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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773.

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denten, damit er nicht aus der Pfarre geworfen werde.
"Ja so, versezte der Graf, "mein Vorwort wollen sie
"haben, ich bedaure, daß ich Jhnen damit nicht dienen
"kann, denn ich komme izt gar nicht mehr nach der
"Stadt, sehen Sie, man ißt da gar zu erbärmlich,
"zumal bey dem Präsidenten, dem komme ich in mei-
"nem Leben nicht wieder. Er hat mir vor einem hal-
"ben Jahre eine Zwiebelsuppe und darin kleine nürn-
"berger geräucherte Würste vorgesetzt, ich begreise gar
"nicht, wie eine menschliche Creatur sich mit so etwas
"nähren kann. Nein, Hr. Pastor, bleiben Sie
"heute Mittag bei mir, nur auf ein Gericht Gern-
"gesehn, aber das doch besser seyn soll, als ein Tra-
"ctament beym Präsidenten." Sebaldus ent-
schuldigte sich damit, daß er heute noch zu Hause
seyn müße. "Nun, so bedaure ich, daß ich Sie
"nicht bey mir sehen kann. Leben Sie wohl, Herr
"Pastor, meinen Empfehl an Jhre Frau Liebste."
Sebaldus stand nach also erhaltenem Abschiede, vol-
ler Verwirrung auf, machte drey oder vier Bücklinge,
griff dem Grafen nach dem Schlafrockzipfel, der ihn
aber zurück schlug, und dafür den Pastor umarmete,
der ganz verwirrt über diese gräfliche Gnade, wieder
Bücklinge vorwärts und rückwärts zu machen anfing,
so daß er nicht wußte, wie er zur Thüre herauskam,

und



denten, damit er nicht aus der Pfarre geworfen werde.
„Ja ſo, verſezte der Graf, „mein Vorwort wollen ſie
„haben, ich bedaure, daß ich Jhnen damit nicht dienen
„kann, denn ich komme izt gar nicht mehr nach der
„Stadt, ſehen Sie, man ißt da gar zu erbaͤrmlich,
„zumal bey dem Praͤſidenten, dem komme ich in mei-
„nem Leben nicht wieder. Er hat mir vor einem hal-
„ben Jahre eine Zwiebelſuppe und darin kleine nuͤrn-
„berger geraͤucherte Wuͤrſte vorgeſetzt, ich begreiſe gar
„nicht, wie eine menſchliche Creatur ſich mit ſo etwas
„naͤhren kann. Nein, Hr. Paſtor, bleiben Sie
„heute Mittag bei mir, nur auf ein Gericht Gern-
„geſehn, aber das doch beſſer ſeyn ſoll, als ein Tra-
„ctament beym Praͤſidenten.‟ Sebaldus ent-
ſchuldigte ſich damit, daß er heute noch zu Hauſe
ſeyn muͤße. „Nun, ſo bedaure ich, daß ich Sie
„nicht bey mir ſehen kann. Leben Sie wohl, Herr
„Paſtor, meinen Empfehl an Jhre Frau Liebſte.‟
Sebaldus ſtand nach alſo erhaltenem Abſchiede, vol-
ler Verwirrung auf, machte drey oder vier Buͤcklinge,
griff dem Grafen nach dem Schlafrockzipfel, der ihn
aber zuruͤck ſchlug, und dafuͤr den Paſtor umarmete,
der ganz verwirrt uͤber dieſe graͤfliche Gnade, wieder
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ſo daß er nicht wußte, wie er zur Thuͤre herauskam,

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[60/0082] denten, damit er nicht aus der Pfarre geworfen werde. „Ja ſo, verſezte der Graf, „mein Vorwort wollen ſie „haben, ich bedaure, daß ich Jhnen damit nicht dienen „kann, denn ich komme izt gar nicht mehr nach der „Stadt, ſehen Sie, man ißt da gar zu erbaͤrmlich, „zumal bey dem Praͤſidenten, dem komme ich in mei- „nem Leben nicht wieder. Er hat mir vor einem hal- „ben Jahre eine Zwiebelſuppe und darin kleine nuͤrn- „berger geraͤucherte Wuͤrſte vorgeſetzt, ich begreiſe gar „nicht, wie eine menſchliche Creatur ſich mit ſo etwas „naͤhren kann. Nein, Hr. Paſtor, bleiben Sie „heute Mittag bei mir, nur auf ein Gericht Gern- „geſehn, aber das doch beſſer ſeyn ſoll, als ein Tra- „ctament beym Praͤſidenten.‟ Sebaldus ent- ſchuldigte ſich damit, daß er heute noch zu Hauſe ſeyn muͤße. „Nun, ſo bedaure ich, daß ich Sie „nicht bey mir ſehen kann. Leben Sie wohl, Herr „Paſtor, meinen Empfehl an Jhre Frau Liebſte.‟ Sebaldus ſtand nach alſo erhaltenem Abſchiede, vol- ler Verwirrung auf, machte drey oder vier Buͤcklinge, griff dem Grafen nach dem Schlafrockzipfel, der ihn aber zuruͤck ſchlug, und dafuͤr den Paſtor umarmete, der ganz verwirrt uͤber dieſe graͤfliche Gnade, wieder Buͤcklinge vorwaͤrts und ruͤckwaͤrts zu machen anfing, ſo daß er nicht wußte, wie er zur Thuͤre herauskam, und

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker01_1773/82>, abgerufen am 28.11.2024.