Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite



richten weiß, daß Cyriakus seines Vaters Kleider
Halskrausen und Manuskripte, so wie auch den ge-
ringen Nachlaß des frühzeitig verstorbenen Elardus
geerbt hat, wenn ferner unwidersprechlich bewiesen
werden kann, daß Cyriakus, als er 1772 von Leip-
zig wegreisen wollte, seine sämmtliche Kleidung, Bü-
cher und Papiere, zu einem Trödler getragen hat,
der vor dem Grimmischen Thore, in der Gegend des
Richterschen Kaffegartens wohnt, und seinen haupt-
sächlichen Abzug an Dessauische Juden hat: wird es
nun nicht vielmehr wahrscheinlich, daß die dem un-
genannten Herausgeber so zufälliger Weise in die
Hände gerathenen Predigten, wenn sie gleich nicht
von Sebaldus Nothankern sind, dennoch sehr
wohl von Erasmus Nothankern, von Elardus
Nothankern,
und von Cyriakus Nothankern her-
rühren können?

Diese Muthmaßung wird beynahe zur Gewiß-
heit, wenn man die innere Beschaffenheit dieser Pre-
digten betrachtet. Gleich der erste Absatz, der er-
sten Predigt, von der Einigkeit in der Ehe,
kann
ganz unmöglich aus Sebaldus Feder geflossen seyn;
denn es kömmt darinn, ob er gleich nur eine halbe
Seite lang ist, sechszehnmal das liebe Jch vor.
Man höre:

,Nichts
S



richten weiß, daß Cyriakus ſeines Vaters Kleider
Halskrauſen und Manuſkripte, ſo wie auch den ge-
ringen Nachlaß des fruͤhzeitig verſtorbenen Elardus
geerbt hat, wenn ferner unwiderſprechlich bewieſen
werden kann, daß Cyriakus, als er 1772 von Leip-
zig wegreiſen wollte, ſeine ſaͤmmtliche Kleidung, Buͤ-
cher und Papiere, zu einem Troͤdler getragen hat,
der vor dem Grimmiſchen Thore, in der Gegend des
Richterſchen Kaffegartens wohnt, und ſeinen haupt-
ſaͤchlichen Abzug an Deſſauiſche Juden hat: wird es
nun nicht vielmehr wahrſcheinlich, daß die dem un-
genannten Herausgeber ſo zufaͤlliger Weiſe in die
Haͤnde gerathenen Predigten, wenn ſie gleich nicht
von Sebaldus Nothankern ſind, dennoch ſehr
wohl von Eraſmus Nothankern, von Elardus
Nothankern,
und von Cyriakus Nothankern her-
ruͤhren koͤnnen?

Dieſe Muthmaßung wird beynahe zur Gewiß-
heit, wenn man die innere Beſchaffenheit dieſer Pre-
digten betrachtet. Gleich der erſte Abſatz, der er-
ſten Predigt, von der Einigkeit in der Ehe,
kann
ganz unmoͤglich aus Sebaldus Feder gefloſſen ſeyn;
denn es koͤmmt darinn, ob er gleich nur eine halbe
Seite lang iſt, ſechszehnmal das liebe Jch vor.
Man hoͤre:

‚Nichts
S
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0283" n="269"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
richten weiß, daß <hi rendition="#fr">Cyriakus</hi> &#x017F;eines Vaters Kleider<lb/>
Halskrau&#x017F;en und Manu&#x017F;kripte, &#x017F;o wie auch den ge-<lb/>
ringen Nachlaß des fru&#x0364;hzeitig ver&#x017F;torbenen <hi rendition="#fr">Elardus</hi><lb/>
geerbt hat, wenn ferner unwider&#x017F;prechlich bewie&#x017F;en<lb/>
werden kann, daß <hi rendition="#fr">Cyriakus,</hi> als er 1772 von Leip-<lb/>
zig wegrei&#x017F;en wollte, &#x017F;eine &#x017F;a&#x0364;mmtliche Kleidung, Bu&#x0364;-<lb/>
cher und Papiere, zu einem Tro&#x0364;dler getragen hat,<lb/>
der vor dem Grimmi&#x017F;chen Thore, in der Gegend des<lb/>
Richter&#x017F;chen Kaffegartens wohnt, und &#x017F;einen haupt-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;chlichen Abzug an De&#x017F;&#x017F;aui&#x017F;che Juden hat: wird es<lb/>
nun nicht vielmehr wahr&#x017F;cheinlich, daß die dem un-<lb/>
genannten Herausgeber &#x017F;o zufa&#x0364;lliger Wei&#x017F;e in die<lb/>
Ha&#x0364;nde gerathenen Predigten, wenn &#x017F;ie gleich nicht<lb/>
von <hi rendition="#fr">Sebaldus Nothankern</hi> &#x017F;ind, dennoch &#x017F;ehr<lb/>
wohl von <hi rendition="#fr">Era&#x017F;mus Nothankern,</hi> von <hi rendition="#fr">Elardus<lb/>
Nothankern,</hi> und von <hi rendition="#fr">Cyriakus Nothankern</hi> her-<lb/>
ru&#x0364;hren ko&#x0364;nnen?</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Muthmaßung wird beynahe zur Gewiß-<lb/>
heit, wenn man die innere Be&#x017F;chaffenheit die&#x017F;er Pre-<lb/>
digten betrachtet. Gleich der <hi rendition="#fr">er&#x017F;te Ab&#x017F;atz,</hi> der <hi rendition="#fr">er-<lb/>
&#x017F;ten Predigt, von der Einigkeit in der Ehe,</hi> kann<lb/>
ganz unmo&#x0364;glich aus <hi rendition="#fr">Sebaldus</hi> Feder geflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn;<lb/>
denn es ko&#x0364;mmt darinn, ob er gleich nur eine halbe<lb/>
Seite lang i&#x017F;t, <hi rendition="#fr">&#x017F;echszehnmal</hi> das liebe <hi rendition="#fr">Jch</hi> vor.<lb/>
Man ho&#x0364;re:</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">S</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">&#x201A;Nichts</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0283] richten weiß, daß Cyriakus ſeines Vaters Kleider Halskrauſen und Manuſkripte, ſo wie auch den ge- ringen Nachlaß des fruͤhzeitig verſtorbenen Elardus geerbt hat, wenn ferner unwiderſprechlich bewieſen werden kann, daß Cyriakus, als er 1772 von Leip- zig wegreiſen wollte, ſeine ſaͤmmtliche Kleidung, Buͤ- cher und Papiere, zu einem Troͤdler getragen hat, der vor dem Grimmiſchen Thore, in der Gegend des Richterſchen Kaffegartens wohnt, und ſeinen haupt- ſaͤchlichen Abzug an Deſſauiſche Juden hat: wird es nun nicht vielmehr wahrſcheinlich, daß die dem un- genannten Herausgeber ſo zufaͤlliger Weiſe in die Haͤnde gerathenen Predigten, wenn ſie gleich nicht von Sebaldus Nothankern ſind, dennoch ſehr wohl von Eraſmus Nothankern, von Elardus Nothankern, und von Cyriakus Nothankern her- ruͤhren koͤnnen? Dieſe Muthmaßung wird beynahe zur Gewiß- heit, wenn man die innere Beſchaffenheit dieſer Pre- digten betrachtet. Gleich der erſte Abſatz, der er- ſten Predigt, von der Einigkeit in der Ehe, kann ganz unmoͤglich aus Sebaldus Feder gefloſſen ſeyn; denn es koͤmmt darinn, ob er gleich nur eine halbe Seite lang iſt, ſechszehnmal das liebe Jch vor. Man hoͤre: ‚Nichts S

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/283
Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/283>, abgerufen am 25.11.2024.