Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite



Folge des Fleißes seyn muß; daher derjenige, der
den Bauern von der Schädlichkeit des Reich-
thums
predigen wollte, ihnen ausdrücklich die Faul-
heit
empfehlen müßte. Dagegen weiß man vom
Erasmus, daß er, seitdem er selbst reich gewor-
den war, den erbaulichen Gemeinort, von der Nich-
tigkeit und Schädlichkeit des Reichthums,
sehr
oft im Munde geführt habe; einen Gemeinort, über
den man in der That am zierlichsten zu reden weiß,
wenn man an nichts Mangel hat.

Noch eine andere Stelle giebt die stärkste Vermu-
thung an die Hand, daß niemand anders, als Eraf-
mus Nothanker,
der Verfasser dieser Predigt seyn
könne. S. 6. heißt es: ,Es entspringt viele Unei-
"nigkeit unter euch daher, daß ihr gemeiniglich
"mit euren Schwiegerältern unter Einem Dache
"wohnet.
Es ist mir leid, daß ich es sagen muß,
"aber leider! ist es durch die Erfahrung gegründet,
"daß nur sehr wenige Eheleute in Einigkeit le-
"ben, wenn sie ihre Schwiegerältern bey sich
im Hause haben.
Jhr würdet euch öfters nicht
"zanken, wenn nicht zuweilen eines der Schwieger-
"ältern Oel ins Feuer gösse. Die Schwiegeräl-
tern
glauben, man könne sie nicht zu gut hal-

"ten,
S 3



Folge des Fleißes ſeyn muß; daher derjenige, der
den Bauern von der Schaͤdlichkeit des Reich-
thums
predigen wollte, ihnen ausdruͤcklich die Faul-
heit
empfehlen muͤßte. Dagegen weiß man vom
Eraſmus, daß er, ſeitdem er ſelbſt reich gewor-
den war, den erbaulichen Gemeinort, von der Nich-
tigkeit und Schaͤdlichkeit des Reichthums,
ſehr
oft im Munde gefuͤhrt habe; einen Gemeinort, uͤber
den man in der That am zierlichſten zu reden weiß,
wenn man an nichts Mangel hat.

Noch eine andere Stelle giebt die ſtaͤrkſte Vermu-
thung an die Hand, daß niemand anders, als Eraf-
mus Nothanker,
der Verfaſſer dieſer Predigt ſeyn
koͤnne. S. 6. heißt es: ‚Es entſpringt viele Unei-
”nigkeit unter euch daher, daß ihr gemeiniglich
”mit euren Schwiegeraͤltern unter Einem Dache
”wohnet.
Es iſt mir leid, daß ich es ſagen muß,
”aber leider! iſt es durch die Erfahrung gegruͤndet,
daß nur ſehr wenige Eheleute in Einigkeit le-
”ben, wenn ſie ihre Schwiegeraͤltern bey ſich
im Hauſe haben.
Jhr wuͤrdet euch oͤfters nicht
”zanken, wenn nicht zuweilen eines der Schwieger-
”aͤltern Oel ins Feuer goͤſſe. Die Schwiegeraͤl-
tern
glauben, man koͤnne ſie nicht zu gut hal-

ten,
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0287" n="273"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Folge <hi rendition="#fr">des Fleißes</hi> &#x017F;eyn muß; daher derjenige, der<lb/><hi rendition="#fr">den Bauern</hi> von der <hi rendition="#fr">Scha&#x0364;dlichkeit des Reich-<lb/>
thums</hi> predigen wollte, ihnen ausdru&#x0364;cklich die <hi rendition="#fr">Faul-<lb/>
heit</hi> empfehlen mu&#x0364;ßte. Dagegen weiß man vom<lb/><hi rendition="#fr">Era&#x017F;mus,</hi> daß er, &#x017F;eitdem er &#x017F;elb&#x017F;t reich gewor-<lb/>
den war, den erbaulichen Gemeinort, <hi rendition="#fr">von der Nich-<lb/>
tigkeit und Scha&#x0364;dlichkeit des Reichthums,</hi> &#x017F;ehr<lb/>
oft im Munde gefu&#x0364;hrt habe; einen Gemeinort, u&#x0364;ber<lb/>
den man in der That am zierlich&#x017F;ten zu reden weiß,<lb/>
wenn man an nichts Mangel hat.</p><lb/>
        <p>Noch eine andere Stelle giebt die &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;te Vermu-<lb/>
thung an die Hand, daß niemand anders, als <hi rendition="#fr">Eraf-<lb/>
mus Nothanker,</hi> der Verfa&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;er Predigt &#x017F;eyn<lb/>
ko&#x0364;nne. S. 6. heißt es: &#x201A;Es ent&#x017F;pringt viele Unei-<lb/>
&#x201D;nigkeit unter euch daher, daß ihr <hi rendition="#fr">gemeiniglich<lb/>
&#x201D;mit euren Schwiegera&#x0364;ltern unter Einem Dache<lb/>
&#x201D;wohnet.</hi> Es i&#x017F;t mir leid, daß ich es &#x017F;agen muß,<lb/>
&#x201D;aber leider! i&#x017F;t es durch die Erfahrung gegru&#x0364;ndet,<lb/>
&#x201D;<hi rendition="#fr">daß nur &#x017F;ehr wenige Eheleute in Einigkeit le-<lb/>
&#x201D;ben, wenn &#x017F;ie ihre Schwiegera&#x0364;ltern bey &#x017F;ich<lb/>
im Hau&#x017F;e haben.</hi> Jhr wu&#x0364;rdet euch o&#x0364;fters nicht<lb/>
&#x201D;zanken, wenn nicht zuweilen eines der Schwieger-<lb/>
&#x201D;a&#x0364;ltern <hi rendition="#fr">Oel ins Feuer go&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Die Schwiegera&#x0364;l-<lb/>
tern</hi> glauben, <hi rendition="#fr">man ko&#x0364;nne &#x017F;ie nicht zu gut hal-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x201D;<hi rendition="#fr">ten,</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0287] Folge des Fleißes ſeyn muß; daher derjenige, der den Bauern von der Schaͤdlichkeit des Reich- thums predigen wollte, ihnen ausdruͤcklich die Faul- heit empfehlen muͤßte. Dagegen weiß man vom Eraſmus, daß er, ſeitdem er ſelbſt reich gewor- den war, den erbaulichen Gemeinort, von der Nich- tigkeit und Schaͤdlichkeit des Reichthums, ſehr oft im Munde gefuͤhrt habe; einen Gemeinort, uͤber den man in der That am zierlichſten zu reden weiß, wenn man an nichts Mangel hat. Noch eine andere Stelle giebt die ſtaͤrkſte Vermu- thung an die Hand, daß niemand anders, als Eraf- mus Nothanker, der Verfaſſer dieſer Predigt ſeyn koͤnne. S. 6. heißt es: ‚Es entſpringt viele Unei- ”nigkeit unter euch daher, daß ihr gemeiniglich ”mit euren Schwiegeraͤltern unter Einem Dache ”wohnet. Es iſt mir leid, daß ich es ſagen muß, ”aber leider! iſt es durch die Erfahrung gegruͤndet, ”daß nur ſehr wenige Eheleute in Einigkeit le- ”ben, wenn ſie ihre Schwiegeraͤltern bey ſich im Hauſe haben. Jhr wuͤrdet euch oͤfters nicht ”zanken, wenn nicht zuweilen eines der Schwieger- ”aͤltern Oel ins Feuer goͤſſe. Die Schwiegeraͤl- tern glauben, man koͤnne ſie nicht zu gut hal- ”ten, S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/287
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/287>, abgerufen am 25.11.2024.