Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin u. a., 1773."Birkhuhn gesehen, auch Stör bekomt man nicht. "Sehen Sie, Herr Pastor, ich bin ein deutscher Pa- "triot, ich kann das französische Eßen nicht leiden. "Jch kann ihre Consommes a la Cardinale, ihre "C--les d'agneau frites nicht ausstehen. Lieber Herr "Pastor, wir müßen bedenken, daß wir Deutsche sind. "Wir können uns zwar die guten französischen Brü- "hen gefallen laßen, aber unsere Speisen selbst müs- "sen deutsch seyn. Jch weiß was in allen deutschen "Provinzen das Beste ist. Wenige Leute verstehen "Z. B. hier zu Lande, was eine pommerische große Mu- "rähne 3/4 Ellen lang, oder eine Flinder von der Jnsel "Hela, oder ein berlinischer Sander für Dinge sind, "die habe ich sonst posttäglich bekommen. Aber izt "Herr Pastor, izt ist alles aus. Jch habe mir im "vorigen März aus Hanau eine kalte Pastete, und "aus Frankfurt am Mayn einen gewürzten Schwar- "tenmagen kommen laßen, den haben die preußischen "Husaren bey Fulda aufgefangen, welcher Teufel soll "denn auch denken, daß die Kerlen schon im März "aus den Winterquartieren seyn werden. Jm vori- "gen October sollte ich Krammetsvögel vom Harze "bekommen, die hatten die Lucknerischen Husaren sich "auch wohl schmecken laßen. Jm Februar habe ich "Fasanen aus Böhmen verschrieben, ja! wenn nicht "die D 5
„Birkhuhn geſehen, auch Stoͤr bekomt man nicht. „Sehen Sie, Herr Paſtor, ich bin ein deutſcher Pa- „triot, ich kann das franzoͤſiſche Eßen nicht leiden. „Jch kann ihre Conſommés à la Cardinale, ihre „C—les d’agneau frites nicht ausſtehen. Lieber Herr „Paſtor, wir muͤßen bedenken, daß wir Deutſche ſind. „Wir koͤnnen uns zwar die guten franzoͤſiſchen Bruͤ- „hen gefallen laßen, aber unſere Speiſen ſelbſt muͤſ- „ſen deutſch ſeyn. Jch weiß was in allen deutſchen „Provinzen das Beſte iſt. Wenige Leute verſtehen „Z. B. hier zu Lande, was eine pommeriſche große Mu- „raͤhne ¾ Ellen lang, oder eine Flinder von der Jnſel „Hela, oder ein berliniſcher Sander fuͤr Dinge ſind, „die habe ich ſonſt poſttaͤglich bekommen. Aber izt „Herr Paſtor, izt iſt alles aus. Jch habe mir im „vorigen Maͤrz aus Hanau eine kalte Paſtete, und „aus Frankfurt am Mayn einen gewuͤrzten Schwar- „tenmagen kommen laßen, den haben die preußiſchen „Huſaren bey Fulda aufgefangen, welcher Teufel ſoll „denn auch denken, daß die Kerlen ſchon im Maͤrz „aus den Winterquartieren ſeyn werden. Jm vori- „gen October ſollte ich Krammetsvoͤgel vom Harze „bekommen, die hatten die Luckneriſchen Huſaren ſich „auch wohl ſchmecken laßen. Jm Februar habe ich „Faſanen aus Boͤhmen verſchrieben, ja! wenn nicht „die D 5
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„Birkhuhn geſehen, auch Stoͤr bekomt man nicht.
„Sehen Sie, Herr Paſtor, ich bin ein deutſcher Pa-
„triot, ich kann das franzoͤſiſche Eßen nicht leiden.
„Jch kann ihre Conſommés à la Cardinale, ihre
„C—les d’agneau frites nicht ausſtehen. Lieber Herr
„Paſtor, wir muͤßen bedenken, daß wir Deutſche ſind.
„Wir koͤnnen uns zwar die guten franzoͤſiſchen Bruͤ-
„hen gefallen laßen, aber unſere Speiſen ſelbſt muͤſ-
„ſen deutſch ſeyn. Jch weiß was in allen deutſchen
„Provinzen das Beſte iſt. Wenige Leute verſtehen
„Z. B. hier zu Lande, was eine pommeriſche große Mu-
„raͤhne ¾ Ellen lang, oder eine Flinder von der Jnſel
„Hela, oder ein berliniſcher Sander fuͤr Dinge ſind,
„die habe ich ſonſt poſttaͤglich bekommen. Aber izt
„Herr Paſtor, izt iſt alles aus. Jch habe mir im
„vorigen Maͤrz aus Hanau eine kalte Paſtete, und
„aus Frankfurt am Mayn einen gewuͤrzten Schwar-
„tenmagen kommen laßen, den haben die preußiſchen
„Huſaren bey Fulda aufgefangen, welcher Teufel ſoll
„denn auch denken, daß die Kerlen ſchon im Maͤrz
„aus den Winterquartieren ſeyn werden. Jm vori-
„gen October ſollte ich Krammetsvoͤgel vom Harze
„bekommen, die hatten die Luckneriſchen Huſaren ſich
„auch wohl ſchmecken laßen. Jm Februar habe ich
„Faſanen aus Boͤhmen verſchrieben, ja! wenn nicht
„die
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