Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.ligius ihn bloß des Filials wegen zu sich genom- men hatte, so wußte er ihn nunmehr ferner gar nicht zu gebrauchen, sondern dankte ihn unverzüglich ab. Jn der Stadt wollte niemand einen Mann unter sein Dach nehmen, der die gottlose Jrrlehre gepredigt hatte, daß man alle seine Nebenmenschen, wenn sie auch von anderer Religion wären, lieben müsse. Der Kammerjunker, ein Mann von fei- ner politischer Weisheit, hielt es seinem guten Ver- nehmen mit verschiedenen Männern, die im Lande ansehnliche Aemter bekleideten, nicht zuträglich, einen Heterodoxen zu beschützen. Sebaldus würde also unter freyem Himmel haben verschmachten müssen, wenn ihm nicht der Schiffer, dessen Kind mit einem Reformirten Taufzeugen getauft worden war, frey- willig sein Haus angeboten hätte. Kaum war dieses geschehen, so erhielt er von sei- weiter
ligius ihn bloß des Filials wegen zu ſich genom- men hatte, ſo wußte er ihn nunmehr ferner gar nicht zu gebrauchen, ſondern dankte ihn unverzuͤglich ab. Jn der Stadt wollte niemand einen Mann unter ſein Dach nehmen, der die gottloſe Jrrlehre gepredigt hatte, daß man alle ſeine Nebenmenſchen, wenn ſie auch von anderer Religion waͤren, lieben muͤſſe. Der Kammerjunker, ein Mann von fei- ner politiſcher Weisheit, hielt es ſeinem guten Ver- nehmen mit verſchiedenen Maͤnnern, die im Lande anſehnliche Aemter bekleideten, nicht zutraͤglich, einen Heterodoxen zu beſchuͤtzen. Sebaldus wuͤrde alſo unter freyem Himmel haben verſchmachten muͤſſen, wenn ihm nicht der Schiffer, deſſen Kind mit einem Reformirten Taufzeugen getauft worden war, frey- willig ſein Haus angeboten haͤtte. Kaum war dieſes geſchehen, ſo erhielt er von ſei- weiter
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ligius ihn bloß des Filials wegen zu ſich genom-
men hatte, ſo wußte er ihn nunmehr ferner gar nicht
zu gebrauchen, ſondern dankte ihn unverzuͤglich ab.
Jn der Stadt wollte niemand einen Mann unter ſein
Dach nehmen, der die gottloſe Jrrlehre gepredigt
hatte, daß man alle ſeine Nebenmenſchen, wenn
ſie auch von anderer Religion waͤren, lieben
muͤſſe. Der Kammerjunker, ein Mann von fei-
ner politiſcher Weisheit, hielt es ſeinem guten Ver-
nehmen mit verſchiedenen Maͤnnern, die im Lande
anſehnliche Aemter bekleideten, nicht zutraͤglich, einen
Heterodoxen zu beſchuͤtzen. Sebaldus wuͤrde alſo
unter freyem Himmel haben verſchmachten muͤſſen,
wenn ihm nicht der Schiffer, deſſen Kind mit einem
Reformirten Taufzeugen getauft worden war, frey-
willig ſein Haus angeboten haͤtte.
Kaum war dieſes geſchehen, ſo erhielt er von ſei-
nem Freunde Hieronymus, auf den an ihn geſchrie-
benen Brief, eine Antwort, welche ſeine Betruͤbniß
vollkommen machte. Hieronymus hatte ſich bey
dem Verwalter nach Marianen erkundigt, und
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