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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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auf einem kleinen Gute in der Nachbarschaft wohnte.
Die Frau von Hohenauf glaubte, die Frau von Eh-
renkolb
werde durch den großen Reichthum, welchen
der junge Säugling, der ein einziger Sohn war, zu
erwarten hatte, leicht bewogen werden, in diese Heurath
zu willigen; der alte Säugling, der schon ein Rit-
tergut gekauft hatte, werde sich adeln lassen, er werde
seinem Sohne eine ansehnliche Bedienung kaufen;
und nun wiegte sie sich schon im voraus mit dem an-
genehmen Traume, daß durch ihn ihre Familie, in
ein Paar Generationen, zu den angesehensten des Lan-
des werde gezählet werden.

Die Frau von Hohenauf hatte ihrem Neffen von
diesen ihren politischen Absichten noch nichts gesagt,
und er konnte sich, aus eignem Triebe, so hohe Ge-
danken nicht in den Kopf kommen lassen. Er war
nur bloß mit seinen Gedichten, und mit seiner Liebe
zu Marianen beschäfftigt. Er hatte, seitdem er von
ihr so plötzlich war geschieden worden, fleißig, an Sie
gerichtete Lieder gemacht, und in der Deutschen Ge-
sellschaft
des Orts vorgelesen. Diese Sammlung
von Gedichten hatte er kurz vor seiner Abreise unter
die Presse gegeben. Er war, wie jeder junge Autor,
über dem Gedanken, daß seine Gedichte gedruckt
würden, vor Freuden außer sich. Er unterhielt sich

über-



auf einem kleinen Gute in der Nachbarſchaft wohnte.
Die Frau von Hohenauf glaubte, die Frau von Eh-
renkolb
werde durch den großen Reichthum, welchen
der junge Saͤugling, der ein einziger Sohn war, zu
erwarten hatte, leicht bewogen werden, in dieſe Heurath
zu willigen; der alte Saͤugling, der ſchon ein Rit-
tergut gekauft hatte, werde ſich adeln laſſen, er werde
ſeinem Sohne eine anſehnliche Bedienung kaufen;
und nun wiegte ſie ſich ſchon im voraus mit dem an-
genehmen Traume, daß durch ihn ihre Familie, in
ein Paar Generationen, zu den angeſehenſten des Lan-
des werde gezaͤhlet werden.

Die Frau von Hohenauf hatte ihrem Neffen von
dieſen ihren politiſchen Abſichten noch nichts geſagt,
und er konnte ſich, aus eignem Triebe, ſo hohe Ge-
danken nicht in den Kopf kommen laſſen. Er war
nur bloß mit ſeinen Gedichten, und mit ſeiner Liebe
zu Marianen beſchaͤfftigt. Er hatte, ſeitdem er von
ihr ſo ploͤtzlich war geſchieden worden, fleißig, an Sie
gerichtete Lieder gemacht, und in der Deutſchen Ge-
ſellſchaft
des Orts vorgeleſen. Dieſe Sammlung
von Gedichten hatte er kurz vor ſeiner Abreiſe unter
die Preſſe gegeben. Er war, wie jeder junge Autor,
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[148/0158] auf einem kleinen Gute in der Nachbarſchaft wohnte. Die Frau von Hohenauf glaubte, die Frau von Eh- renkolb werde durch den großen Reichthum, welchen der junge Saͤugling, der ein einziger Sohn war, zu erwarten hatte, leicht bewogen werden, in dieſe Heurath zu willigen; der alte Saͤugling, der ſchon ein Rit- tergut gekauft hatte, werde ſich adeln laſſen, er werde ſeinem Sohne eine anſehnliche Bedienung kaufen; und nun wiegte ſie ſich ſchon im voraus mit dem an- genehmen Traume, daß durch ihn ihre Familie, in ein Paar Generationen, zu den angeſehenſten des Lan- des werde gezaͤhlet werden. Die Frau von Hohenauf hatte ihrem Neffen von dieſen ihren politiſchen Abſichten noch nichts geſagt, und er konnte ſich, aus eignem Triebe, ſo hohe Ge- danken nicht in den Kopf kommen laſſen. Er war nur bloß mit ſeinen Gedichten, und mit ſeiner Liebe zu Marianen beſchaͤfftigt. Er hatte, ſeitdem er von ihr ſo ploͤtzlich war geſchieden worden, fleißig, an Sie gerichtete Lieder gemacht, und in der Deutſchen Ge- ſellſchaft des Orts vorgeleſen. Dieſe Sammlung von Gedichten hatte er kurz vor ſeiner Abreiſe unter die Preſſe gegeben. Er war, wie jeder junge Autor, uͤber dem Gedanken, daß ſeine Gedichte gedruckt wuͤrden, vor Freuden außer ſich. Er unterhielt ſich uͤber-

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/158>, abgerufen am 21.11.2024.