"gestehen, daß ich die Jungfer Anastasia immer für "eine meinem Sohne schickliche Parthey gehalten "habe.'
Der Hausfreund versicherte, daß hierbey noch nichts verlohren wäre, man sey mit dem andern Bräutigam auf keine Weise gebunden, und ob der- selbe gleich nicht nur ein Mann von Stande sey, sondern auch ein rechtes frommes Gnadenkind ge- worden: so sey er doch ein Officier, und man wisse wohl, daß Leute dieses Standes, am leichtesten in Rückfall gerathen können; daher werde die Frau Gertrudtinn seinem Sohne gewiß den Vorzug geben, nur müsse er, wie leicht zu erachten, sich sehr bald deshalb erklären.
Der alte Säugling ward über diese Nachricht überaus vergnügt, versicherte, daß er morgen un- verzüglich mit seinem Sohne reden wollte, welcher ihm schon längst eine besondere Neigung zur Jungfer Anastasia zu haben schiene, und da er gar nicht zweifelte, derselbe werde zu dieser Heurath die größe- ste Begierde zeigen: so nahm er zugleich die Abrede, daß die Frau Gertrudtinn, nebst ihrer Tochter, und ihm, dem Hausfreunde, auf den übermorgenden Tag, auf sein Gut, zum Mittagsessen gebeten werden soll- ten; damit alsdenn der erste Antrag geschehen, und
viel-
„geſtehen, daß ich die Jungfer Anaſtaſia immer fuͤr „eine meinem Sohne ſchickliche Parthey gehalten „habe.‛
Der Hausfreund verſicherte, daß hierbey noch nichts verlohren waͤre, man ſey mit dem andern Braͤutigam auf keine Weiſe gebunden, und ob der- ſelbe gleich nicht nur ein Mann von Stande ſey, ſondern auch ein rechtes frommes Gnadenkind ge- worden: ſo ſey er doch ein Officier, und man wiſſe wohl, daß Leute dieſes Standes, am leichteſten in Ruͤckfall gerathen koͤnnen; daher werde die Frau Gertrudtinn ſeinem Sohne gewiß den Vorzug geben, nur muͤſſe er, wie leicht zu erachten, ſich ſehr bald deshalb erklaͤren.
Der alte Saͤugling ward uͤber dieſe Nachricht uͤberaus vergnuͤgt, verſicherte, daß er morgen un- verzuͤglich mit ſeinem Sohne reden wollte, welcher ihm ſchon laͤngſt eine beſondere Neigung zur Jungfer Anaſtaſia zu haben ſchiene, und da er gar nicht zweifelte, derſelbe werde zu dieſer Heurath die groͤße- ſte Begierde zeigen: ſo nahm er zugleich die Abrede, daß die Frau Gertrudtinn, nebſt ihrer Tochter, und ihm, dem Hausfreunde, auf den uͤbermorgenden Tag, auf ſein Gut, zum Mittagseſſen gebeten werden ſoll- ten; damit alsdenn der erſte Antrag geſchehen, und
viel-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0133"n="123[122]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>„geſtehen, daß ich die Jungfer <hirendition="#fr">Anaſtaſia</hi> immer fuͤr<lb/>„eine meinem Sohne ſchickliche Parthey gehalten<lb/>„habe.‛</p><lb/><p>Der Hausfreund verſicherte, daß hierbey noch<lb/>
nichts verlohren waͤre, man ſey mit dem andern<lb/>
Braͤutigam auf keine Weiſe gebunden, und ob der-<lb/>ſelbe gleich nicht nur ein Mann von Stande ſey,<lb/>ſondern auch ein rechtes frommes Gnadenkind ge-<lb/>
worden: ſo ſey er doch ein Officier, und man wiſſe<lb/>
wohl, daß Leute dieſes Standes, am leichteſten in<lb/>
Ruͤckfall gerathen koͤnnen; daher werde die Frau<lb/><hirendition="#fr">Gertrudtinn</hi>ſeinem Sohne gewiß den Vorzug<lb/>
geben, nur muͤſſe er, wie leicht zu erachten, ſich ſehr<lb/>
bald deshalb erklaͤren.</p><lb/><p>Der alte <hirendition="#fr">Saͤugling</hi> ward uͤber dieſe Nachricht<lb/>
uͤberaus vergnuͤgt, verſicherte, daß er morgen un-<lb/>
verzuͤglich mit ſeinem Sohne reden wollte, welcher<lb/>
ihm ſchon laͤngſt eine beſondere Neigung zur Jungfer<lb/><hirendition="#fr">Anaſtaſia</hi> zu haben ſchiene, und da er gar nicht<lb/>
zweifelte, derſelbe werde zu dieſer Heurath die groͤße-<lb/>ſte Begierde zeigen: ſo nahm er zugleich die Abrede,<lb/>
daß die Frau <hirendition="#fr">Gertrudtinn,</hi> nebſt ihrer Tochter, und<lb/>
ihm, dem Hausfreunde, auf den uͤbermorgenden Tag,<lb/>
auf ſein Gut, zum Mittagseſſen gebeten werden ſoll-<lb/>
ten; damit alsdenn der erſte Antrag geſchehen, und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">viel-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[123[122]/0133]
„geſtehen, daß ich die Jungfer Anaſtaſia immer fuͤr
„eine meinem Sohne ſchickliche Parthey gehalten
„habe.‛
Der Hausfreund verſicherte, daß hierbey noch
nichts verlohren waͤre, man ſey mit dem andern
Braͤutigam auf keine Weiſe gebunden, und ob der-
ſelbe gleich nicht nur ein Mann von Stande ſey,
ſondern auch ein rechtes frommes Gnadenkind ge-
worden: ſo ſey er doch ein Officier, und man wiſſe
wohl, daß Leute dieſes Standes, am leichteſten in
Ruͤckfall gerathen koͤnnen; daher werde die Frau
Gertrudtinn ſeinem Sohne gewiß den Vorzug
geben, nur muͤſſe er, wie leicht zu erachten, ſich ſehr
bald deshalb erklaͤren.
Der alte Saͤugling ward uͤber dieſe Nachricht
uͤberaus vergnuͤgt, verſicherte, daß er morgen un-
verzuͤglich mit ſeinem Sohne reden wollte, welcher
ihm ſchon laͤngſt eine beſondere Neigung zur Jungfer
Anaſtaſia zu haben ſchiene, und da er gar nicht
zweifelte, derſelbe werde zu dieſer Heurath die groͤße-
ſte Begierde zeigen: ſo nahm er zugleich die Abrede,
daß die Frau Gertrudtinn, nebſt ihrer Tochter, und
ihm, dem Hausfreunde, auf den uͤbermorgenden Tag,
auf ſein Gut, zum Mittagseſſen gebeten werden ſoll-
ten; damit alsdenn der erſte Antrag geſchehen, und
viel-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 123[122]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/133>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.