oben zur Rede gestellt habe, damit ich dadurch in je- nem Leben könnte Oberstlieutenant werden?
Seb. Die Belohnungen sind aber doch Folgen gu- ter Thaten. Auch in diesem Leben verlangt ein Sol- dat für seine Tapferkeit vom Könige Belohnung, und ist unzufrieden, wenn er sie nicht bekömmt.
Maj. Ey, ists nicht Belohnung genug, wenn ich weiß, daß ich Recht thue. Und dann, Herr! ists mit Gott eine ganz andere Sache, als mit dem Könige. Der Herr, ist ein Mensch wie ich, und kann nicht al- les wissen, sonst wäre ich auch wohl weiter. Aber Gott weiß alles, und da hats gute Wege, der wird mir schon zukommen lassen, was mir gehört.
Seb. Setzen Sie nun aber einmal auf einen An- genblick voraus, daß ein künftiges Leben wäre, welches doch, wie Sie gestehen werden, an sich nicht unmöglich ist; setzen Sie voraus, daß alle unsere Handlungen, gute und böse, auch in jenem Leben Folgen haben müssen, und daß diese Folgen, wenn uns gleich die Art noch unbegreiflich ist, in vielen Fällen überschwenglich groß seyn können. Wird nun derjenige nicht viel vor- sichtiger gehandelt haben, der seine Handlungen, nach einer strengen Richtschnur, so eingerichtet hat, wie er sie auch in jenem Leben zu verantworten gedenkt, als derjenige, der, in der Meinung, es sey nach dem
Tode
oben zur Rede geſtellt habe, damit ich dadurch in je- nem Leben koͤnnte Oberſtlieutenant werden?
Seb. Die Belohnungen ſind aber doch Folgen gu- ter Thaten. Auch in dieſem Leben verlangt ein Sol- dat fuͤr ſeine Tapferkeit vom Koͤnige Belohnung, und iſt unzufrieden, wenn er ſie nicht bekoͤmmt.
Maj. Ey, iſts nicht Belohnung genug, wenn ich weiß, daß ich Recht thue. Und dann, Herr! iſts mit Gott eine ganz andere Sache, als mit dem Koͤnige. Der Herr, iſt ein Menſch wie ich, und kann nicht al- les wiſſen, ſonſt waͤre ich auch wohl weiter. Aber Gott weiß alles, und da hats gute Wege, der wird mir ſchon zukommen laſſen, was mir gehoͤrt.
Seb. Setzen Sie nun aber einmal auf einen An- genblick voraus, daß ein kuͤnftiges Leben waͤre, welches doch, wie Sie geſtehen werden, an ſich nicht unmoͤglich iſt; ſetzen Sie voraus, daß alle unſere Handlungen, gute und boͤſe, auch in jenem Leben Folgen haben muͤſſen, und daß dieſe Folgen, wenn uns gleich die Art noch unbegreiflich iſt, in vielen Faͤllen uͤberſchwenglich groß ſeyn koͤnnen. Wird nun derjenige nicht viel vor- ſichtiger gehandelt haben, der ſeine Handlungen, nach einer ſtrengen Richtſchnur, ſo eingerichtet hat, wie er ſie auch in jenem Leben zu verantworten gedenkt, als derjenige, der, in der Meinung, es ſey nach dem
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oben zur Rede geſtellt habe, damit ich dadurch in je-
nem Leben koͤnnte Oberſtlieutenant werden?
Seb. Die Belohnungen ſind aber doch Folgen gu-
ter Thaten. Auch in dieſem Leben verlangt ein Sol-
dat fuͤr ſeine Tapferkeit vom Koͤnige Belohnung, und
iſt unzufrieden, wenn er ſie nicht bekoͤmmt.
Maj. Ey, iſts nicht Belohnung genug, wenn ich
weiß, daß ich Recht thue. Und dann, Herr! iſts mit
Gott eine ganz andere Sache, als mit dem Koͤnige.
Der Herr, iſt ein Menſch wie ich, und kann nicht al-
les wiſſen, ſonſt waͤre ich auch wohl weiter. Aber
Gott weiß alles, und da hats gute Wege, der wird
mir ſchon zukommen laſſen, was mir gehoͤrt.
Seb. Setzen Sie nun aber einmal auf einen An-
genblick voraus, daß ein kuͤnftiges Leben waͤre, welches
doch, wie Sie geſtehen werden, an ſich nicht unmoͤglich
iſt; ſetzen Sie voraus, daß alle unſere Handlungen,
gute und boͤſe, auch in jenem Leben Folgen haben muͤſſen,
und daß dieſe Folgen, wenn uns gleich die Art noch
unbegreiflich iſt, in vielen Faͤllen uͤberſchwenglich
groß ſeyn koͤnnen. Wird nun derjenige nicht viel vor-
ſichtiger gehandelt haben, der ſeine Handlungen, nach
einer ſtrengen Richtſchnur, ſo eingerichtet hat, wie
er ſie auch in jenem Leben zu verantworten gedenkt,
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/130>, abgerufen am 26.07.2024.
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