Jugend sehr gewogen gewesen war, erkundigt, und dieß brachte den Hieronymus auf die Gedanken, daß Mariane bey ihm die sicherste Zuflucht finden könnte.
Er überlegte Abends mit seinem Reisegefährten; dem Verwalter, wie dieser Vorsatz am besten auszu- führen sey. Denn seine Geschäffte riefen ihn auf eine weitere Reise, entfernt von seiner Vaterstadt; und hier wollte er Marianen auch nicht lassen, weil er wirklich das Geheimniß der Entführung nicht ergrün- den konnte, und noch mehrere Folgen davon befürch- tete. Der Verwalter, dem Marianens Unfall sohe zu Herzen zu gehen schien, bestärkte ihn in die- sen Gedanken; und um ihn zu beruhigen, schlug er vor, daß er Marianen mit sich nach Hause nehmen wollte, wo sie so lange bey seiner Frau bleiben könnte, bis seine Wunde völlig geheilt sey; alsdann wolle er sie selbst zum Hrn. von D ***, der ihm sehr wohl be- kannt war, bringen, und denselben auch vorher da- von benachrichtigen.
Hieronymus billigte diesen Vorschlag, und die Gräfinn, die Marianen im Grunde herzlich liebte, und des Hrn. von D *** vortreffliche Eigenschaften kannte, war damit auch sehr wohl zufrieden. Sie nahm von Marianen den freundschaftlichsten Ab- schied, gab ihr, mit einer mütterlichen Fülle des Her-
zens,
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Jugend ſehr gewogen geweſen war, erkundigt, und dieß brachte den Hieronymus auf die Gedanken, daß Mariane bey ihm die ſicherſte Zuflucht finden koͤnnte.
Er uͤberlegte Abends mit ſeinem Reiſegefaͤhrten; dem Verwalter, wie dieſer Vorſatz am beſten auszu- fuͤhren ſey. Denn ſeine Geſchaͤffte riefen ihn auf eine weitere Reiſe, entfernt von ſeiner Vaterſtadt; und hier wollte er Marianen auch nicht laſſen, weil er wirklich das Geheimniß der Entfuͤhrung nicht ergruͤn- den konnte, und noch mehrere Folgen davon befuͤrch- tete. Der Verwalter, dem Marianens Unfall ſohe zu Herzen zu gehen ſchien, beſtaͤrkte ihn in die- ſen Gedanken; und um ihn zu beruhigen, ſchlug er vor, daß er Marianen mit ſich nach Hauſe nehmen wollte, wo ſie ſo lange bey ſeiner Frau bleiben koͤnnte, bis ſeine Wunde voͤllig geheilt ſey; alsdann wolle er ſie ſelbſt zum Hrn. von D ***, der ihm ſehr wohl be- kannt war, bringen, und denſelben auch vorher da- von benachrichtigen.
Hieronymus billigte dieſen Vorſchlag, und die Graͤfinn, die Marianen im Grunde herzlich liebte, und des Hrn. von D *** vortreffliche Eigenſchaften kannte, war damit auch ſehr wohl zufrieden. Sie nahm von Marianen den freundſchaftlichſten Ab- ſchied, gab ihr, mit einer muͤtterlichen Fuͤlle des Her-
zens,
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Jugend ſehr gewogen geweſen war, erkundigt, und
dieß brachte den Hieronymus auf die Gedanken, daß
Mariane bey ihm die ſicherſte Zuflucht finden koͤnnte.
Er uͤberlegte Abends mit ſeinem Reiſegefaͤhrten;
dem Verwalter, wie dieſer Vorſatz am beſten auszu-
fuͤhren ſey. Denn ſeine Geſchaͤffte riefen ihn auf eine
weitere Reiſe, entfernt von ſeiner Vaterſtadt; und
hier wollte er Marianen auch nicht laſſen, weil er
wirklich das Geheimniß der Entfuͤhrung nicht ergruͤn-
den konnte, und noch mehrere Folgen davon befuͤrch-
tete. Der Verwalter, dem Marianens Unfall ſohe
zu Herzen zu gehen ſchien, beſtaͤrkte ihn in die-
ſen Gedanken; und um ihn zu beruhigen, ſchlug er
vor, daß er Marianen mit ſich nach Hauſe nehmen
wollte, wo ſie ſo lange bey ſeiner Frau bleiben koͤnnte,
bis ſeine Wunde voͤllig geheilt ſey; alsdann wolle er
ſie ſelbſt zum Hrn. von D ***, der ihm ſehr wohl be-
kannt war, bringen, und denſelben auch vorher da-
von benachrichtigen.
Hieronymus billigte dieſen Vorſchlag, und die
Graͤfinn, die Marianen im Grunde herzlich liebte,
und des Hrn. von D *** vortreffliche Eigenſchaften
kannte, war damit auch ſehr wohl zufrieden. Sie
nahm von Marianen den freundſchaftlichſten Ab-
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/207>, abgerufen am 26.07.2024.
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