Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.Schlafrock angezogen und eine weiße Mütze aufge- setzt hatte, und noch beschäfftigt war, ihm den ge- lehrten Schweiß von der Stirn zu wischen. Sebaldus redete ihn an: ,Seine Predigt mache Der Kandidat fragte ihn mit einer sehr weisen und Sebaldus glaubte, dem Berichte seines gewese- ,Abweichungen! ,rief der alte Krämer, o! wenn "führt;
Schlafrock angezogen und eine weiße Muͤtze aufge- ſetzt hatte, und noch beſchaͤfftigt war, ihm den ge- lehrten Schweiß von der Stirn zu wiſchen. Sebaldus redete ihn an: ‚Seine Predigt mache Der Kandidat fragte ihn mit einer ſehr weiſen und Sebaldus glaubte, dem Berichte ſeines geweſe- ‚Abweichungen! ‚rief der alte Kraͤmer, o! wenn ”fuͤhrt;
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0040" n="34"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Schlafrock angezogen und eine weiße Muͤtze aufge-<lb/> ſetzt hatte, und noch beſchaͤfftigt war, ihm den ge-<lb/> lehrten Schweiß von der Stirn zu wiſchen.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> redete ihn an: ‚Seine Predigt mache<lb/> ”ihm Muth, ſich bey ſeiner itzigen Verlegenheit an<lb/> ”ihn zu wenden. Er ſey ſelbſt ein Prediger, obgleich<lb/> ”ſeines Amts entſetzt. Er habe zweymal durch Raͤu-<lb/> ”ber ſeinen letzten Heller, nebſt ſeinen Empfehlungs-<lb/> ”briefen verloren. Er bitte ihn nur um ein Obdach,<lb/> ”und um guten Rath, wie er nothduͤrftig ſein Brodt<lb/> ”verdienen koͤnne.‛</p><lb/> <p>Der Kandidat fragte ihn mit einer ſehr weiſen und<lb/> ”ernſthaften Miene: ‚Warum er ſeines Amtes ſey<lb/> ”entſetzet worden?‛</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> glaubte, dem Berichte ſeines geweſe-<lb/> nen Reiſegefaͤhrten zu folge, er werde ſich am beſten<lb/> empfehlen, wenn er ſich als einen Heterodoxen an-<lb/> gebe. Er geſtand alſo ohne Umſtaͤnde, ‚daß er wegen<lb/> ”Abweichungen von den ſymboliſchen Buͤchern abge-<lb/> ”ſetzt worden.‛</p><lb/> <p>‚Abweichungen! ‚rief der alte Kraͤmer, o! wenn<lb/> ”Sie doch das ſchoͤne Buͤchlein geleſen haͤtten, das wir<lb/> ”neulich hier hatten: Fritz! wo wars doch gedruckt?<lb/> ”in Nuͤrnberg? oder in Jena? da wuͤrden Sie haben<lb/> ”leſen koͤnnen, wie der liebe Mann die Abweicher ab-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">”fuͤhrt;</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0040]
Schlafrock angezogen und eine weiße Muͤtze aufge-
ſetzt hatte, und noch beſchaͤfftigt war, ihm den ge-
lehrten Schweiß von der Stirn zu wiſchen.
Sebaldus redete ihn an: ‚Seine Predigt mache
”ihm Muth, ſich bey ſeiner itzigen Verlegenheit an
”ihn zu wenden. Er ſey ſelbſt ein Prediger, obgleich
”ſeines Amts entſetzt. Er habe zweymal durch Raͤu-
”ber ſeinen letzten Heller, nebſt ſeinen Empfehlungs-
”briefen verloren. Er bitte ihn nur um ein Obdach,
”und um guten Rath, wie er nothduͤrftig ſein Brodt
”verdienen koͤnne.‛
Der Kandidat fragte ihn mit einer ſehr weiſen und
”ernſthaften Miene: ‚Warum er ſeines Amtes ſey
”entſetzet worden?‛
Sebaldus glaubte, dem Berichte ſeines geweſe-
nen Reiſegefaͤhrten zu folge, er werde ſich am beſten
empfehlen, wenn er ſich als einen Heterodoxen an-
gebe. Er geſtand alſo ohne Umſtaͤnde, ‚daß er wegen
”Abweichungen von den ſymboliſchen Buͤchern abge-
”ſetzt worden.‛
‚Abweichungen! ‚rief der alte Kraͤmer, o! wenn
”Sie doch das ſchoͤne Buͤchlein geleſen haͤtten, das wir
”neulich hier hatten: Fritz! wo wars doch gedruckt?
”in Nuͤrnberg? oder in Jena? da wuͤrden Sie haben
”leſen koͤnnen, wie der liebe Mann die Abweicher ab-
”fuͤhrt;
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |