Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.selben bey dem Pachter untergebracht habe. Ob die Befriedigung der kleinen Eitelkeit, eine gute Hand- lung, die er verrichtet hatte, auch andern kund zu thun, an dieser Erzehlung, mehr oder weniger Antheil kön- ne gehabt haben, als die Begierde seinen Vater zur fernern Wohlthätigkeit gegen Sebaldus zu ver- anlaßen; wird jeder Schreiber einer theologischen Moral, je nachdem die Falschheit der menschli- chen Tugenden, mit seinem Lehrgebäude mehr oder weniger verbunden ist, zu bejahen oder zu ver- neinen wissen. Genug, des alten Säuglings Neu- gier ward erregt, und er begehrte den Sebaldus selbst zu sprechen. Zweyter Abschnitt. Säugling der Vater, war ein Mann, der we- so
ſelben bey dem Pachter untergebracht habe. Ob die Befriedigung der kleinen Eitelkeit, eine gute Hand- lung, die er verrichtet hatte, auch andern kund zu thun, an dieſer Erzehlung, mehr oder weniger Antheil koͤn- ne gehabt haben, als die Begierde ſeinen Vater zur fernern Wohlthaͤtigkeit gegen Sebaldus zu ver- anlaßen; wird jeder Schreiber einer theologiſchen Moral, je nachdem die Falſchheit der menſchli- chen Tugenden, mit ſeinem Lehrgebaͤude mehr oder weniger verbunden iſt, zu bejahen oder zu ver- neinen wiſſen. Genug, des alten Saͤuglings Neu- gier ward erregt, und er begehrte den Sebaldus ſelbſt zu ſprechen. Zweyter Abſchnitt. Saͤugling der Vater, war ein Mann, der we- ſo
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ſelben bey dem Pachter untergebracht habe. Ob die
Befriedigung der kleinen Eitelkeit, eine gute Hand-
lung, die er verrichtet hatte, auch andern kund zu thun,
an dieſer Erzehlung, mehr oder weniger Antheil koͤn-
ne gehabt haben, als die Begierde ſeinen Vater zur
fernern Wohlthaͤtigkeit gegen Sebaldus zu ver-
anlaßen; wird jeder Schreiber einer theologiſchen
Moral, je nachdem die Falſchheit der menſchli-
chen Tugenden, mit ſeinem Lehrgebaͤude mehr
oder weniger verbunden iſt, zu bejahen oder zu ver-
neinen wiſſen. Genug, des alten Saͤuglings Neu-
gier ward erregt, und er begehrte den Sebaldus
ſelbſt zu ſprechen.
Zweyter Abſchnitt.
Saͤugling der Vater, war ein Mann, der we-
der große Tugenden noch große Laſter hatte.
Sein natuͤrliches Phlegma, verließ ihn nur bloß in
dem Falle, wenn er im Handel einen ſichern Ge-
winnſt vor ſich ſahe. Daher hatte er, vom erſten An-
fange des Krieges an, viel mit Lieferungen fuͤr die
Armeen zu thun gehabt, wodurch er einen Reich-
thum erworben hatte, der ſelbſt ſeine Erwartungen
uͤberſtieg. Den Werth des Geldes, kannte er zwar
ſo
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Zitationshilfe: | Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 90[89]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/100>, abgerufen am 17.02.2025. |