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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

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wollte sogleich eine höfliche Entschuldigung stammeln,
aber der Major trat gerade vor ihn, und sprach mit ge-
runzelter Stirn:

,Herr! sind Sie ein Edelmann?

,Jch dächte, war die Antwort, ich könnte mich in
"ein hohes Stift aufnehmen lassen, wenn ich wollte.
"Aber um Vergebung, wozu diese Frage, die mich be-
"fremden könnte?'

,Wozu? weil ich dächte, daß ein Edelmann auch
"ein ehrlicher Mann seyn müßte, ehe er ein Edel-
"mann seyn kann.' --

,Wie so? -- Mein Herr! Sie kommen in meine
"eigene Wohnung, mich zu beleidigen, geben sie wohl
"Acht, --

,Herr, die Wahrheit ist gut zu sagen, wo es auch
"ist. Sie haben, Herr! eines ehrlichen Mannes Toch-
"ter verführt, und haben noch dazu den Vater gröb-
"lich beleidigt, das thut kein Mann der Ehre im Leibe
"hat, und das haben Sie gethan.'

,Herr Major, wenn ich nicht für Jhr Alter Ach-
"tung hätte, -- so würde ich ... Aber parbleu ich weiß
"auch noch nicht, was Sie von mir eigentlich wol-
"len. Meinen Sie etwa den Kerl, der eben hier
"war? der geht mich gar nichts an. Mein Homme
"de Chambre
hat mit seiner Tochter was zu thun ge-

habt,



wollte ſogleich eine hoͤfliche Entſchuldigung ſtammeln,
aber der Major trat gerade vor ihn, und ſprach mit ge-
runzelter Stirn:

‚Herr! ſind Sie ein Edelmann?

‚Jch daͤchte, war die Antwort, ich koͤnnte mich in
”ein hohes Stift aufnehmen laſſen, wenn ich wollte.
”Aber um Vergebung, wozu dieſe Frage, die mich be-
”fremden koͤnnte?‛

‚Wozu? weil ich daͤchte, daß ein Edelmann auch
”ein ehrlicher Mann ſeyn muͤßte, ehe er ein Edel-
”mann ſeyn kann.‛ —

‚Wie ſo? — Mein Herr! Sie kommen in meine
”eigene Wohnung, mich zu beleidigen, geben ſie wohl
”Acht, —

‚Herr, die Wahrheit iſt gut zu ſagen, wo es auch
”iſt. Sie haben, Herr! eines ehrlichen Mannes Toch-
”ter verfuͤhrt, und haben noch dazu den Vater groͤb-
”lich beleidigt, das thut kein Mann der Ehre im Leibe
”hat, und das haben Sie gethan.‛

‚Herr Major, wenn ich nicht fuͤr Jhr Alter Ach-
”tung haͤtte, — ſo wuͤrde ich … Aber parbleu ich weiß
”auch noch nicht, was Sie von mir eigentlich wol-
”len. Meinen Sie etwa den Kerl, der eben hier
”war? der geht mich gar nichts an. Mein Homme
”de Chambre
hat mit ſeiner Tochter was zu thun ge-

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[108/0116] wollte ſogleich eine hoͤfliche Entſchuldigung ſtammeln, aber der Major trat gerade vor ihn, und ſprach mit ge- runzelter Stirn: ‚Herr! ſind Sie ein Edelmann? ‚Jch daͤchte, war die Antwort, ich koͤnnte mich in ”ein hohes Stift aufnehmen laſſen, wenn ich wollte. ”Aber um Vergebung, wozu dieſe Frage, die mich be- ”fremden koͤnnte?‛ ‚Wozu? weil ich daͤchte, daß ein Edelmann auch ”ein ehrlicher Mann ſeyn muͤßte, ehe er ein Edel- ”mann ſeyn kann.‛ — ‚Wie ſo? — Mein Herr! Sie kommen in meine ”eigene Wohnung, mich zu beleidigen, geben ſie wohl ”Acht, — ‚Herr, die Wahrheit iſt gut zu ſagen, wo es auch ”iſt. Sie haben, Herr! eines ehrlichen Mannes Toch- ”ter verfuͤhrt, und haben noch dazu den Vater groͤb- ”lich beleidigt, das thut kein Mann der Ehre im Leibe ”hat, und das haben Sie gethan.‛ ‚Herr Major, wenn ich nicht fuͤr Jhr Alter Ach- ”tung haͤtte, — ſo wuͤrde ich … Aber parbleu ich weiß ”auch noch nicht, was Sie von mir eigentlich wol- ”len. Meinen Sie etwa den Kerl, der eben hier ”war? der geht mich gar nichts an. Mein Homme ”de Chambre hat mit ſeiner Tochter was zu thun ge- habt,

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/116>, abgerufen am 25.11.2024.