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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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ganz fremd ist. Seine Ankunft zu Rom als Lucumo:
seine Thaten und Siege: sein Tod: dann Servius Ge-
schichte: Tullias Frevelhochzeit: der Mord des gerechten
Königs: die ganze Geschichte des letzten Tarquinius:
der Fall des Königs und die vorbereitenden Wahrzeichen:
Lucretia: Brutus Verstellung: sein Tod: Porsenas Krieg:
endlich die völlig homerische Schlacht am Regillus, bil-
den eine Epopöe, die an Tiefe und Glanz der Phantasie
alles weit zurückläßt was das spätere Rom hervorbrachte.
So wie der altrömische Vers mit dem langen Verse unsrer
Vorfahren im wesentlichen völlig übereinkommt, so theilt
sich auch diese Epopöe, fremd der Einheit des vollkom-
mensten griechischen Gedichts, in Abschnitte welche den
Aventüren des Nibelungenlieds entsprechen: und hätte je
einer die Kühnheit sie als Gedicht herstellen zu wollen, so
würde er sehr fehlen wenn er eine andere Form erwählte
als diese höchst edle Gestalt.

Diese Lieder sind viel älter als Ennius 27), welcher
sie nur in Hexameter umformte, und in ihnen Stoff für
drey Bücher fand: er der ernsthaft glaubte Roms erster
Dichter zu seyn, weil er die alte einheimische Poesie igno-
rirte, verachtete und mit Erfolg unterdrückte. Ich werde
an einem andern Ort von dieser, und ihrem Untergang
reden. Hier ist nur noch eine Bemerkung nöthig. So
alt wie der epischen Lieder Grundstoff unstreitig war, so

27) -- Scripsere alii rem
Versibu' quos olim Fauni vatesque canebant:
Quom neque Musarum scopulos quisquam superarat,
Nec dicti studiosus erat.
M 2

ganz fremd iſt. Seine Ankunft zu Rom als Lucumo:
ſeine Thaten und Siege: ſein Tod: dann Servius Ge-
ſchichte: Tullias Frevelhochzeit: der Mord des gerechten
Koͤnigs: die ganze Geſchichte des letzten Tarquinius:
der Fall des Koͤnigs und die vorbereitenden Wahrzeichen:
Lucretia: Brutus Verſtellung: ſein Tod: Porſenas Krieg:
endlich die voͤllig homeriſche Schlacht am Regillus, bil-
den eine Epopoͤe, die an Tiefe und Glanz der Phantaſie
alles weit zuruͤcklaͤßt was das ſpaͤtere Rom hervorbrachte.
So wie der altroͤmiſche Vers mit dem langen Verſe unſrer
Vorfahren im weſentlichen voͤllig uͤbereinkommt, ſo theilt
ſich auch dieſe Epopoͤe, fremd der Einheit des vollkom-
menſten griechiſchen Gedichts, in Abſchnitte welche den
Aventuͤren des Nibelungenlieds entſprechen: und haͤtte je
einer die Kuͤhnheit ſie als Gedicht herſtellen zu wollen, ſo
wuͤrde er ſehr fehlen wenn er eine andere Form erwaͤhlte
als dieſe hoͤchſt edle Geſtalt.

Dieſe Lieder ſind viel aͤlter als Ennius 27), welcher
ſie nur in Hexameter umformte, und in ihnen Stoff fuͤr
drey Buͤcher fand: er der ernſthaft glaubte Roms erſter
Dichter zu ſeyn, weil er die alte einheimiſche Poeſie igno-
rirte, verachtete und mit Erfolg unterdruͤckte. Ich werde
an einem andern Ort von dieſer, und ihrem Untergang
reden. Hier iſt nur noch eine Bemerkung noͤthig. So
alt wie der epiſchen Lieder Grundſtoff unſtreitig war, ſo

27)Scripsere alii rem
Versibu’ quos olim Fauni vatesque canebant:
Quom neque Musarum scopulos quisquam superarat,
Nec dicti studiosus erat.
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[179/0201] ganz fremd iſt. Seine Ankunft zu Rom als Lucumo: ſeine Thaten und Siege: ſein Tod: dann Servius Ge- ſchichte: Tullias Frevelhochzeit: der Mord des gerechten Koͤnigs: die ganze Geſchichte des letzten Tarquinius: der Fall des Koͤnigs und die vorbereitenden Wahrzeichen: Lucretia: Brutus Verſtellung: ſein Tod: Porſenas Krieg: endlich die voͤllig homeriſche Schlacht am Regillus, bil- den eine Epopoͤe, die an Tiefe und Glanz der Phantaſie alles weit zuruͤcklaͤßt was das ſpaͤtere Rom hervorbrachte. So wie der altroͤmiſche Vers mit dem langen Verſe unſrer Vorfahren im weſentlichen voͤllig uͤbereinkommt, ſo theilt ſich auch dieſe Epopoͤe, fremd der Einheit des vollkom- menſten griechiſchen Gedichts, in Abſchnitte welche den Aventuͤren des Nibelungenlieds entſprechen: und haͤtte je einer die Kuͤhnheit ſie als Gedicht herſtellen zu wollen, ſo wuͤrde er ſehr fehlen wenn er eine andere Form erwaͤhlte als dieſe hoͤchſt edle Geſtalt. Dieſe Lieder ſind viel aͤlter als Ennius 27), welcher ſie nur in Hexameter umformte, und in ihnen Stoff fuͤr drey Buͤcher fand: er der ernſthaft glaubte Roms erſter Dichter zu ſeyn, weil er die alte einheimiſche Poeſie igno- rirte, verachtete und mit Erfolg unterdruͤckte. Ich werde an einem andern Ort von dieſer, und ihrem Untergang reden. Hier iſt nur noch eine Bemerkung noͤthig. So alt wie der epiſchen Lieder Grundſtoff unſtreitig war, ſo 27) — Scripsere alii rem Versibu’ quos olim Fauni vatesque canebant: Quom neque Musarum scopulos quisquam superarat, Nec dicti studiosus erat. M 2

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/201>, abgerufen am 22.11.2024.