,Das ist wahr. Nur ists zu beklagen, daß diese "Leute für alle ehrwürdigen Sachen, und besonders "für den Predigerstand nicht die gehörige Ehrfurcht "haben.'
,Daran sind wieder die neumodischen Theologen "schuld, die sich selbst die Mittel benehmen, womit "man die Layen im Zaum halten muß. Sie schwat- "zen immer viel vom Nutzen des Predigtamts, und "vergessen das Wesen des Predigtamts hierüber. "Sie geben sich selbst als die nützlichen Leute an,' (Hier verbreitete sich ein mildes ironisches Lächeln, dicht unter seinem breiten Schiffhute) ,die der Staat "verordnet hat, Weisheit und Tugend zu lehren. "Eine rechte Würde! Weisheit und Tugend dünkt "sich jetzt jeder Wochenblättler oder Romanschreiber "zu lehren! Damit werden wir eine feine Ehrfurcht "von Layen fordern können! Aber wenn wir, so wie "es recht ist, darauf bestehen, daß unser Beruf ein "göttlicher Beruf ist, daß die Ordination, die wir "empfangen haben, nicht eine leere Ceremonie ist, "sondern daß sie uns zu Nachfolgern der Apostel, zu "Boten Gottes, zu Handhabern seiner Geheimnisse "macht, daß sie uns das Amt der Schlüssel über- "trägt, so wird unser Orden bald wieder zu seiner vo- "rigen Würde gelangen, und dann wird auch, natür-
"licher
‚Das iſt wahr. Nur iſts zu beklagen, daß dieſe ”Leute fuͤr alle ehrwuͤrdigen Sachen, und beſonders ”fuͤr den Predigerſtand nicht die gehoͤrige Ehrfurcht ”haben.‛
‚Daran ſind wieder die neumodiſchen Theologen ”ſchuld, die ſich ſelbſt die Mittel benehmen, womit ”man die Layen im Zaum halten muß. Sie ſchwat- ”zen immer viel vom Nutzen des Predigtamts, und ”vergeſſen das Weſen des Predigtamts hieruͤber. ”Sie geben ſich ſelbſt als die nuͤtzlichen Leute an,‛ (Hier verbreitete ſich ein mildes ironiſches Laͤcheln, dicht unter ſeinem breiten Schiffhute) ‚die der Staat ”verordnet hat, Weisheit und Tugend zu lehren. ”Eine rechte Wuͤrde! Weisheit und Tugend duͤnkt ”ſich jetzt jeder Wochenblaͤttler oder Romanſchreiber ”zu lehren! Damit werden wir eine feine Ehrfurcht ”von Layen fordern koͤnnen! Aber wenn wir, ſo wie ”es recht iſt, darauf beſtehen, daß unſer Beruf ein ”goͤttlicher Beruf iſt, daß die Ordination, die wir ”empfangen haben, nicht eine leere Ceremonie iſt, ”ſondern daß ſie uns zu Nachfolgern der Apoſtel, zu ”Boten Gottes, zu Handhabern ſeiner Geheimniſſe ”macht, daß ſie uns das Amt der Schluͤſſel uͤber- ”traͤgt, ſo wird unſer Orden bald wieder zu ſeiner vo- ”rigen Wuͤrde gelangen, und dann wird auch, natuͤr-
”licher
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‚Das iſt wahr. Nur iſts zu beklagen, daß dieſe
”Leute fuͤr alle ehrwuͤrdigen Sachen, und beſonders
”fuͤr den Predigerſtand nicht die gehoͤrige Ehrfurcht
”haben.‛
‚Daran ſind wieder die neumodiſchen Theologen
”ſchuld, die ſich ſelbſt die Mittel benehmen, womit
”man die Layen im Zaum halten muß. Sie ſchwat-
”zen immer viel vom Nutzen des Predigtamts, und
”vergeſſen das Weſen des Predigtamts hieruͤber.
”Sie geben ſich ſelbſt als die nuͤtzlichen Leute an,‛
(Hier verbreitete ſich ein mildes ironiſches Laͤcheln,
dicht unter ſeinem breiten Schiffhute) ‚die der Staat
”verordnet hat, Weisheit und Tugend zu lehren.
”Eine rechte Wuͤrde! Weisheit und Tugend duͤnkt
”ſich jetzt jeder Wochenblaͤttler oder Romanſchreiber
”zu lehren! Damit werden wir eine feine Ehrfurcht
”von Layen fordern koͤnnen! Aber wenn wir, ſo wie
”es recht iſt, darauf beſtehen, daß unſer Beruf ein
”goͤttlicher Beruf iſt, daß die Ordination, die wir
”empfangen haben, nicht eine leere Ceremonie iſt,
”ſondern daß ſie uns zu Nachfolgern der Apoſtel, zu
”Boten Gottes, zu Handhabern ſeiner Geheimniſſe
”macht, daß ſie uns das Amt der Schluͤſſel uͤber-
”traͤgt, ſo wird unſer Orden bald wieder zu ſeiner vo-
”rigen Wuͤrde gelangen, und dann wird auch, natuͤr-
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/86>, abgerufen am 26.07.2024.
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