fühlen zu lassen, welches ihr Stand ihr über sie gab. Dieß veranlaßte verschiedene kleine unangenehme Scenen, die, weil sie Marianen nur kränkten, ohne sie zu demüthigen, die üble Laune des Fräuleins nicht vermindern konnten.
Der Oberste war auf das Fräulein nicht wenig verdrießlich, weil sie seiner Liebe gegen Marianen im Wege stand, die er gern mit seiner Liebe gegen das Fräulein vereinigt hätte, zumal, da er die Verbin- dung mit der letztern auständigerweise nicht ganz und gar aufheben konnte. Säuglingen war er herz- lich gram, weil er sich einbildete, daß dieser bey Ma- rianen besser gelitten wäre, als er, und mit Maria- nen war er auch nicht sonderlich zufrieden, weil dieses kleine Mädchen, der er die Ehre einer gelegent- lichen Eroberung zugedacht hatte, sich gegen eine Per- son von seinen Verdiensten so gar kalt und spröde bezeigte, daß es noch ungewiß schien, ob sie nicht auch einer förmlichen Belagerung würde widerste- hen wollen.
Säugling war auch unglücklich, denn er liebte Marianen herzlich, daher konnte er ihre Zurückhal- tung nicht ertragen, die er, weil er ihre Eifersucht nicht einsahe, bloß nur einer wirklichen Abneigung gegen ihn zuzuschreiben wußte. Sie kostete ihm viel
Seuf-
fuͤhlen zu laſſen, welches ihr Stand ihr uͤber ſie gab. Dieß veranlaßte verſchiedene kleine unangenehme Scenen, die, weil ſie Marianen nur kraͤnkten, ohne ſie zu demuͤthigen, die uͤble Laune des Fraͤuleins nicht vermindern konnten.
Der Oberſte war auf das Fraͤulein nicht wenig verdrießlich, weil ſie ſeiner Liebe gegen Marianen im Wege ſtand, die er gern mit ſeiner Liebe gegen das Fraͤulein vereinigt haͤtte, zumal, da er die Verbin- dung mit der letztern auſtaͤndigerweiſe nicht ganz und gar aufheben konnte. Saͤuglingen war er herz- lich gram, weil er ſich einbildete, daß dieſer bey Ma- rianen beſſer gelitten waͤre, als er, und mit Maria- nen war er auch nicht ſonderlich zufrieden, weil dieſes kleine Maͤdchen, der er die Ehre einer gelegent- lichen Eroberung zugedacht hatte, ſich gegen eine Per- ſon von ſeinen Verdienſten ſo gar kalt und ſproͤde bezeigte, daß es noch ungewiß ſchien, ob ſie nicht auch einer foͤrmlichen Belagerung wuͤrde widerſte- hen wollen.
Saͤugling war auch ungluͤcklich, denn er liebte Marianen herzlich, daher konnte er ihre Zuruͤckhal- tung nicht ertragen, die er, weil er ihre Eiferſucht nicht einſahe, bloß nur einer wirklichen Abneigung gegen ihn zuzuſchreiben wußte. Sie koſtete ihm viel
Seuf-
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fuͤhlen zu laſſen, welches ihr Stand ihr uͤber ſie gab.
Dieß veranlaßte verſchiedene kleine unangenehme
Scenen, die, weil ſie Marianen nur kraͤnkten, ohne
ſie zu demuͤthigen, die uͤble Laune des Fraͤuleins
nicht vermindern konnten.
Der Oberſte war auf das Fraͤulein nicht wenig
verdrießlich, weil ſie ſeiner Liebe gegen Marianen im
Wege ſtand, die er gern mit ſeiner Liebe gegen das
Fraͤulein vereinigt haͤtte, zumal, da er die Verbin-
dung mit der letztern auſtaͤndigerweiſe nicht ganz
und gar aufheben konnte. Saͤuglingen war er herz-
lich gram, weil er ſich einbildete, daß dieſer bey Ma-
rianen beſſer gelitten waͤre, als er, und mit Maria-
nen war er auch nicht ſonderlich zufrieden, weil
dieſes kleine Maͤdchen, der er die Ehre einer gelegent-
lichen Eroberung zugedacht hatte, ſich gegen eine Per-
ſon von ſeinen Verdienſten ſo gar kalt und ſproͤde
bezeigte, daß es noch ungewiß ſchien, ob ſie nicht
auch einer foͤrmlichen Belagerung wuͤrde widerſte-
hen wollen.
Saͤugling war auch ungluͤcklich, denn er liebte
Marianen herzlich, daher konnte er ihre Zuruͤckhal-
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/178>, abgerufen am 26.07.2024.
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