weltlichen Jünglinge, einen frommen Ehemann zu machen, ziemlich nahe zu seyn.
Jndessen, da sie, mit stillem Herzklopfen, einer zärt- lichen Erklärung entgegen sahe, ließ sich Säugling, weit gefehlt, daß er seiner einzig geliebten Marians nur einen Augenblick hätte untreu werden sollen, durch ihre anmuthige Vertraulichkeit zu nichts be- wegen, als daß er einige von seinen Lieblingsliedern, über die Freuden des Lebens, aus der Tasche nahm, die er sich bisher noch nicht getrauet hatte, ihr vorzulesen. Sie hörte sie, mit völliger Ergebung in ihr Schicksal, an. Bey feinen Gedanken, die sie nicht verstand, sahe sie freylich ein wenig dämisch aus, aber dieß ward durch das sanfte Lächein vergü- tet, welches zugleich diente ihre schönen Zähne, und die Grübchen in ihren runden Wangen zu zeigen. Bey verliebten Stellen erröthete sie nicht gleich, wie sonst, sondern hob die Augen seitwärts, mit einem Blicke zwischen Verschämtheit und Sehnsucht, in die Höhe, und erst, wenn, im Herabsinken, ihre Augen, Säuglings auf ihren Beyfall gierigem Blicke, be- gegneten, stieg ein sanftes Roth auf ihre vollen Wangen, indem ihre Augen nochmals furchtsam aufblinzten.
Unter-
weltlichen Juͤnglinge, einen frommen Ehemann zu machen, ziemlich nahe zu ſeyn.
Jndeſſen, da ſie, mit ſtillem Herzklopfen, einer zaͤrt- lichen Erklaͤrung entgegen ſahe, ließ ſich Saͤugling, weit gefehlt, daß er ſeiner einzig geliebten Marians nur einen Augenblick haͤtte untreu werden ſollen, durch ihre anmuthige Vertraulichkeit zu nichts be- wegen, als daß er einige von ſeinen Lieblingsliedern, uͤber die Freuden des Lebens, aus der Taſche nahm, die er ſich bisher noch nicht getrauet hatte, ihr vorzuleſen. Sie hoͤrte ſie, mit voͤlliger Ergebung in ihr Schickſal, an. Bey feinen Gedanken, die ſie nicht verſtand, ſahe ſie freylich ein wenig daͤmiſch aus, aber dieß ward durch das ſanfte Laͤchein verguͤ- tet, welches zugleich diente ihre ſchoͤnen Zaͤhne, und die Gruͤbchen in ihren runden Wangen zu zeigen. Bey verliebten Stellen erroͤthete ſie nicht gleich, wie ſonſt, ſondern hob die Augen ſeitwaͤrts, mit einem Blicke zwiſchen Verſchaͤmtheit und Sehnſucht, in die Hoͤhe, und erſt, wenn, im Herabſinken, ihre Augen, Saͤuglings auf ihren Beyfall gierigem Blicke, be- gegneten, ſtieg ein ſanftes Roth auf ihre vollen Wangen, indem ihre Augen nochmals furchtſam aufblinzten.
Unter-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0131"n="121[120]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
weltlichen Juͤnglinge, einen frommen Ehemann zu<lb/>
machen, ziemlich nahe zu ſeyn.</p><lb/><p>Jndeſſen, da ſie, mit ſtillem Herzklopfen, einer zaͤrt-<lb/>
lichen Erklaͤrung entgegen ſahe, ließ ſich <hirendition="#fr">Saͤugling,</hi><lb/>
weit gefehlt, daß er ſeiner einzig geliebten <hirendition="#fr">Marians</hi><lb/>
nur einen Augenblick haͤtte untreu werden ſollen,<lb/>
durch ihre anmuthige Vertraulichkeit zu nichts be-<lb/>
wegen, als daß er einige von ſeinen Lieblingsliedern,<lb/><hirendition="#fr">uͤber die Freuden des Lebens,</hi> aus der Taſche<lb/>
nahm, die er ſich bisher noch nicht getrauet hatte,<lb/>
ihr vorzuleſen. Sie hoͤrte ſie, mit voͤlliger Ergebung<lb/>
in ihr Schickſal, an. Bey feinen Gedanken, die<lb/>ſie nicht verſtand, ſahe ſie freylich ein wenig daͤmiſch<lb/>
aus, aber dieß ward durch das ſanfte Laͤchein verguͤ-<lb/>
tet, welches zugleich diente ihre ſchoͤnen Zaͤhne, und<lb/>
die Gruͤbchen in ihren runden Wangen zu zeigen.<lb/>
Bey verliebten Stellen erroͤthete ſie nicht gleich, wie<lb/>ſonſt, ſondern hob die Augen ſeitwaͤrts, mit einem<lb/>
Blicke zwiſchen Verſchaͤmtheit und Sehnſucht, in die<lb/>
Hoͤhe, und erſt, wenn, im Herabſinken, ihre Augen,<lb/><hirendition="#fr">Saͤuglings</hi> auf ihren Beyfall gierigem Blicke, be-<lb/>
gegneten, ſtieg ein ſanftes Roth auf ihre vollen<lb/>
Wangen, indem ihre Augen nochmals furchtſam<lb/>
aufblinzten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Unter-</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[121[120]/0131]
weltlichen Juͤnglinge, einen frommen Ehemann zu
machen, ziemlich nahe zu ſeyn.
Jndeſſen, da ſie, mit ſtillem Herzklopfen, einer zaͤrt-
lichen Erklaͤrung entgegen ſahe, ließ ſich Saͤugling,
weit gefehlt, daß er ſeiner einzig geliebten Marians
nur einen Augenblick haͤtte untreu werden ſollen,
durch ihre anmuthige Vertraulichkeit zu nichts be-
wegen, als daß er einige von ſeinen Lieblingsliedern,
uͤber die Freuden des Lebens, aus der Taſche
nahm, die er ſich bisher noch nicht getrauet hatte,
ihr vorzuleſen. Sie hoͤrte ſie, mit voͤlliger Ergebung
in ihr Schickſal, an. Bey feinen Gedanken, die
ſie nicht verſtand, ſahe ſie freylich ein wenig daͤmiſch
aus, aber dieß ward durch das ſanfte Laͤchein verguͤ-
tet, welches zugleich diente ihre ſchoͤnen Zaͤhne, und
die Gruͤbchen in ihren runden Wangen zu zeigen.
Bey verliebten Stellen erroͤthete ſie nicht gleich, wie
ſonſt, ſondern hob die Augen ſeitwaͤrts, mit einem
Blicke zwiſchen Verſchaͤmtheit und Sehnſucht, in die
Hoͤhe, und erſt, wenn, im Herabſinken, ihre Augen,
Saͤuglings auf ihren Beyfall gierigem Blicke, be-
gegneten, ſtieg ein ſanftes Roth auf ihre vollen
Wangen, indem ihre Augen nochmals furchtſam
aufblinzten.
Unter-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 121[120]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/131>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.