diger, wie Sebaldus, als einem aufgeblasenen Reu- tenirer, wie Erasmus, ähnlich, der, weil er ver- langte, daß sich jedermann vor ihm beugen, und nach seinem Willen handeln sollte, eine Menge Pro- cesse gehabt hat, in welchen freylich kein einziger Termin zur Güte jemals einen erwünschten Erfolg gehabt hat, weil Erasmus beständig sei- nem Eigensinne folgen, und niemals vernünftigen Vorstellungen Gehör geben wollte.
Die Prdigten wider den Aberglauben, von der Zufriedenheit, von der Gesundheit, von der Kinderzucht, von der Glückseligkeit des Landmannes, scheinen von Elardus Nothanker, dem jüngern Bruder unsers Sebaldus herzurühren. Es sind ganz leidliche, gutgemeinte, etwas weitschwei- fige Homilien, die Lesern in Städten, die gern Pre- digten lesen, ganz gut gefallen werden; nur findet man darinn freylich hin und wieder Spuren, daß sie nicht vor Bauern gehalten worden, oder für Bauern bestimmt gewesen. Wie würde man z. B. (S. 57.) darauf kommen, Bauern vorzusagen: ,Geld und "Ehre machen nicht warhaftig glücklich.' Der Bauer hat ja gemeiniglich kein Geld, und verlangt keine Ehre.
Die
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diger, wie Sebaldus, als einem aufgeblaſenen Reu- tenirer, wie Eraſmus, aͤhnlich, der, weil er ver- langte, daß ſich jedermann vor ihm beugen, und nach ſeinem Willen handeln ſollte, eine Menge Pro- ceſſe gehabt hat, in welchen freylich kein einziger Termin zur Guͤte jemals einen erwuͤnſchten Erfolg gehabt hat, weil Eraſmus beſtaͤndig ſei- nem Eigenſinne folgen, und niemals vernuͤnftigen Vorſtellungen Gehoͤr geben wollte.
Die Prdigten wider den Aberglauben, von der Zufriedenheit, von der Geſundheit, von der Kinderzucht, von der Gluͤckſeligkeit des Landmannes, ſcheinen von Elardus Nothanker, dem juͤngern Bruder unſers Sebaldus herzuruͤhren. Es ſind ganz leidliche, gutgemeinte, etwas weitſchwei- fige Homilien, die Leſern in Staͤdten, die gern Pre- digten leſen, ganz gut gefallen werden; nur findet man darinn freylich hin und wieder Spuren, daß ſie nicht vor Bauern gehalten worden, oder fuͤr Bauern beſtimmt geweſen. Wie wuͤrde man z. B. (S. 57.) darauf kommen, Bauern vorzuſagen: ‚Geld und ”Ehre machen nicht warhaftig gluͤcklich.‛ Der Bauer hat ja gemeiniglich kein Geld, und verlangt keine Ehre.
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diger, wie Sebaldus, als einem aufgeblaſenen Reu-
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nach ſeinem Willen handeln ſollte, eine Menge Pro-
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Termin zur Guͤte jemals einen erwuͤnſchten
Erfolg gehabt hat, weil Eraſmus beſtaͤndig ſei-
nem Eigenſinne folgen, und niemals vernuͤnftigen
Vorſtellungen Gehoͤr geben wollte.
Die Prdigten wider den Aberglauben, von
der Zufriedenheit, von der Geſundheit, von
der Kinderzucht, von der Gluͤckſeligkeit des
Landmannes, ſcheinen von Elardus Nothanker,
dem juͤngern Bruder unſers Sebaldus herzuruͤhren.
Es ſind ganz leidliche, gutgemeinte, etwas weitſchwei-
fige Homilien, die Leſern in Staͤdten, die gern Pre-
digten leſen, ganz gut gefallen werden; nur findet
man darinn freylich hin und wieder Spuren, daß ſie
nicht vor Bauern gehalten worden, oder fuͤr Bauern
beſtimmt geweſen. Wie wuͤrde man z. B. (S. 57.)
darauf kommen, Bauern vorzuſagen: ‚Geld und
”Ehre machen nicht warhaftig gluͤcklich.‛ Der
Bauer hat ja gemeiniglich kein Geld, und verlangt
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/291>, abgerufen am 27.07.2024.
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