weiter nichts zur Antwort erhalten, als daß Ma- riane, mit Zurücklassung aller ihrer Sachen, die er, für das vom Sebaldus mitgenommene Pferd, zu- rückbehalten habe, entlaufen sey, niemand wisse wohin.
Diese Nachricht brach dem Sebaldns gänzlich das Herz. Von seinem Sohne hatte er schon seit vielen Jahren keine Nachricht. Seine Tochter war nun- mehr auch für ihn verloren, und ihre Aufführung schien seiner unwürdig zu seyn. Er selber hatte nur dem Mitleiden ein Obdach zu verdanken, und er sahe keine Aussicht, wie er sein mühseliges Leben auch nur kümmerlich fortschleppen könnte.
Der Schiffer, dem sein Zustand zu Herzen gieng, schlug ihm vor, daß er nach Ostindien, der allgemei- nen Zuflucht der unglücklichen Europäer, gehen sollte, und erbot sich, ihn nach Amsterdam, wohin sein Schiff eben absegelte, umsonst mitzunehmen. Die- ser Vorschlag ward von dem bekümmerten Sebal- dus mit beiden Händen angenommen, der nun nichts mehr hatte, was ihn in diesem Welttheile
zurück-
weiter nichts zur Antwort erhalten, als daß Ma- riane, mit Zuruͤcklaſſung aller ihrer Sachen, die er, fuͤr das vom Sebaldus mitgenommene Pferd, zu- ruͤckbehalten habe, entlaufen ſey, niemand wiſſe wohin.
Dieſe Nachricht brach dem Sebaldns gaͤnzlich das Herz. Von ſeinem Sohne hatte er ſchon ſeit vielen Jahren keine Nachricht. Seine Tochter war nun- mehr auch fuͤr ihn verloren, und ihre Auffuͤhrung ſchien ſeiner unwuͤrdig zu ſeyn. Er ſelber hatte nur dem Mitleiden ein Obdach zu verdanken, und er ſahe keine Ausſicht, wie er ſein muͤhſeliges Leben auch nur kuͤmmerlich fortſchleppen koͤnnte.
Der Schiffer, dem ſein Zuſtand zu Herzen gieng, ſchlug ihm vor, daß er nach Oſtindien, der allgemei- nen Zuflucht der ungluͤcklichen Europaͤer, gehen ſollte, und erbot ſich, ihn nach Amſterdam, wohin ſein Schiff eben abſegelte, umſonſt mitzunehmen. Die- ſer Vorſchlag ward von dem bekuͤmmerten Sebal- dus mit beiden Haͤnden angenommen, der nun nichts mehr hatte, was ihn in dieſem Welttheile
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weiter nichts zur Antwort erhalten, als daß Ma-
riane, mit Zuruͤcklaſſung aller ihrer Sachen, die er,
fuͤr das vom Sebaldus mitgenommene Pferd, zu-
ruͤckbehalten habe, entlaufen ſey, niemand wiſſe wohin.
Dieſe Nachricht brach dem Sebaldns gaͤnzlich das
Herz. Von ſeinem Sohne hatte er ſchon ſeit vielen
Jahren keine Nachricht. Seine Tochter war nun-
mehr auch fuͤr ihn verloren, und ihre Auffuͤhrung
ſchien ſeiner unwuͤrdig zu ſeyn. Er ſelber hatte nur
dem Mitleiden ein Obdach zu verdanken, und er
ſahe keine Ausſicht, wie er ſein muͤhſeliges Leben auch
nur kuͤmmerlich fortſchleppen koͤnnte.
Der Schiffer, dem ſein Zuſtand zu Herzen gieng,
ſchlug ihm vor, daß er nach Oſtindien, der allgemei-
nen Zuflucht der ungluͤcklichen Europaͤer, gehen ſollte,
und erbot ſich, ihn nach Amſterdam, wohin ſein
Schiff eben abſegelte, umſonſt mitzunehmen. Die-
ſer Vorſchlag ward von dem bekuͤmmerten Sebal-
dus mit beiden Haͤnden angenommen, der nun
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/265>, abgerufen am 05.07.2024.
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