Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.Er gieng in ein nicht weit entlegenes Haus, und Die Thür öffnete ein ältlicher Mann, der, wie sich Das Herz hüpfte dem ehrlichen Krämer, als Se- Sebaldus fand den Kandidaten, unter den Hän- Schlaf- C 3
Er gieng in ein nicht weit entlegenes Haus, und Die Thuͤr oͤffnete ein aͤltlicher Mann, der, wie ſich Das Herz huͤpfte dem ehrlichen Kraͤmer, als Se- Sebaldus fand den Kandidaten, unter den Haͤn- Schlaf- C 3
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Er gieng in ein nicht weit entlegenes Haus, und
in Sebaldus Geiſte ſtieg ploͤtzlich der gute Gedanken,
oder nach gelehrter Exegeſe zu reden, die Offenba-
rung auf, daß er ſich, in ſeiner gegenwaͤrtigen Bekuͤm-
merniß, am beſten an den Juͤngling wenden koͤnnte,
welcher ſo fein von der chriſtlichen Liebe gepredigt
hatte. Er klopfte alſo an die Thuͤr an.
Die Thuͤr oͤffnete ein aͤltlicher Mann, der, wie ſich
hernach auswies, der Vater des Kandidaten war.
Er war ein ehrlicher guter Kraͤmer, der in den
Abendſtunden und Sonntagsnachmittagen gern Er-
bauungsſchriften las, die er nicht ganz verſtand. Er
war daher in des hochtrabenden Oemlers, in des
myſtiſchen Treſcho, in des wortreichen Tiedens
Schriften ſehr beleſen, und galt deshalb bey ſeinen
Nachbarn fuͤr einen gelehrten Mann.
Das Herz huͤpfte dem ehrlichen Kraͤmer, als Se-
baldus nach dem Prediger fragte, von welchem er
eben die ſchoͤne Predigt von der Liebe gehoͤrt habe.
‚Es iſt mein Sohn, rief er freudig aus: treten Sie
”doch naͤher, mein lieber Herr!‛ und damit fuͤhrte
er ihn in die Stube.
Sebaldus fand den Kandidaten, unter den Haͤn-
den ſeiner, uͤber die erſte Predigt ihres Sohnes noch
entzuͤckten Mutter, die ihm eben einen leichten
Schlaf-
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