So hätte Sebaldus nie von sich geredet, der in aller Einfalt seine Pflicht that, und Gutes stiftete, so viel er konnte, ohne zu glauben, daß er so viel thäte, ohne feyerlich auszurufen: Jch danke dir, Gott, daß ich nicht bin, wie andere Leute!
Eben so ist die Anmerkung S. LII. beschaffen:
,Jch gebe meine Predigten nicht für Muster aus, "wornach meine Kollegen sich bilden sollten. Wenn "sie nur daraus absehen, was ungefähr sie vor- "tragen etc. etc.'
O! wie hätte der bescheidene Sebaldus, der, wenn er predigte, und seine Kirchkinder tröstete, und sie zum Guten ermahnte, nur ganz gewöhnlicher Weise seine Pflicht gethan zu haben glaubte, sich auch nur die Jdee in den Sinn kommen lassen, er könne jemand ein Muster werden, oder es könnten andere von ihm etwas absehen!
Daß ferner bey diesen Predigten keine biblischen Texte vorhanden sind, zeigt auch genugsam, daß sie we- der Sebaldus, noch irgend sonst ein Prediger, der die Gesinnungen der Landleute kennet, gemacht haben
kann.
So haͤtte Sebaldus nie von ſich geredet, der in aller Einfalt ſeine Pflicht that, und Gutes ſtiftete, ſo viel er konnte, ohne zu glauben, daß er ſo viel thaͤte, ohne feyerlich auszurufen: Jch danke dir, Gott, daß ich nicht bin, wie andere Leute!
Eben ſo iſt die Anmerkung S. LII. beſchaffen:
‚Jch gebe meine Predigten nicht fuͤr Muſter aus, ”wornach meine Kollegen ſich bilden ſollten. Wenn ”ſie nur daraus abſehen, was ungefaͤhr ſie vor- ”tragen ꝛc. ꝛc.‛
O! wie haͤtte der beſcheidene Sebaldus, der, wenn er predigte, und ſeine Kirchkinder troͤſtete, und ſie zum Guten ermahnte, nur ganz gewoͤhnlicher Weiſe ſeine Pflicht gethan zu haben glaubte, ſich auch nur die Jdee in den Sinn kommen laſſen, er koͤnne jemand ein Muſter werden, oder es koͤnnten andere von ihm etwas abſehen!
Daß ferner bey dieſen Predigten keine bibliſchen Texte vorhanden ſind, zeigt auch genugſam, daß ſie we- der Sebaldus, noch irgend ſonſt ein Prediger, der die Geſinnungen der Landleute kennet, gemacht haben
kann.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0279"n="265"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>So haͤtte <hirendition="#fr">Sebaldus</hi> nie von ſich geredet, der in<lb/>
aller Einfalt ſeine Pflicht that, und Gutes ſtiftete, ſo<lb/>
viel er konnte, ohne zu glauben, daß er <hirendition="#fr">ſo viel</hi><lb/>
thaͤte, ohne feyerlich auszurufen: <hirendition="#fr">Jch danke dir,<lb/>
Gott, daß ich nicht bin, wie andere Leute!</hi></p><lb/><p>Eben ſo iſt die Anmerkung S. <hirendition="#aq">LII.</hi> beſchaffen:</p><lb/><cit><quote>‚Jch gebe meine Predigten nicht fuͤr <hirendition="#fr">Muſter</hi> aus,<lb/>”wornach meine Kollegen ſich bilden ſollten. Wenn<lb/>”ſie nur daraus <hirendition="#fr">abſehen, was</hi> ungefaͤhr ſie vor-<lb/>”tragen ꝛc. ꝛc.‛</quote><bibl/></cit><lb/><p>O! wie haͤtte der beſcheidene <hirendition="#fr">Sebaldus,</hi> der,<lb/>
wenn er predigte, und ſeine Kirchkinder troͤſtete, und<lb/>ſie zum Guten ermahnte, nur ganz gewoͤhnlicher Weiſe<lb/>ſeine Pflicht gethan zu haben glaubte, ſich auch nur<lb/>
die Jdee in den Sinn kommen laſſen, er koͤnne<lb/>
jemand ein <hirendition="#fr">Muſter</hi> werden, oder es koͤnnten andere<lb/>
von ihm etwas <hirendition="#fr">abſehen!</hi></p><lb/><p>Daß ferner bey dieſen Predigten keine <hirendition="#fr">bibliſchen<lb/>
Texte</hi> vorhanden ſind, zeigt auch genugſam, daß ſie we-<lb/>
der <hirendition="#fr">Sebaldus,</hi> noch irgend ſonſt ein Prediger, der die<lb/>
Geſinnungen der Landleute kennet, gemacht haben<lb/><fwplace="bottom"type="catch">kann.</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[265/0279]
So haͤtte Sebaldus nie von ſich geredet, der in
aller Einfalt ſeine Pflicht that, und Gutes ſtiftete, ſo
viel er konnte, ohne zu glauben, daß er ſo viel
thaͤte, ohne feyerlich auszurufen: Jch danke dir,
Gott, daß ich nicht bin, wie andere Leute!
Eben ſo iſt die Anmerkung S. LII. beſchaffen:
‚Jch gebe meine Predigten nicht fuͤr Muſter aus,
”wornach meine Kollegen ſich bilden ſollten. Wenn
”ſie nur daraus abſehen, was ungefaͤhr ſie vor-
”tragen ꝛc. ꝛc.‛
O! wie haͤtte der beſcheidene Sebaldus, der,
wenn er predigte, und ſeine Kirchkinder troͤſtete, und
ſie zum Guten ermahnte, nur ganz gewoͤhnlicher Weiſe
ſeine Pflicht gethan zu haben glaubte, ſich auch nur
die Jdee in den Sinn kommen laſſen, er koͤnne
jemand ein Muſter werden, oder es koͤnnten andere
von ihm etwas abſehen!
Daß ferner bey dieſen Predigten keine bibliſchen
Texte vorhanden ſind, zeigt auch genugſam, daß ſie we-
der Sebaldus, noch irgend ſonſt ein Prediger, der die
Geſinnungen der Landleute kennet, gemacht haben
kann.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/279>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.