kann. Sebaldus wußte viel zu gut, wie viel Ge- walt auch nur der bloße Ton eines biblischen Spruchs über die Seele eines Bauren hat, als daß er ein so unschädliches Hülfsmittel nützliche Wahrheiten ein- zuprägen, hätte vernachläßigen sollen.
Doch, selbst aus der Nachricht des Herausge- bers, wie er zu denen Handschrift dieser Predig- ten gekommen sey, erhellet nicht allein deutlich, daß diese Handschriften nicht wohl vom Sebal- dus gewesen seyn können, sondern wir kommen dadurch auch auf eine sehr wahrscheinliche Vermu- thung, wo sich diese Handschriften eigentlich her- schreiben mögen.
Es heist S. XLV. der Vorrede: ,Vor einiger Zeit "kam ein Dessauischer Jude zu mir, der, nebst "andern Waaren, verschiedene Paar schwarze "seidne Strümpfe, Halskrausen, etc. etc. fast alles in "beschriebenes Papier eingewickelt, mir zum Ver- "kaufe anbot. "Aber, mein guter Mann, sprach "ich, wie kommt Er denn zu Christlichen Hals- "krausen?" ,Jn einem Dorfe, nicht weit von hier, "antwortete er, hat sie mir ein Bauer verkauft, der "sie, vor einigen Jahren, nebst dem übrigen, an
"der
kann. Sebaldus wußte viel zu gut, wie viel Ge- walt auch nur der bloße Ton eines bibliſchen Spruchs uͤber die Seele eines Bauren hat, als daß er ein ſo unſchaͤdliches Huͤlfsmittel nuͤtzliche Wahrheiten ein- zupraͤgen, haͤtte vernachlaͤßigen ſollen.
Doch, ſelbſt aus der Nachricht des Herausge- bers, wie er zu denen Handſchrift dieſer Predig- ten gekommen ſey, erhellet nicht allein deutlich, daß dieſe Handſchriften nicht wohl vom Sebal- dus geweſen ſeyn koͤnnen, ſondern wir kommen dadurch auch auf eine ſehr wahrſcheinliche Vermu- thung, wo ſich dieſe Handſchriften eigentlich her- ſchreiben moͤgen.
Es heiſt S. XLV. der Vorrede: ‚Vor einiger Zeit ”kam ein Deſſauiſcher Jude zu mir, der, nebſt ”andern Waaren, verſchiedene Paar ſchwarze ”ſeidne Struͤmpfe, Halskrauſen, ꝛc. ꝛc. faſt alles in ”beſchriebenes Papier eingewickelt, mir zum Ver- ”kaufe anbot. „Aber, mein guter Mann, ſprach ”ich, wie kommt Er denn zu Chriſtlichen Hals- ”krauſen?‟ ‚Jn einem Dorfe, nicht weit von hier, ”antwortete er, hat ſie mir ein Bauer verkauft, der ”ſie, vor einigen Jahren, nebſt dem uͤbrigen, an
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kann. Sebaldus wußte viel zu gut, wie viel Ge-
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uͤber die Seele eines Bauren hat, als daß er ein ſo
unſchaͤdliches Huͤlfsmittel nuͤtzliche Wahrheiten ein-
zupraͤgen, haͤtte vernachlaͤßigen ſollen.
Doch, ſelbſt aus der Nachricht des Herausge-
bers, wie er zu denen Handſchrift dieſer Predig-
ten gekommen ſey, erhellet nicht allein deutlich,
daß dieſe Handſchriften nicht wohl vom Sebal-
dus geweſen ſeyn koͤnnen, ſondern wir kommen
dadurch auch auf eine ſehr wahrſcheinliche Vermu-
thung, wo ſich dieſe Handſchriften eigentlich her-
ſchreiben moͤgen.
Es heiſt S. XLV. der Vorrede: ‚Vor einiger Zeit
”kam ein Deſſauiſcher Jude zu mir, der, nebſt
”andern Waaren, verſchiedene Paar ſchwarze
”ſeidne Struͤmpfe, Halskrauſen, ꝛc. ꝛc. faſt alles in
”beſchriebenes Papier eingewickelt, mir zum Ver-
”kaufe anbot. „Aber, mein guter Mann, ſprach
”ich, wie kommt Er denn zu Chriſtlichen Hals-
”krauſen?‟ ‚Jn einem Dorfe, nicht weit von hier,
”antwortete er, hat ſie mir ein Bauer verkauft, der
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/280>, abgerufen am 05.07.2024.
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