Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776."freywillig, viele werden durch Ränke ins Garn ge- "lockt, durch Peinigungen zur Unterschrifft gezwun- "gen, in Gefängnisse gesperrt, mit der elendesten "Kost kaum beym Leben erhalten, und zuletzt oft, "von übler Vegegnung und Kummer abgemergelt, "anstatt aller Erfordernisse, zu einer Seereise von eini- "gen tausend Meilen, kaum mit ein Paar groben "Hemden vorsehen. Und für diese elende Ver- "pflegung werden so große Kosten angesetzt, daß das "unglückliche Schlachtopfer, in Ostindien, wohl "sechs oder sieben Jahre, nicht für sich, sondern für "den Seelhund fahren muß. O! könnte doch die "christliche Obrigkeit dieses Laudes, solche unmensch- "liche Begegnung allezeit wissen, sie würde gewiß die "Gerechtigkeit, die sie sonst immer ausübt, auch hier "ausüben. Sie hat wirklich schon in den wenigen "Fällen, die zu ihrer Kenntniß gekommen sind, exem- "plarisch gestraft. Könnte die edle Ostindische Kom- "pagnie doch nur erfahren, wie unerhört man oft "ihren Namen mißbraucht, sie würde zu ihrem "Ruhme und zu ihrem Nutzen, Bösewichtern "ein schändliches Handwerk dadurch legen, daß sie, "auf dem ostindischen Hause, diejenigen, die sich "ihrem Dienste widmen wollen, öffentlich und "freywillig annehmen, und selbst, unter der Auf- "sicht
„freywillig, viele werden durch Raͤnke ins Garn ge- „lockt, durch Peinigungen zur Unterſchrifft gezwun- „gen, in Gefaͤngniſſe geſperrt, mit der elendeſten „Koſt kaum beym Leben erhalten, und zuletzt oft, „von uͤbler Vegegnung und Kummer abgemergelt, „anſtatt aller Erforderniſſe, zu einer Seereiſe von eini- „gen tauſend Meilen, kaum mit ein Paar groben „Hemden vorſehen. Und fuͤr dieſe elende Ver- „pflegung werden ſo große Koſten angeſetzt, daß das „ungluͤckliche Schlachtopfer, in Oſtindien, wohl „ſechs oder ſieben Jahre, nicht fuͤr ſich, ſondern fuͤr „den Seelhund fahren muß. O! koͤnnte doch die „chriſtliche Obrigkeit dieſes Laudes, ſolche unmenſch- „liche Begegnung allezeit wiſſen, ſie wuͤrde gewiß die „Gerechtigkeit, die ſie ſonſt immer ausuͤbt, auch hier „ausuͤben. Sie hat wirklich ſchon in den wenigen „Faͤllen, die zu ihrer Kenntniß gekommen ſind, exem- „plariſch geſtraft. Koͤnnte die edle Oſtindiſche Kom- „pagnie doch nur erfahren, wie unerhoͤrt man oft „ihren Namen mißbraucht, ſie wuͤrde zu ihrem „Ruhme und zu ihrem Nutzen, Boͤſewichtern „ein ſchaͤndliches Handwerk dadurch legen, daß ſie, „auf dem oſtindiſchen Hauſe, diejenigen, die ſich „ihrem Dienſte widmen wollen, oͤffentlich und „freywillig annehmen, und ſelbſt, unter der Auf- „ſicht
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„freywillig, viele werden durch Raͤnke ins Garn ge-
„lockt, durch Peinigungen zur Unterſchrifft gezwun-
„gen, in Gefaͤngniſſe geſperrt, mit der elendeſten
„Koſt kaum beym Leben erhalten, und zuletzt oft,
„von uͤbler Vegegnung und Kummer abgemergelt,
„anſtatt aller Erforderniſſe, zu einer Seereiſe von eini-
„gen tauſend Meilen, kaum mit ein Paar groben
„Hemden vorſehen. Und fuͤr dieſe elende Ver-
„pflegung werden ſo große Koſten angeſetzt, daß das
„ungluͤckliche Schlachtopfer, in Oſtindien, wohl
„ſechs oder ſieben Jahre, nicht fuͤr ſich, ſondern fuͤr
„den Seelhund fahren muß. O! koͤnnte doch die
„chriſtliche Obrigkeit dieſes Laudes, ſolche unmenſch-
„liche Begegnung allezeit wiſſen, ſie wuͤrde gewiß die
„Gerechtigkeit, die ſie ſonſt immer ausuͤbt, auch hier
„ausuͤben. Sie hat wirklich ſchon in den wenigen
„Faͤllen, die zu ihrer Kenntniß gekommen ſind, exem-
„plariſch geſtraft. Koͤnnte die edle Oſtindiſche Kom-
„pagnie doch nur erfahren, wie unerhoͤrt man oft
„ihren Namen mißbraucht, ſie wuͤrde zu ihrem
„Ruhme und zu ihrem Nutzen, Boͤſewichtern
„ein ſchaͤndliches Handwerk dadurch legen, daß ſie,
„auf dem oſtindiſchen Hauſe, diejenigen, die ſich
„ihrem Dienſte widmen wollen, oͤffentlich und
„freywillig annehmen, und ſelbſt, unter der Auf-
„ſicht
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