der Zahlen, besonders nach der Chronologie des Africanus (oder der Eusebischen Chronik), worin ich die des Fabius erkenne. Von der Gründung Roms bis auf die Einnahme sind hier 360 Jahre: (Roms Grundzahl zwölf, dreyßig Mal) und dieser Zeitraum als eine Einheit zerfällt in drey Theile. Ein Drittheil füllen genau die drey ersten Kö- nige, bis 120: das zweyte die übrigen, bis auf Tarqui- nius Verbannung: das dritte die Republik. Solche ge- naue Abtheilungen gewährt die wahre Geschichte nie: sie sind ein unverkennbares Zeichen geflissentlicher Anordnung eines religiös an Zahlenheiligkeit hängenden Sinns. Die gewöhnlichen Fasten sind übrigens noch im vierten und fünften Jahrhundert der Stadt voll auffallender Unrich- tigkeiten, worüber ich weiterhin genauer reden werde.
Am höchsten scheint Ennius die Erbauung der Stadt hinaufgesetzt zu haben: nämlich etwa hundert und zwan- zig Jahre über den Anfang der catonischen Aera, und fast ein Jahrhundert über die Olympiaden hinaus; doch dies ist täuschender Schein, der aber ein anderes höchst wich- tiges Resultat giebt 42).
Unter den Geschichtschreibern hat Timäus zuerst Roms Alter chronologisch angegeben: doch seine Zeitbe- stimmung, da er Rom wahrscheinlich nie besuchte, und sich mit mündlichen Erzählungen der Einheimischen, und griechisch geschriebnen italischen Chroniken begnügen mußte, kann auch nach seinem eignen Sinn nur als eine
42) Bey Varro de re rust. III. c. 1. S. unten S. 204. New- ton muß Nävius mit Ennius verwechselt haben. Chrono- logy, p. 129. Aber auch über Timäus irrt er.
der Zahlen, beſonders nach der Chronologie des Africanus (oder der Euſebiſchen Chronik), worin ich die des Fabius erkenne. Von der Gruͤndung Roms bis auf die Einnahme ſind hier 360 Jahre: (Roms Grundzahl zwoͤlf, dreyßig Mal) und dieſer Zeitraum als eine Einheit zerfaͤllt in drey Theile. Ein Drittheil fuͤllen genau die drey erſten Koͤ- nige, bis 120: das zweyte die uͤbrigen, bis auf Tarqui- nius Verbannung: das dritte die Republik. Solche ge- naue Abtheilungen gewaͤhrt die wahre Geſchichte nie: ſie ſind ein unverkennbares Zeichen gefliſſentlicher Anordnung eines religioͤs an Zahlenheiligkeit haͤngenden Sinns. Die gewoͤhnlichen Faſten ſind uͤbrigens noch im vierten und fuͤnften Jahrhundert der Stadt voll auffallender Unrich- tigkeiten, woruͤber ich weiterhin genauer reden werde.
Am hoͤchſten ſcheint Ennius die Erbauung der Stadt hinaufgeſetzt zu haben: naͤmlich etwa hundert und zwan- zig Jahre uͤber den Anfang der catoniſchen Aera, und faſt ein Jahrhundert uͤber die Olympiaden hinaus; doch dies iſt taͤuſchender Schein, der aber ein anderes hoͤchſt wich- tiges Reſultat giebt 42).
Unter den Geſchichtſchreibern hat Timaͤus zuerſt Roms Alter chronologiſch angegeben: doch ſeine Zeitbe- ſtimmung, da er Rom wahrſcheinlich nie beſuchte, und ſich mit muͤndlichen Erzaͤhlungen der Einheimiſchen, und griechiſch geſchriebnen italiſchen Chroniken begnuͤgen mußte, kann auch nach ſeinem eignen Sinn nur als eine
42) Bey Varro de re rust. III. c. 1. S. unten S. 204. New- ton muß Naͤvius mit Ennius verwechſelt haben. Chrono- logy, p. 129. Aber auch uͤber Timaͤus irrt er.
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der Zahlen, beſonders nach der Chronologie des Africanus
(oder der Euſebiſchen Chronik), worin ich die des Fabius
erkenne. Von der Gruͤndung Roms bis auf die Einnahme
ſind hier 360 Jahre: (Roms Grundzahl zwoͤlf, dreyßig
Mal) und dieſer Zeitraum als eine Einheit zerfaͤllt in drey
Theile. Ein Drittheil fuͤllen genau die drey erſten Koͤ-
nige, bis 120: das zweyte die uͤbrigen, bis auf Tarqui-
nius Verbannung: das dritte die Republik. Solche ge-
naue Abtheilungen gewaͤhrt die wahre Geſchichte nie: ſie
ſind ein unverkennbares Zeichen gefliſſentlicher Anordnung
eines religioͤs an Zahlenheiligkeit haͤngenden Sinns. Die
gewoͤhnlichen Faſten ſind uͤbrigens noch im vierten und
fuͤnften Jahrhundert der Stadt voll auffallender Unrich-
tigkeiten, woruͤber ich weiterhin genauer reden werde.
Am hoͤchſten ſcheint Ennius die Erbauung der Stadt
hinaufgeſetzt zu haben: naͤmlich etwa hundert und zwan-
zig Jahre uͤber den Anfang der catoniſchen Aera, und faſt
ein Jahrhundert uͤber die Olympiaden hinaus; doch dies
iſt taͤuſchender Schein, der aber ein anderes hoͤchſt wich-
tiges Reſultat giebt 42).
Unter den Geſchichtſchreibern hat Timaͤus zuerſt
Roms Alter chronologiſch angegeben: doch ſeine Zeitbe-
ſtimmung, da er Rom wahrſcheinlich nie beſuchte, und
ſich mit muͤndlichen Erzaͤhlungen der Einheimiſchen, und
griechiſch geſchriebnen italiſchen Chroniken begnuͤgen
mußte, kann auch nach ſeinem eignen Sinn nur als eine
42) Bey Varro de re rust. III. c. 1. S. unten S. 204. New-
ton muß Naͤvius mit Ennius verwechſelt haben. Chrono-
logy, p. 129. Aber auch uͤber Timaͤus irrt er.
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/210>, abgerufen am 25.11.2024.
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