allem was Liebe bitteres und süßes hat gemischt, Sebaldus beweglichste Vorstellungen, halfen nichts. Er schloß sie nochmals in seine Arme, und betheuerte mit den heftigsten Schwüren, sie solle ewig die Sei- nige seyn.
Sebaldus, hatte sich noch nie in einer so delika- ten Lage befunden. Er sah sich in unaussprech- licher Veriegenheit. Er liebte sein Kind zärt- lich, und doch bewogen ihn Vernunft und Pflicht, ihr zu versagen, was, wie er sahe, sie glücklich ma- chen würde, und es war nicht abzusehen, wenn auch Mariane gehorsamte, wie die heftige Leiden- schaft des Jünglings zu zähmen seyn möchte.
Jndessen verstrich die Zeit, und Sebaldus, des Versprechens eingedenk, zur Mittagsmahlzeit zu- rückzukehren, erinnerte Säuglingen an die Abreise. Säugling aber war durch keine Vorstellung zu be- wegen, sich von Marianen zu trennen, und schwor abermals, nicht eher zu seinem Vater zurück zu keh- ren, bis er dessen Einwilligung zu seiner Verbin- dung erhalten hätte. Sebaldus sah endlich, nach vielen fruchtlosen Versuchen, der Jüngling sey zur Rückreise nicht zu zwingen, und ihn zurückzulaßen, hielt er sehr bedenklich, weil, in dieser convulsivi- schen Leidenschaft, heftige unüberlegte Rathschläge zu
fürch-
allem was Liebe bitteres und ſuͤßes hat gemiſcht, Sebaldus beweglichſte Vorſtellungen, halfen nichts. Er ſchloß ſie nochmals in ſeine Arme, und betheuerte mit den heftigſten Schwuͤren, ſie ſolle ewig die Sei- nige ſeyn.
Sebaldus, hatte ſich noch nie in einer ſo delika- ten Lage befunden. Er ſah ſich in unausſprech- licher Veriegenheit. Er liebte ſein Kind zaͤrt- lich, und doch bewogen ihn Vernunft und Pflicht, ihr zu verſagen, was, wie er ſahe, ſie gluͤcklich ma- chen wuͤrde, und es war nicht abzuſehen, wenn auch Mariane gehorſamte, wie die heftige Leiden- ſchaft des Juͤnglings zu zaͤhmen ſeyn moͤchte.
Jndeſſen verſtrich die Zeit, und Sebaldus, des Verſprechens eingedenk, zur Mittagsmahlzeit zu- ruͤckzukehren, erinnerte Saͤuglingen an die Abreiſe. Saͤugling aber war durch keine Vorſtellung zu be- wegen, ſich von Marianen zu trennen, und ſchwor abermals, nicht eher zu ſeinem Vater zuruͤck zu keh- ren, bis er deſſen Einwilligung zu ſeiner Verbin- dung erhalten haͤtte. Sebaldus ſah endlich, nach vielen fruchtloſen Verſuchen, der Juͤngling ſey zur Ruͤckreiſe nicht zu zwingen, und ihn zuruͤckzulaßen, hielt er ſehr bedenklich, weil, in dieſer convulſivi- ſchen Leidenſchaft, heftige unuͤberlegte Rathſchlaͤge zu
fuͤrch-
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[138[137]/0152]
allem was Liebe bitteres und ſuͤßes hat gemiſcht,
Sebaldus beweglichſte Vorſtellungen, halfen nichts.
Er ſchloß ſie nochmals in ſeine Arme, und betheuerte
mit den heftigſten Schwuͤren, ſie ſolle ewig die Sei-
nige ſeyn.
Sebaldus, hatte ſich noch nie in einer ſo delika-
ten Lage befunden. Er ſah ſich in unausſprech-
licher Veriegenheit. Er liebte ſein Kind zaͤrt-
lich, und doch bewogen ihn Vernunft und Pflicht,
ihr zu verſagen, was, wie er ſahe, ſie gluͤcklich ma-
chen wuͤrde, und es war nicht abzuſehen, wenn
auch Mariane gehorſamte, wie die heftige Leiden-
ſchaft des Juͤnglings zu zaͤhmen ſeyn moͤchte.
Jndeſſen verſtrich die Zeit, und Sebaldus, des
Verſprechens eingedenk, zur Mittagsmahlzeit zu-
ruͤckzukehren, erinnerte Saͤuglingen an die Abreiſe.
Saͤugling aber war durch keine Vorſtellung zu be-
wegen, ſich von Marianen zu trennen, und ſchwor
abermals, nicht eher zu ſeinem Vater zuruͤck zu keh-
ren, bis er deſſen Einwilligung zu ſeiner Verbin-
dung erhalten haͤtte. Sebaldus ſah endlich, nach
vielen fruchtloſen Verſuchen, der Juͤngling ſey zur
Ruͤckreiſe nicht zu zwingen, und ihn zuruͤckzulaßen,
hielt er ſehr bedenklich, weil, in dieſer convulſivi-
ſchen Leidenſchaft, heftige unuͤberlegte Rathſchlaͤge zu
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 138[137]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/152>, abgerufen am 16.02.2025.
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