Er schrieb ihr also, daß sie Marianen, die sie, aus weisen Absichten, von ihrem Schlosse entlernt hätte, auch hier wegschaffen müßte, weil ihr Neffe, so lange er ihren Auffenthalt wüßte, auch nach seiner Abreise, nicht von ihr ablassen würde. Sein unmaßgeblicher Vorschlag war, sie solle insgeheim einen Wagen mit drey starken Kerlen senden, und er nahm es auf sich, Marianen, ohne großes Aufsehen, in derselben Hände zu liefern. Zuletzt gab er zu verstehen, daß wenn nur erst die bewußte Pfarre vakant wäre, sich auch ein auständiger Ehemann für Marianen fin- den würde, wodurch Säuglings unbedachtsamer Liebe und ihrer Furcht auf einmal würde ein Ende gemacht werden.
Er schmeichelte sich, es so einzurichten, daß Ma- riane es nicht merken könne, daß er an der Entfüh- rung Theil habe, und nahm sich vor, sobald er nur seinen jungen Herrn nach Hause gebracht hätte, zu- rückzukehren, und aus den Händen der Frau von Hohenauf eine reiche Pfarre und eine schöne Frau zu erhalten; denn daß sich Mariane weigern könnte seine Hand anzunehmen, schien ihm gar nicht wahr- scheinlich.
Vier-
Er ſchrieb ihr alſo, daß ſie Marianen, die ſie, aus weiſen Abſichten, von ihrem Schloſſe entlernt haͤtte, auch hier wegſchaffen muͤßte, weil ihr Neffe, ſo lange er ihren Auffenthalt wuͤßte, auch nach ſeiner Abreiſe, nicht von ihr ablaſſen wuͤrde. Sein unmaßgeblicher Vorſchlag war, ſie ſolle insgeheim einen Wagen mit drey ſtarken Kerlen ſenden, und er nahm es auf ſich, Marianen, ohne großes Aufſehen, in derſelben Haͤnde zu liefern. Zuletzt gab er zu verſtehen, daß wenn nur erſt die bewußte Pfarre vakant waͤre, ſich auch ein auſtaͤndiger Ehemann fuͤr Marianen fin- den wuͤrde, wodurch Saͤuglings unbedachtſamer Liebe und ihrer Furcht auf einmal wuͤrde ein Ende gemacht werden.
Er ſchmeichelte ſich, es ſo einzurichten, daß Ma- riane es nicht merken koͤnne, daß er an der Entfuͤh- rung Theil habe, und nahm ſich vor, ſobald er nur ſeinen jungen Herrn nach Hauſe gebracht haͤtte, zu- ruͤckzukehren, und aus den Haͤnden der Frau von Hohenauf eine reiche Pfarre und eine ſchoͤne Frau zu erhalten; denn daß ſich Mariane weigern koͤnnte ſeine Hand anzunehmen, ſchien ihm gar nicht wahr- ſcheinlich.
Vier-
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Er ſchrieb ihr alſo, daß ſie Marianen, die ſie, aus
weiſen Abſichten, von ihrem Schloſſe entlernt haͤtte,
auch hier wegſchaffen muͤßte, weil ihr Neffe, ſo lange
er ihren Auffenthalt wuͤßte, auch nach ſeiner Abreiſe,
nicht von ihr ablaſſen wuͤrde. Sein unmaßgeblicher
Vorſchlag war, ſie ſolle insgeheim einen Wagen mit
drey ſtarken Kerlen ſenden, und er nahm es auf ſich,
Marianen, ohne großes Aufſehen, in derſelben
Haͤnde zu liefern. Zuletzt gab er zu verſtehen, daß
wenn nur erſt die bewußte Pfarre vakant waͤre, ſich
auch ein auſtaͤndiger Ehemann fuͤr Marianen fin-
den wuͤrde, wodurch Saͤuglings unbedachtſamer
Liebe und ihrer Furcht auf einmal wuͤrde ein Ende
gemacht werden.
Er ſchmeichelte ſich, es ſo einzurichten, daß Ma-
riane es nicht merken koͤnne, daß er an der Entfuͤh-
rung Theil habe, und nahm ſich vor, ſobald er nur
ſeinen jungen Herrn nach Hauſe gebracht haͤtte, zu-
ruͤckzukehren, und aus den Haͤnden der Frau von
Hohenauf eine reiche Pfarre und eine ſchoͤne Frau
zu erhalten; denn daß ſich Mariane weigern koͤnnte
ſeine Hand anzunehmen, ſchien ihm gar nicht wahr-
ſcheinlich.
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/176>, abgerufen am 26.07.2024.
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