Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.gekommen ins Forum; und wie da gar keine Zucht und Ordnung sey gewesen unter der Menge. Und wie sich da hätten weise und erlauchte Männer zu- sammengethan, und hätten festgesetzt, dem Volke sey es nützlich, wenn es beherrscht würde. Hätten ausgemacht, daß stattliche und ernsthafte Männer sollten am Regimente seyn, sollten umthun lange Feyerkleider, und anfsetzen grüne Eichenkränze, soll- ten sitzen auf breiten Stühlen, und sollte ihnen je- dermann tiefe Reverenze machen, und desgleichen mehr. Hätten auch Rathsfahrten augesetzt und Gerichtstage, Gesetze gemacht und Strafen festge- setzt; und wäre nunmehr alles richtig; nur, wer regieren solle, wisse man noch nicht, darüber wären die Herren sehr uneins; und so lange diese Uneinig- keit daure, habe mancher noch Hoffnung in den Rath zu kommen; und würden darüber heimliche Un- terhandlungen gepflogen, woran er, Rambold, vie- len Antheil habe, und, wegen seiner weitläuftigen Verbindung mit vielen Zunftmeistern und Aus- rufern, noch gewiß glaube, ein ansehnliches Ehren- amt davon zu tragen. Alle die Nachrichten hörte Mariane an, bloß weil sie tur, M 5
gekommen ins Forum; und wie da gar keine Zucht und Ordnung ſey geweſen unter der Menge. Und wie ſich da haͤtten weiſe und erlauchte Maͤnner zu- ſammengethan, und haͤtten feſtgeſetzt, dem Volke ſey es nuͤtzlich, wenn es beherrſcht wuͤrde. Haͤtten ausgemacht, daß ſtattliche und ernſthafte Maͤnner ſollten am Regimente ſeyn, ſollten umthun lange Feyerkleider, und anfſetzen gruͤne Eichenkraͤnze, ſoll- ten ſitzen auf breiten Stuͤhlen, und ſollte ihnen je- dermann tiefe Reverenze machen, und desgleichen mehr. Haͤtten auch Rathsfahrten augeſetzt und Gerichtstage, Geſetze gemacht und Strafen feſtge- ſetzt; und waͤre nunmehr alles richtig; nur, wer regieren ſolle, wiſſe man noch nicht, daruͤber waͤren die Herren ſehr uneins; und ſo lange dieſe Uneinig- keit daure, habe mancher noch Hoffnung in den Rath zu kommen; und wuͤrden daruͤber heimliche Un- terhandlungen gepflogen, woran er, Rambold, vie- len Antheil habe, und, wegen ſeiner weitlaͤuftigen Verbindung mit vielen Zunftmeiſtern und Aus- rufern, noch gewiß glaube, ein anſehnliches Ehren- amt davon zu tragen. Alle die Nachrichten hoͤrte Mariane an, bloß weil ſie tur, M 5
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und Ordnung ſey geweſen unter der Menge. Und
wie ſich da haͤtten weiſe und erlauchte Maͤnner zu-
ſammengethan, und haͤtten feſtgeſetzt, dem Volke
ſey es nuͤtzlich, wenn es beherrſcht wuͤrde. Haͤtten
ausgemacht, daß ſtattliche und ernſthafte Maͤnner
ſollten am Regimente ſeyn, ſollten umthun lange
Feyerkleider, und anfſetzen gruͤne Eichenkraͤnze, ſoll-
ten ſitzen auf breiten Stuͤhlen, und ſollte ihnen je-
dermann tiefe Reverenze machen, und desgleichen
mehr. Haͤtten auch Rathsfahrten augeſetzt und
Gerichtstage, Geſetze gemacht und Strafen feſtge-
ſetzt; und waͤre nunmehr alles richtig; nur, wer
regieren ſolle, wiſſe man noch nicht, daruͤber waͤren
die Herren ſehr uneins; und ſo lange dieſe Uneinig-
keit daure, habe mancher noch Hoffnung in den Rath
zu kommen; und wuͤrden daruͤber heimliche Un-
terhandlungen gepflogen, woran er, Rambold, vie-
len Antheil habe, und, wegen ſeiner weitlaͤuftigen
Verbindung mit vielen Zunftmeiſtern und Aus-
rufern, noch gewiß glaube, ein anſehnliches Ehren-
amt davon zu tragen.
Alle die Nachrichten hoͤrte Mariane an, bloß weil ſie
ihr ganz neu waren, ob ſie gleich ſonſt an dieſen gelehrten
Reichsangelegenheiten, bey aller ihrer Liebe zur Lek-
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Zitationshilfe: | Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/193>, abgerufen am 16.02.2025. |