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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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gelehrter Männer haben, die durch ihre Arabische
Philologie in der Bibel ein neues Licht anzünden.

Eben deswegen bekümmere ich mich, nebst andern
Ungelehrten darum, sagte Sebaldus, weil es über
unsere Haut hergeht. Von der einen Seite wird
uns zugerufen, daß wir ohne den geschriebenen Wil-
len Gottes nicht selig werden können, und von der
andern Seite kommen gelehrte Leute, erklären
uns, mit Hülfe von einigen Wurzeln, und Kon-
jekturen,
hinein und hinaus, was ihnen beliebt.
Und das sollen wir mit Ehrfurcht glauben, weil wir
nicht den Golius gelesen haben, oder nicht den Ara-
bischen Alkoran erponiren können? Nein! die Se-
ligkeit des menschlichen Geschlechts kann unmöglich
auf solchen Wortklaubereyen beruhen! Hat man
einen seltsamern Zirkel gesehen, als den, in welchem
man uns herumführen will? Der Willen Gottes
im alten Testamente ist Hebräisch geschrieben. Zu den
Zeiten der Apostel und der ersten Christen wußte man
nichts davon, daß die Bedeutung der Hebräischen Wör-
ter verloren gegangen wäre. Jn den folgenden Jahr-
hunderten auch nicht, aber wohl vergaß man den
Hebräischen Tert bey nahe ganz und gar, und hielt
sich an die Vulgata. Als man die Hebräische Spra-
che wleder hervorsuchen wollte, mußte sie Reuchlin

von



gelehrter Maͤnner haben, die durch ihre Arabiſche
Philologie in der Bibel ein neues Licht anzuͤnden.

Eben deswegen bekuͤmmere ich mich, nebſt andern
Ungelehrten darum, ſagte Sebaldus, weil es uͤber
unſere Haut hergeht. Von der einen Seite wird
uns zugerufen, daß wir ohne den geſchriebenen Wil-
len Gottes nicht ſelig werden koͤnnen, und von der
andern Seite kommen gelehrte Leute, erklaͤren
uns, mit Huͤlfe von einigen Wurzeln, und Kon-
jekturen,
hinein und hinaus, was ihnen beliebt.
Und das ſollen wir mit Ehrfurcht glauben, weil wir
nicht den Golius geleſen haben, oder nicht den Ara-
biſchen Alkoran erponiren koͤnnen? Nein! die Se-
ligkeit des menſchlichen Geſchlechts kann unmoͤglich
auf ſolchen Wortklaubereyen beruhen! Hat man
einen ſeltſamern Zirkel geſehen, als den, in welchem
man uns herumfuͤhren will? Der Willen Gottes
im alten Teſtamente iſt Hebraͤiſch geſchrieben. Zu den
Zeiten der Apoſtel und der erſten Chriſten wußte man
nichts davon, daß die Bedeutung der Hebraͤiſchen Woͤr-
ter verloren gegangen waͤre. Jn den folgenden Jahr-
hunderten auch nicht, aber wohl vergaß man den
Hebraͤiſchen Tert bey nahe ganz und gar, und hielt
ſich an die Vulgata. Als man die Hebraͤiſche Spra-
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[140/0150] gelehrter Maͤnner haben, die durch ihre Arabiſche Philologie in der Bibel ein neues Licht anzuͤnden. Eben deswegen bekuͤmmere ich mich, nebſt andern Ungelehrten darum, ſagte Sebaldus, weil es uͤber unſere Haut hergeht. Von der einen Seite wird uns zugerufen, daß wir ohne den geſchriebenen Wil- len Gottes nicht ſelig werden koͤnnen, und von der andern Seite kommen gelehrte Leute, erklaͤren uns, mit Huͤlfe von einigen Wurzeln, und Kon- jekturen, hinein und hinaus, was ihnen beliebt. Und das ſollen wir mit Ehrfurcht glauben, weil wir nicht den Golius geleſen haben, oder nicht den Ara- biſchen Alkoran erponiren koͤnnen? Nein! die Se- ligkeit des menſchlichen Geſchlechts kann unmoͤglich auf ſolchen Wortklaubereyen beruhen! Hat man einen ſeltſamern Zirkel geſehen, als den, in welchem man uns herumfuͤhren will? Der Willen Gottes im alten Teſtamente iſt Hebraͤiſch geſchrieben. Zu den Zeiten der Apoſtel und der erſten Chriſten wußte man nichts davon, daß die Bedeutung der Hebraͤiſchen Woͤr- ter verloren gegangen waͤre. Jn den folgenden Jahr- hunderten auch nicht, aber wohl vergaß man den Hebraͤiſchen Tert bey nahe ganz und gar, und hielt ſich an die Vulgata. Als man die Hebraͤiſche Spra- che wleder hervorſuchen wollte, mußte ſie Reuchlin von

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/150>, abgerufen am 25.11.2024.