versammelt geworden wären; daher hätten jene Beru- fene geheißen 6).
Es gab keinen Staat in dem edeln und freyen Theil der alten Welt, von Tyrus bis Gades, ohne einen Senat und ohne eine Gemeindeversammlung. Die Verschieden- heit der Verfassungen bestand darin, wer zu der Gemeinde berufen ward. Als nur noch eine Tribus den Senat füllte, scheinen doch die beyden übrigen mit jener in der Volks- gemeinde versammelt gewesen zu seyn: das war die erste Erweiterung der Freyheit, und sie vollendete König Tar- quinius, daß jede Tribus eine gleiche Zahl Senatoren er- hielt: daß die bis dahin Bürger waren alle Patricier im späteren Sinn wurden. Der Nahme scheint schon früher, nach Cincius Zeugniß, den Freyen wie den Edeln gemein- schaftlich gewesen zu seyn 7). Bis dahin war die dritte Tribus, was nachher die Plebs ward, ein freyer drit- ter Stand.
Zuverlässig darf es nicht bezweifelt werden, daß Pa- tronat und Clientel zu den Grundeinrichtungen des römi- schen Staats gehören, und daß die Clienten, als Vasal- len, auf den weitläuftigen Landbesitzungen der Ritter
6) Bey Gellius a. a. O. Curiata comitia per lictorem cu- riatum calari, id est convocari; centuriata per cornici- nem. Das ist augenscheinlich Mißverständniß entweder des Lälius oder Gellius selbst, daß beyde Calata genannt wä- ren: das beweißt auch daß er fortfährt die detestatio sa- crorum und die Verfassung der Testamente wäre in diesen Comitien geschehen: beydes gehörte unläugbar vor die Curien.
7) Festus s. v. Patricios.
verſammelt geworden waͤren; daher haͤtten jene Beru- fene geheißen 6).
Es gab keinen Staat in dem edeln und freyen Theil der alten Welt, von Tyrus bis Gades, ohne einen Senat und ohne eine Gemeindeverſammlung. Die Verſchieden- heit der Verfaſſungen beſtand darin, wer zu der Gemeinde berufen ward. Als nur noch eine Tribus den Senat fuͤllte, ſcheinen doch die beyden uͤbrigen mit jener in der Volks- gemeinde verſammelt geweſen zu ſeyn: das war die erſte Erweiterung der Freyheit, und ſie vollendete Koͤnig Tar- quinius, daß jede Tribus eine gleiche Zahl Senatoren er- hielt: daß die bis dahin Buͤrger waren alle Patricier im ſpaͤteren Sinn wurden. Der Nahme ſcheint ſchon fruͤher, nach Cincius Zeugniß, den Freyen wie den Edeln gemein- ſchaftlich geweſen zu ſeyn 7). Bis dahin war die dritte Tribus, was nachher die Plebs ward, ein freyer drit- ter Stand.
Zuverlaͤſſig darf es nicht bezweifelt werden, daß Pa- tronat und Clientel zu den Grundeinrichtungen des roͤmi- ſchen Staats gehoͤren, und daß die Clienten, als Vaſal- len, auf den weitlaͤuftigen Landbeſitzungen der Ritter
6) Bey Gellius a. a. O. Curiata comitia per lictorem cu- riatum calari, id est convocari; centuriata per cornici- nem. Das iſt augenſcheinlich Mißverſtaͤndniß entweder des Laͤlius oder Gellius ſelbſt, daß beyde Calata genannt waͤ- ren: das beweißt auch daß er fortfaͤhrt die detestatio sa- crorum und die Verfaſſung der Teſtamente waͤre in dieſen Comitien geſchehen: beydes gehoͤrte unlaͤugbar vor die Curien.
7) Feſtus s. v. Patricios.
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verſammelt geworden waͤren; daher haͤtten jene Beru-
fene geheißen 6).
Es gab keinen Staat in dem edeln und freyen Theil
der alten Welt, von Tyrus bis Gades, ohne einen Senat
und ohne eine Gemeindeverſammlung. Die Verſchieden-
heit der Verfaſſungen beſtand darin, wer zu der Gemeinde
berufen ward. Als nur noch eine Tribus den Senat fuͤllte,
ſcheinen doch die beyden uͤbrigen mit jener in der Volks-
gemeinde verſammelt geweſen zu ſeyn: das war die erſte
Erweiterung der Freyheit, und ſie vollendete Koͤnig Tar-
quinius, daß jede Tribus eine gleiche Zahl Senatoren er-
hielt: daß die bis dahin Buͤrger waren alle Patricier im
ſpaͤteren Sinn wurden. Der Nahme ſcheint ſchon fruͤher,
nach Cincius Zeugniß, den Freyen wie den Edeln gemein-
ſchaftlich geweſen zu ſeyn 7). Bis dahin war die dritte
Tribus, was nachher die Plebs ward, ein freyer drit-
ter Stand.
Zuverlaͤſſig darf es nicht bezweifelt werden, daß Pa-
tronat und Clientel zu den Grundeinrichtungen des roͤmi-
ſchen Staats gehoͤren, und daß die Clienten, als Vaſal-
len, auf den weitlaͤuftigen Landbeſitzungen der Ritter
6) Bey Gellius a. a. O. Curiata comitia per lictorem cu-
riatum calari, id est convocari; centuriata per cornici-
nem. Das iſt augenſcheinlich Mißverſtaͤndniß entweder des
Laͤlius oder Gellius ſelbſt, daß beyde Calata genannt waͤ-
ren: das beweißt auch daß er fortfaͤhrt die detestatio sa-
crorum und die Verfaſſung der Teſtamente waͤre in dieſen
Comitien geſchehen: beydes gehoͤrte unlaͤugbar vor die
Curien.
7) Feſtus s. v. Patricios.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/257>, abgerufen am 16.02.2025.
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