; er hieß
ſie zuruͤckkehren. In einer Gaſſe, die von der Zeit an im-
mer den Nahmen der Verruchten trug, lag die Leiche ih-
res Vaters vor ihr. Die Maulthiere wichen zuruͤck: der
Knecht hielt die Zuͤgel an, da gebot ihm die Raſende ſie
uͤber den Leichnam hinzutreiben: Blut beſpruͤtzte den
Wagen und ihr Gewand.
Nach einer andern Sage, die Ovid ausbildet 62),
erregte Tarquinius Vermeſſenheit ein Gefecht zwiſchen ſei-
nen Anhaͤngern und denen die dem Koͤnige treu waren;
worin dieſer, am Fuß der Eſquilien, nach ſeiner Woh-
nung fluͤchtend erſchlagen ward: und die blutige Leiche
lag dem Wagen der Tullia im Wege, als ſie hinfuhr Be-
ſitz vom Koͤnigshauſe zu nehmen.
Servius ſoll vier und vierzig Jahre uͤber Rom ge-
herrſcht haben. Er war vom Volk angebetet: denn er
vereinigte alle Tugenden. Wie er weiſe und freundlich
regierte, war er in ſeiner Jugend der bravſte Soldat ge-
62) Fast. VI. v. 598 ff.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/313>, abgerufen am 25.11.2024.
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