Hölle, keinen Gott und keinen Teufel geglaubt, und in seinen Sünden dahin gelebt hat?
Seb. Jch weiß es, daß er viel Trugschlüsse ge- macht hat. Jch habe schon oft gewünscht, und die- ser Fall erneuert bey mir den Wunsch, daß der Ge- brauch einer gesunden Philosophie unter der ganzen Nation gemein würde, damit auch unstudirte Perso- nen über transcendente Sätze, die sie nicht ganz ent- behren können, richtige Begriffe hätten. Jeder Mensch -- --
Pr. O! Sie mögen wohl selbst sehr irrige Begriffe haben; was gehört eine weltliche Philosophie hieher? Der Weg zum Heil ist in Gottes Wort vorgeschrie- ben, und in den Schriften bewährter Theologen, die es erklärt haben, die wollen Sie doch wohl nicht ver- werfen? Wollen Sie?
Seb. Davon ist nicht die Rede. Meine Mei- nung ist nur: Wer sich bey der gewöhnlichen Ausle- gung und bey der gewöhnlichen Dogmatik beruhigen kann, der thue es; kann er aber nicht, und will er seine Zweifel verfolgen, so wage er sich nicht, ohne das Licht einer gesunden Philosophie, in die Jrrgänge der Dogmatik und Exegese, er wird sich sonst immer mehr in seine Zweifel verwickeln. Jndessen kann
ich
Hoͤlle, keinen Gott und keinen Teufel geglaubt, und in ſeinen Suͤnden dahin gelebt hat?
Seb. Jch weiß es, daß er viel Trugſchluͤſſe ge- macht hat. Jch habe ſchon oft gewuͤnſcht, und die- ſer Fall erneuert bey mir den Wunſch, daß der Ge- brauch einer geſunden Philoſophie unter der ganzen Nation gemein wuͤrde, damit auch unſtudirte Perſo- nen uͤber tranſcendente Saͤtze, die ſie nicht ganz ent- behren koͤnnen, richtige Begriffe haͤtten. Jeder Menſch — —
Pr. O! Sie moͤgen wohl ſelbſt ſehr irrige Begriffe haben; was gehoͤrt eine weltliche Philoſophie hieher? Der Weg zum Heil iſt in Gottes Wort vorgeſchrie- ben, und in den Schriften bewaͤhrter Theologen, die es erklaͤrt haben, die wollen Sie doch wohl nicht ver- werfen? Wollen Sie?
Seb. Davon iſt nicht die Rede. Meine Mei- nung iſt nur: Wer ſich bey der gewoͤhnlichen Ausle- gung und bey der gewoͤhnlichen Dogmatik beruhigen kann, der thue es; kann er aber nicht, und will er ſeine Zweifel verfolgen, ſo wage er ſich nicht, ohne das Licht einer geſunden Philoſophie, in die Jrrgaͤnge der Dogmatik und Exegeſe, er wird ſich ſonſt immer mehr in ſeine Zweifel verwickeln. Jndeſſen kann
ich
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Hoͤlle, keinen Gott und keinen Teufel geglaubt, und
in ſeinen Suͤnden dahin gelebt hat?
Seb. Jch weiß es, daß er viel Trugſchluͤſſe ge-
macht hat. Jch habe ſchon oft gewuͤnſcht, und die-
ſer Fall erneuert bey mir den Wunſch, daß der Ge-
brauch einer geſunden Philoſophie unter der ganzen
Nation gemein wuͤrde, damit auch unſtudirte Perſo-
nen uͤber tranſcendente Saͤtze, die ſie nicht ganz ent-
behren koͤnnen, richtige Begriffe haͤtten. Jeder
Menſch — —
Pr. O! Sie moͤgen wohl ſelbſt ſehr irrige Begriffe
haben; was gehoͤrt eine weltliche Philoſophie hieher?
Der Weg zum Heil iſt in Gottes Wort vorgeſchrie-
ben, und in den Schriften bewaͤhrter Theologen, die
es erklaͤrt haben, die wollen Sie doch wohl nicht ver-
werfen? Wollen Sie?
Seb. Davon iſt nicht die Rede. Meine Mei-
nung iſt nur: Wer ſich bey der gewoͤhnlichen Ausle-
gung und bey der gewoͤhnlichen Dogmatik beruhigen
kann, der thue es; kann er aber nicht, und will er
ſeine Zweifel verfolgen, ſo wage er ſich nicht, ohne
das Licht einer geſunden Philoſophie, in die Jrrgaͤnge
der Dogmatik und Exegeſe, er wird ſich ſonſt immer
mehr in ſeine Zweifel verwickeln. Jndeſſen kann
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/134>, abgerufen am 16.02.2025.
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