Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

Bild:
<< vorherige Seite



"die Perlen, wo es ihnen gutdünkt, durchbohren, so
"haben alle Sekten Gottes Wort, nach ihrem Sin-
"ne ausgelegt," und es, wie Perlen, auf den Faden
,ihres Lehrsystems gereihet.'

,Die heiligen Bücher sollen mir beständig Quel-
"len des Nachdenkens über Wahrheit
bleiben.
"Wer aber andere Quellen des Nachdenkens über
"Wahrheit zu finden glaubt, besonders, wenn er mit
"mir auf gleiche gemeinsame Wahrheit zurückkommt,
"den verdamme wer will, ich nicht. Berdamme wer
"will, fast ganz Asten und Afrika, und den größten
"Theil von Amerika. Sie kennen diese Bücher nicht
"und doch hat sie der allgemeine Vater, gewiß nicht
"ohne Wahrheit, und ohne Glückseligkeit, ihre Fol-
"ge, lassen wollen.'



,Wenn ich in den heil. Büchern, eine Stelle finde,
"in welcher von einem Gotte die Rede ist; und lese,
"erst nach Jahrhunderten sey gefunden worden, daß
"ein durch ein zu dünnes Pergament durchgeschlage-
"ner Queerstrich *), den Gott veranlaßet hat. Wenn

"ich
*) Jm Alexandrinischen Kodex, scheint, der mittelste Queer-
strich des ersten E in dem Worte EUEBEIA, durch das
Pergament, gerade an der Stelle durch, wo der Spruch
1 Tim. III. 16. geschrieben ist. Dadurch, scheint das O in
oc



„die Perlen, wo es ihnen gutduͤnkt, durchbohren, ſo
„haben alle Sekten Gottes Wort, nach ihrem Sin-
„ne ausgelegt,‟ und es, wie Perlen, auf den Faden
‚ihres Lehrſyſtems gereihet.‛

‚Die heiligen Buͤcher ſollen mir beſtaͤndig Quel-
„len des Nachdenkens uͤber Wahrheit
bleiben.
„Wer aber andere Quellen des Nachdenkens uͤber
„Wahrheit zu finden glaubt, beſonders, wenn er mit
„mir auf gleiche gemeinſame Wahrheit zuruͤckkommt,
„den verdamme wer will, ich nicht. Berdamme wer
„will, faſt ganz Aſten und Afrika, und den groͤßten
„Theil von Amerika. Sie kennen dieſe Buͤcher nicht
„und doch hat ſie der allgemeine Vater, gewiß nicht
„ohne Wahrheit, und ohne Gluͤckſeligkeit, ihre Fol-
„ge, laſſen wollen.‛



‚Wenn ich in den heil. Buͤchern, eine Stelle finde,
„in welcher von einem Gotte die Rede iſt; und leſe,
„erſt nach Jahrhunderten ſey gefunden worden, daß
„ein durch ein zu duͤnnes Pergament durchgeſchlage-
„ner Queerſtrich *), den Gott veranlaßet hat. Wenn

„ich
*) Jm Alexandriniſchen Kodex, ſcheint, der mittelſte Queer-
ſtrich des erſten Ε in dem Worte ΕΥϹΕΒΕΙΑϹ, durch das
Pergament, gerade an der Stelle durch, wo der Spruch
1 Tim. III. 16. geſchrieben iſt. Dadurch, ſcheint das Ο in
oc
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="62[61]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x201E;die <hi rendition="#fr">Perlen,</hi> wo es ihnen gutdu&#x0364;nkt, durchbohren, &#x017F;o<lb/>
&#x201E;haben alle Sekten Gottes Wort, nach ihrem Sin-<lb/>
&#x201E;ne ausgelegt,&#x201F; und es, wie <hi rendition="#fr">Perlen,</hi> auf den Faden<lb/>
&#x201A;ihres Lehr&#x017F;y&#x017F;tems gereihet.&#x201B;</p><lb/>
          <p>&#x201A;Die heiligen Bu&#x0364;cher &#x017F;ollen mir be&#x017F;ta&#x0364;ndig <hi rendition="#fr">Quel-<lb/>
&#x201E;len des Nachdenkens u&#x0364;ber Wahrheit</hi> bleiben.<lb/>
&#x201E;Wer aber andere Quellen des Nachdenkens u&#x0364;ber<lb/>
&#x201E;Wahrheit zu finden glaubt, be&#x017F;onders, wenn er mit<lb/>
&#x201E;mir auf gleiche gemein&#x017F;ame Wahrheit zuru&#x0364;ckkommt,<lb/>
&#x201E;den verdamme wer will, ich nicht. Berdamme wer<lb/>
&#x201E;will, fa&#x017F;t ganz A&#x017F;ten und Afrika, und den gro&#x0364;ßten<lb/>
&#x201E;Theil von Amerika. Sie kennen die&#x017F;e Bu&#x0364;cher nicht<lb/>
&#x201E;und doch hat &#x017F;ie der allgemeine Vater, gewiß nicht<lb/>
&#x201E;ohne Wahrheit, und ohne Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit, ihre Fol-<lb/>
&#x201E;ge, la&#x017F;&#x017F;en wollen.&#x201B;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>&#x201A;Wenn ich in den heil. Bu&#x0364;chern, eine Stelle finde,<lb/>
&#x201E;in welcher von einem <hi rendition="#fr">Gotte</hi> die Rede i&#x017F;t; und le&#x017F;e,<lb/>
&#x201E;er&#x017F;t nach Jahrhunderten &#x017F;ey gefunden worden, daß<lb/>
&#x201E;ein durch ein zu du&#x0364;nnes Pergament durchge&#x017F;chlage-<lb/>
&#x201E;ner Queer&#x017F;trich <note xml:id="seg2pn_1_1" next="#seg2pn_1_2" place="foot" n="*)">Jm Alexandrini&#x017F;chen Kodex, &#x017F;cheint, der mittel&#x017F;te Queer-<lb/>
&#x017F;trich des er&#x017F;ten &#x0395; in dem Worte &#x0395;&#x03A5;&#x03F9;&#x0395;&#x0392;&#x0395;&#x0399;&#x0391;&#x03F9;, durch das<lb/>
Pergament, gerade an der Stelle durch, wo der Spruch<lb/>
1 Tim. <hi rendition="#aq">III.</hi> 16. ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t. Dadurch, &#x017F;cheint das &#x039F; in<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">oc</hi></fw></note>, den Gott veranlaßet hat. Wenn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;ich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62[61]/0070] „die Perlen, wo es ihnen gutduͤnkt, durchbohren, ſo „haben alle Sekten Gottes Wort, nach ihrem Sin- „ne ausgelegt,‟ und es, wie Perlen, auf den Faden ‚ihres Lehrſyſtems gereihet.‛ ‚Die heiligen Buͤcher ſollen mir beſtaͤndig Quel- „len des Nachdenkens uͤber Wahrheit bleiben. „Wer aber andere Quellen des Nachdenkens uͤber „Wahrheit zu finden glaubt, beſonders, wenn er mit „mir auf gleiche gemeinſame Wahrheit zuruͤckkommt, „den verdamme wer will, ich nicht. Berdamme wer „will, faſt ganz Aſten und Afrika, und den groͤßten „Theil von Amerika. Sie kennen dieſe Buͤcher nicht „und doch hat ſie der allgemeine Vater, gewiß nicht „ohne Wahrheit, und ohne Gluͤckſeligkeit, ihre Fol- „ge, laſſen wollen.‛ ‚Wenn ich in den heil. Buͤchern, eine Stelle finde, „in welcher von einem Gotte die Rede iſt; und leſe, „erſt nach Jahrhunderten ſey gefunden worden, daß „ein durch ein zu duͤnnes Pergament durchgeſchlage- „ner Queerſtrich *), den Gott veranlaßet hat. Wenn „ich *) Jm Alexandriniſchen Kodex, ſcheint, der mittelſte Queer- ſtrich des erſten Ε in dem Worte ΕΥϹΕΒΕΙΑϹ, durch das Pergament, gerade an der Stelle durch, wo der Spruch 1 Tim. III. 16. geſchrieben iſt. Dadurch, ſcheint das Ο in oc

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/70
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 62[61]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/70>, abgerufen am 23.11.2024.