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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Ich bin weit entfernt die Wahrscheinlichkeit läugnen
zu wollen daß mancher reiche Patricier die Aussteuer und
den Gehalt genoß, ohne einiges Bedürfniß, wie mancher
arme von gleicher Geburt davon ausgeschlossen war. Da-
von ist ein Beyspiel bekannt von L. Tarquitius, dem
Freunde des großen Cincinnatus, der zu Fuß dienen
mußte, weil er ein Pferd nicht bezahlen und unterhalten
konnte. Der Sinn des Gesetzes war aber wohl, daß wenn
auch die Patricier im Allgemeinen gewiß entschieden der
reichste Theil der Nation waren, viele von ihnen dennoch
in einer Armuth lebten, welche ihnen den Ritterdienst,
wie dem Tarquitius, unmöglich gemacht, und sie wo nicht
in die geringste Klasse, wenigstens in die fünfte und unter
die Leichtbewaffneten verwiesen haben würde. Diese also
wollte der Staat mit Pferden und mit Geld zu ihrer Un-
terhaltung versorgen, damit sie anständig dienen könnten.
So wie aber Reichthum, nach der eignen leidigen Mei-
nung des Adels, den Plebejer ihm am nächsten bringt, so
wurden die plebejischen Ritter, von denen im vierten
Jahrhundert ausdrücklich geredet wird, unstreitig unter
den Reichen gewählt, deren Vermögen zum Roßdienst
hinreichte, sofern sie nicht unverarmte Nachkommen der
ersten neuen Ritter des Königs Tarquinius waren.

Die Plebejer waren in fünf Klassen getheilt, die de-
ren Vermögen über 100,000, 75,000, 50,000, 25,000
und 12,500 35) Asse betrug: die erste Klasse war völ-

35) Diese fortschreitende Unterabtheilung welche Dionysius
angiebt (IV. c. 17: 1250 Drachmen) hat weit mehr innre
Wahrscheinlichkeit als Livius Zahl: 11000 Asse.

Ich bin weit entfernt die Wahrſcheinlichkeit laͤugnen
zu wollen daß mancher reiche Patricier die Ausſteuer und
den Gehalt genoß, ohne einiges Beduͤrfniß, wie mancher
arme von gleicher Geburt davon ausgeſchloſſen war. Da-
von iſt ein Beyſpiel bekannt von L. Tarquitius, dem
Freunde des großen Cincinnatus, der zu Fuß dienen
mußte, weil er ein Pferd nicht bezahlen und unterhalten
konnte. Der Sinn des Geſetzes war aber wohl, daß wenn
auch die Patricier im Allgemeinen gewiß entſchieden der
reichſte Theil der Nation waren, viele von ihnen dennoch
in einer Armuth lebten, welche ihnen den Ritterdienſt,
wie dem Tarquitius, unmoͤglich gemacht, und ſie wo nicht
in die geringſte Klaſſe, wenigſtens in die fuͤnfte und unter
die Leichtbewaffneten verwieſen haben wuͤrde. Dieſe alſo
wollte der Staat mit Pferden und mit Geld zu ihrer Un-
terhaltung verſorgen, damit ſie anſtaͤndig dienen koͤnnten.
So wie aber Reichthum, nach der eignen leidigen Mei-
nung des Adels, den Plebejer ihm am naͤchſten bringt, ſo
wurden die plebejiſchen Ritter, von denen im vierten
Jahrhundert ausdruͤcklich geredet wird, unſtreitig unter
den Reichen gewaͤhlt, deren Vermoͤgen zum Roßdienſt
hinreichte, ſofern ſie nicht unverarmte Nachkommen der
erſten neuen Ritter des Koͤnigs Tarquinius waren.

Die Plebejer waren in fuͤnf Klaſſen getheilt, die de-
ren Vermoͤgen uͤber 100,000, 75,000, 50,000, 25,000
und 12,500 35) Aſſe betrug: die erſte Klaſſe war voͤl-

35) Dieſe fortſchreitende Unterabtheilung welche Dionyſius
angiebt (IV. c. 17: 1250 Drachmen) hat weit mehr innre
Wahrſcheinlichkeit als Livius Zahl: 11000 Aſſe.
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[266/0288] Ich bin weit entfernt die Wahrſcheinlichkeit laͤugnen zu wollen daß mancher reiche Patricier die Ausſteuer und den Gehalt genoß, ohne einiges Beduͤrfniß, wie mancher arme von gleicher Geburt davon ausgeſchloſſen war. Da- von iſt ein Beyſpiel bekannt von L. Tarquitius, dem Freunde des großen Cincinnatus, der zu Fuß dienen mußte, weil er ein Pferd nicht bezahlen und unterhalten konnte. Der Sinn des Geſetzes war aber wohl, daß wenn auch die Patricier im Allgemeinen gewiß entſchieden der reichſte Theil der Nation waren, viele von ihnen dennoch in einer Armuth lebten, welche ihnen den Ritterdienſt, wie dem Tarquitius, unmoͤglich gemacht, und ſie wo nicht in die geringſte Klaſſe, wenigſtens in die fuͤnfte und unter die Leichtbewaffneten verwieſen haben wuͤrde. Dieſe alſo wollte der Staat mit Pferden und mit Geld zu ihrer Un- terhaltung verſorgen, damit ſie anſtaͤndig dienen koͤnnten. So wie aber Reichthum, nach der eignen leidigen Mei- nung des Adels, den Plebejer ihm am naͤchſten bringt, ſo wurden die plebejiſchen Ritter, von denen im vierten Jahrhundert ausdruͤcklich geredet wird, unſtreitig unter den Reichen gewaͤhlt, deren Vermoͤgen zum Roßdienſt hinreichte, ſofern ſie nicht unverarmte Nachkommen der erſten neuen Ritter des Koͤnigs Tarquinius waren. Die Plebejer waren in fuͤnf Klaſſen getheilt, die de- ren Vermoͤgen uͤber 100,000, 75,000, 50,000, 25,000 und 12,500 35) Aſſe betrug: die erſte Klaſſe war voͤl- 35) Dieſe fortſchreitende Unterabtheilung welche Dionyſius angiebt (IV. c. 17: 1250 Drachmen) hat weit mehr innre Wahrſcheinlichkeit als Livius Zahl: 11000 Aſſe.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/288>, abgerufen am 25.11.2024.